2. Runde im Women's Cup
Liegt eine Sensation in der Luft?

Derbys! Sie sind die Würze des Cups. Besonders, wenn es vermeintlich «Kleinen» gelingt, grosse Lokalrivalinnen aus dem Wettbewerb werfen. Die Ostermundigerinnen waren 2024 gegen die YB Frauen nah dran. Nur ein Jahr später bekommen sie die Möglichkeit zur Revanche.
Publiziert: 10.10.2025 um 09:39 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2025 um 10:03 Uhr
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Die Meisterinnen von YB hatten in der 1. Cup-Runde ein Freilos. Nun geht es im Lokalduell gegen Ostermundigen.
Foto: Urs Lindt/freshfocus

Darum gehts

  • FC Helvetia siegt 4:2 gegen Versicherungsteam trotz Regenwetter
  • Ostermundigen fordert YB Frauen im Cup-Derby heraus
  • SP und SVP Politikerinnen erzielen jeweils zwei Tore im Spiel
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Bänz Friedli*

Als ob der Sessionstag im Parlament nicht streng genug gewesen wäre! Das garstige, nasskalte Wetter hält die kickenden National- und Ständerätinnen des FC Helvetia an einem Dienstagabend im September nicht davon ab, auf dem Ostermundiger «Oberfeld» ihr Bestes zu geben. Gecoacht werden die Politikerinnen von Franziska Schild; das kleine «Nebenamt» lässt die einstige Nationalspielerin und Gesamtverantwortliche der YB Frauen sich nicht nehmen. «Chumm, Kathrin, no e Schritt!», spornt Schild die Grünliberale Kathrin Bertschy an. 

Unter den wenigen Schaulustigen ist Thomas Iten, Präsident der Berner Vorortsgemeinde. Auf dem «Bitz», wie er ihn nennt, ist der volksnahe Parteilose öfter anzutreffen. «Mundigen hat noch eine Rechnung offen», raunt er in Richtung der YB-Chefin, die heute als Trainerin der fussballspielenden Parlamentarierinnen amtet. Iten meint die Frauen des FC Ostermundigen. Vor Jahresfrist lagen sie im Cup gegen das scheinbar übermächtige YB bis in die 92. Minute in Führung, waren der Sensation nahe – kassierten dann aber den Ausgleich in allerletzter Minute. Und gingen in der Verlängerung 2:5 unter. 

Ostermundigen bekommt die zweite Chance, YB ist gewarnt

Nun will das Los eine Neuauflage des Lokalderbys, erneut empfangen die Ostermundigerinnen die YB Frauen im Cup: die Aufsteigerinnen in die zweithöchste Spielklasse gegen die Schweizer Meisterinnen. «Das mal näh mir Revanche!», sagt Gemeindepräsi Thomas Iten keck. Doch Franziska «Fränzi» Schild hat den Kunstrasen nun schon mal inspiziert. «Wir lassen uns nicht überraschen», versichert sie, «auch wenn das Heimteam es gewohnt ist, auf dieser weichen und doch eher schwierigen Unterlage zu spielen. Und falls wir im Cup andere Spielerinnen bringen, heisst dies nicht, dass wir die Gastgeberinnen nicht ernst nähmen. Sondern es hat allein mit der Belastungssteuerung zu tun: Unsere Frauen haben strenge Wochen mit Meisterschaft und Europacup, bereits nächsten Donnerstag treten sie wieder auswärts in Sarajevo an.»

Der Staff um YB-Trainerin Imke Wübbenhorst werde sich das Richtige einfallen lassen, ist deren Chefin Schild überzeugt. «Wir sind gewarnt und unterschätzen die Ostermundigerinnen bestimmt nicht.»

Cup-Knüller auf der Basler «Schützenmatte»

Derbys – sie sind die Würze des Cups! Vermeintlich «Kleine» haben die Chance, viel Publikum anzulocken und scheinbar übermächtige Lokalrivalinnen zu bezwingen. Aber was heisst übermächtig? «Klar haben wir eine Chance, genau dazu ist der Cup ja da!», gibt die Präsidentin des FFV Basel, Seline Röthlisberger, sich selbstbewusst. Am Sonntagnachmittag empfangen die Leaderinnen ihrer 1.-Liga-Gruppe die Frauen des FC Basel. «In der Meisterschaft sind wir momentan die Gejagten, im Cup aber kommt uns die Aussenseiterinnenrolle zugut. Es braucht vielleicht eine grössere Portion Glück als in anderen Spielen. Aber mit einem günstigen Spielverlauf kann der FFV von der Ungewissheit profitieren, die rund um die FCB Frauen herrscht und womöglich aufs Team überschwappt. Dieser FCB ist für uns ‹machbar›.»

Wohlgemerkt: Hier spricht ein Fan. Seline Röthlisberger ist regelmässig an Heimspielen der FCB Frauen anzutreffen, im Trikot von Coumba Sow, das die FCB-Capitaine ihr geschenkt hat. Die beiden waren eben noch gemeinsam auf Plakaten zu sehen: als Botschafterinnen der Host City Basel anlässlich der EM. Es ist eine Cup-Begegnung unter Freundinnen. «Ein sehr spezielles Los, denn niemand steht uns so nahe wie die FCB Frauen, mit denen wir das Trainingsgelände teilen und deren Spiele wir uns anschauen», sagt Röthlisberger.

