Heute wird der umstrittene Hoffenheim-Mäzen 80
Warum Hopp nicht zum Feindbild taugt

Heute feiert der Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp seinen 80. Geburtstag. Warum er nicht zum Feindbild des deutschen Fussballs taugt.
Publiziert: 26.04.2020 um 13:12 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2020 um 13:13 Uhr
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Immer wieder wird Dietmar Hopp in Deutschlands Fussballstadien übelst beleidigt.
Foto: Imago
Daniel Leu

Hartmut Weickum kann sich noch heute an jedes Detail erinnern. Frühsommer 1989. Relegationsspiel zwischen dem ­höher klassierten Bezirksligisten TSG Hoffenheim und dem Kreis­ligisten 1. FC Stebbach. Verlängerung. Eckball für Aussenseiter Stebbach. Ein Mitspieler verlängert per Kopf, und Weickum schiebt zum entscheidenden 3:2 ein. «Ich war halt ein klassischer Mittelstürmer. Deshalb war es für mich kein Pro­blem, den reinzumachen», erzählt Weickum SonntagsBlick.

Der Jubel ist gross. Stebbach steigt auf. Und Hoffenheim ab! Was das alles mit Dietmar Hopp zu tun hat? Sehr viel. Hopp besucht an jenem Tag als Zuschauer das Spiel seines einstigen Jugendklubs. Nach dem bitteren Abstieg beschliesst er, bei der TSG einzusteigen, um seinen geliebten Heimatverein aus den Niederungen des Amateur­fussballs zu befreien.
Heute, 31 Jahre später, ist die TSG längst in der Bundesliga angekommen. Dank Dietmar Hopp, seinen ­Millionen – und eben Hartmut Weickum. Ohne das Tor des Betriebsschlossers hätte es das Märchen von Hoffenheim wohl nie gegeben. Und Hopp wäre nicht zum Feindbild Nummer 1 des deutschen Fussballs geworden.

TSG böse, BVB gut?

Kapitalist. Bonze. Retortenklub. Dietmar Hopp und seine TSG sind für viele Fans die Totengräber des Fussballs. Für die Ultras ist Hopp gar noch mehr. Immer wieder ­wurde er mit primitiven Gesängen und ­ Fadenkreuz-Plakaten verunglimpft. Anfang dieses Jahres eskalierte die Situation. Die Schmähungen gegen ihn nahmen in den Kurven rasant zu. Manche Spiele standen des­wegen gar vor dem Abbruch.

Ja, Hopp bietet eine perfekte ­Projektionsfläche, um sich an ihm abzuarbeiten. Wer sich aber über den Mäzen aufregt, der sollte bedenken: Das sagt mehr über einen selbst aus als über ihn. Denn wer so denkt und Klubs wie die TSG als Inbegriff des Bösen anschaut, der müsste konsequenterweise den ganzen Spitzenfussball mit seinen exzessiven Auswüchsen ablehnen. Oder sind etwa der BVB oder Gladbach karitativ geführte Klubs? Weg mit der Doppelmoral!

Borussia Dortmund – ein Ruhrpottklub mit dem Slogan «Echte ­Liebe». Das klingt auf den ersten Blick ehrlicher, bodenständiger, besser. Doch längst ist beim BVB die erste Mannschaft in die – Achtung, jetzt brauchen Sie Ausdauer – ­«Borussia Dortmund Gemeinschaft mit beschränkter Haftung und ­Compagnie Kommanditgesellschaft auf Aktien» ausgegliedert. Ein ­börsenkotierter Klub. Mit Aktionären, die nach Dividenden lechzen.

Steht das etwa für den guten Fussball und die TSG für den bösen? Hartmut Weickum sagt ganz klar Nein und kann deshalb die dauernde Kritik an der Person Dietmar Hopp nicht akzeptieren. «Unsere ganze Region profitiert von Hopp und der TSG. Wie er von gewissen Fangruppen verunglimpft wird, ist eine Schande», sagt der heute 58-jährige einstige Torjäger, «es ist doch bewundernswert, wie er von null auf aus eigener Kraft eine Firma wie die SAP aufgebaut hat. Ihm müsste Respekt und nicht Hass entgegengebracht werden.»

Erst Kohlen, dann Kohle

Heute beträgt das Vermögen von Dietmar Hopp geschätzte 15,6 Milliarden Euro. Doch der Süddeutsche ist nicht reich geboren, wie er einst dem Allianz-Magazin erzählte. «Nach dem Krieg gab es Tage, da hatten wir nichts zu essen.» Um sein Sackgeld aufzubessern, habe er deshalb Kohlen geschleppt und beim Bauern geschuftet. Diese Erfahrungen seien der Grund, ­warum er sich schon früh vornahm, eigenes Geld zu verdienen.

Ein Plan, der aufging. Mit der Softwarefirma SAP, deren Mit­begründer er war, verdiente Hopp Millionen. Im Gegensatz zu anderen Reichen verlegte er seinen Wohnsitz aber nie in eine Steuer­oase. Sein Motto: «Es ist besser, Geld auszugeben, als darauf sitzen zu bleiben oder sein Vermögen gar illegal in der Schweiz zu horten. Es ist ein verdammt gutes Gefühl, ­Gutes zu tun.»

Gutes tun – das macht Hopp seit Jahrzehnten. Seine eigene Stiftung hat bis heute schon über 800 Millionen Euro für gemeinnützige Projekte ausgeschüttet. Der neue Sportplatz des SC Reilingen? Hopp hats ermöglicht. Das Hospiz Agape, das unheilbar kranken Menschen den letzten Lebensabschnitt so schön wie möglich gestalten möchte? Hopp hats ermöglicht. Die Er­forschung von Krebsstammzellen? Hopp hats ermöglicht. Ein Impfstoff gegen das Coronavirus? Hopp wills mit der Firma Curevac ermöglichen.

Man hört jetzt schon wieder ­seine Kritiker unken: Wer milliardenschwer ist, der kann die Milliönchen auch locker ausgeben. Das stimmt, man muss es aber auch machen.

Sein Vater war ein Nazi

Genauso wie sich Hopp (nach ­Anlaufschwierigkeiten) auch mit der düsteren Vergangenheit seines Vaters auseinandergesetzt hat. Auch das ein Thema, das die Ultras liebend gerne genüsslich ausbreiten. Emil Hopp war während der Nazizeit Truppführer der Sturmabteilung. Als solcher war er mitverantwortlich für die Zerstörung der Hoffenheimer Synagoge und die Vertreibung von Menschen wie den jüdischen Brüdern Menachem Mayer und Fred Raymes nach Frankreich.

Als deren Lebensgeschichte 2008 im Buch «Aus Hoffenheim deportiert» auf Deutsch erschien, steckte hinter dessen Finanzierung die ... Familie Hopp. Im Film, der 2009 rauskam, sagte Mayer gar über Dietmar Hopp: «Es ist komisch, aber wir sind gute Freunde geworden.» So gute Freunde, dass Mayer schon zweimal an ein Spiel der TSG reiste.

Es sind solche Geschichten, die zeigen, dass Dietmar Hopp das Herz am richtigen Fleck trägt und dass jeder Fussballfan Hopps und Hoffenheims Dasein ertragen oder zumindest erdulden muss. Was wünscht Hartmut Weickum, der ungewollt am Anfang der TSG-­Erfolgsgeschichte stand, Hopp zu seinem heutigen 80. Geburtstag? «Es muss endlich Frieden um seine Person einkehren.»

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