Coumba Sow freut sich aufs «mega spezielle Spiel»

Ein «mega spezielles Spiel» auch für Coumba Sow. «Die Teams kennen sich, und die FFV-Spielerinnen sind mega sympathisch», sagt die Nationalspielerin. Und sie zollt Röthlisberger, die gemeinsam mit Kolleginnen binnen weniger Jahre einen Verein von Frauen nur für Frauen und Mädchen aufgebaut hat, Respekt: «Was Seline für den Frauenfussball macht, ist super schön, sehr inspirierend – und halt auch nötig.» Coumba Sow verspricht «ein Fussballfest für Basel». Doch bei aller Freundschaft, gewinnen möchte sie doch: «Klar, in einem Spiel gegen Nachbarinnen herrscht eine freundschaftliche Atmosphäre – aber das musst du ausblenden, sobald du den Platz betrittst.»

Der FFV Basel, dessen Teambus gross mit dem Wortspiel «DIE Verein» angeschrieben ist, stiess im letzten Wettbewerb bis in den Viertelfinal vor, unterlag im Februar 2025 dann aber Yverdon. Hätten sie diesmal ein so grosses Los wie den FCB lieber erst später gehabt? «Nein, wir sind dankbar, überhaupt gegen ein AWSL-Team antreten zu dürfen», meint Seline Röthlisberger. «Scheidest du gegen ein Nati-B-Team aus wie wir letztes Mal, dann hast du das ganz grosse Los nie gehabt. Diesmal haben wir es halt früh. Mega cool, dass es ein Stadtderby wird. Absolutes Losglück, ein Highlight der jungen Klubgeschichte!»

Nur, dass Seline seit Sommer nicht mehr selbst mitspielt. «Darüber bin ich sogar froh. Ich bin zwar in einer anderen Rolle dabei, aber als Präsidentin doch klar zugehörig», sagt sie. «Die Doppelbelastung als spielende Präsidentin war jeweils auch ein bisschen ein Stress. Gerade vor grossen Spielen, die ich zu einem Höhepunkt für den Verein machen wollte. Diesmal kann ich mich voll darauf konzentrieren, den Event zu ‹schmeissen›. Und bin mir als ehemalige Spielerin vor allem bewusst, vor welchen unnötigen Informationen ich Team und Staff verschonen muss, damit deren Fokus auf dem Match bleiben kann.»

Coumba Sow möchte im Cupwettbewerb noch weit kommen. «Der verlorene Final der letzten Saison tut immer noch weh. Wir waren gegen Zürich das dominante Team, aber wenn man sie halt vorne nicht macht … Genau an der Konstanz, die uns im letzten Final fehlte, müssen wir arbeiten», sagt sie. «Denn natürlich wäre es schön, für den FCB einen Titel zu holen. Davon träumen wir.»

Konkordante Parlamentarierinnen gewinnen 4:2

Wie ein Cupsieg sich anfühlt, weiss Sow als ehemalige FCZ-Akteurin. «Mein zweiter Cupsieg, derjenige von 2019, ist mein prägendstes Erlebnis: Ich kam gerade aus Amerika zurück, sah meine ‹Girls› wieder, mit denen ich aufgewachsen war, und konnte mich als ‹gestandene› Spielerin einbringen. Eine Familienangelegenheit! Jener Sieg gegen YB bleibt unvergesslich.»

Zurück aufs «Oberfeld» in Ostermundigen. «Als Spielerin», erzählt Fränzi Schild, «habe ich sicher auch viele Cup-Partien gewonnen – in Erinnerung bleiben aber nur zwei negative Erlebnisse.» Auf dem Feld verlor sie den Cupfinal im Jahr 2000 mit Schwerzenbach gegen den FC Bern. Elf Jahre später war sie Assistenztrainerin der YB Frauen und unterlag Yverdon. «Beides sehr, sehr enttäuschend, da es meine einzigen Chancen gewesen wären, einen Titel zu gewinnen. Ich spielte nämlich meist in Vereinen, die von einem Meisterinnentitel weit entfernt waren.»

Den regnerischen Dienstagabend in Ostermundigen beschliesst Schild jedoch siegreich. Ihr FC Helvetia bezwingt die Mitarbeiterinnen einer grossen Versicherung mit 4:2, die Tore der Parlamentarierinnen erzielen – gutschweizerisch konkordant – SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen und SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann, je mit einem Doppelpack. Linker politischer Flügel oder rechtsaussen, das spielt unter diesen Frauen auf dem Rasen keine Rolle. Und wer gewinnt, ist am Ende auch nicht so wichtig.

Der Autor und Kabarettist Bänz Friedli befasst sich seit vielen Jahren mit dem Fussball der Frauen, unter anderem in seinem Essay-Band «Hat die Gruppe verlassen». Statt bloss mit «Sow» liess er im Sommer sein Fan-Trikot für die EM mit «Coumba Sow» bedrucken – damit niemand meinen konnte, er trage es zu Ehren von Coumbas Cousin Djibril, ebenfalls Nationalspieler.

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