Es ist die erste WM für unsere Frauen-Nati. Die Mannschaft bereitet sich sportlich mit dem heutigen Testspiel gegen Deutschland auf das Turnier in Kanada vor. Während im Hintergrund der SFV den Papierkram erledigt. Dort, irgendwo unscheinbar in einer Flut von Formularen, teilt der SFV der Fifa mit: Ja, unsere 23 WM-Spielerinnen sind Frauen. Ein Fifa-Sprecher zu BLICK: «Die Verbände unterzeichnen eine Vereinbarung zur Geschlechterverifizierung.»
Wie bitte? Der Weltverband will von allen Teams wissen, ob die Frauen auch wirklich weiblich sind! «Jeder teilnehmende Verband muss bei sämtlichen Spielern das korrekte Geschlecht feststellen. Zu diesem Zweck muss er sämtliche festgestellten Abweichungen bei sekundären Geschlechtsmerkmalen aktiv untersuchen und die Ergebnisse lückenlos dokumentieren», heisst es im Reglement.
Der Fifa geht es um Chancengleichheit
Abweichungen? In unserer Nati kein Thema. Die Spielerinnen wissen nicht mal alle, dass der Teamarzt irgendwo «weiblich» ankreuzte. Weil es eben null Zweifel gibt. Verteidigerin Rachel Rinast schmunzelt und sagt: «Ist das wahr? Davon habe ich noch nie etwas gehört!»
Die Fifa meint es aber ernst. Es geht um Chancengleichheit. Im mehrseitigen «Gender Verification»-Reglement steht: «Androgene Hormone haben eine leistungsfördernde Wirkung – insbesondere auf Stärke, Kraft und Schnelligkeit. Diese kann im Fussball Vorteile bieten und den Ausgang eines Spiels beeinflussen. Der Nachweis des Geschlechts ist daher zentral.»
Schon vor der WM 2011 protestierten Ghana, Nigeria und Südafrika wegen der Schwestern Salimata und Biliguisa Simpore sowie Genoveva Ananmo, die alle für Äquatorialguinea spielten. Letzten Februar kam es im Iran zu Wirbel, weil vier Spielerinnen als zu männlich auffielen. Und in der Leichtathletik warf 2009 der Fall um 800-m-Weltmeisterin Caster Semenya (24) hohe Wellen. Sie musste sich einem Geschlechtstest unterziehen. Resultat: negativ.
Ein solches Vorgehen behält sich die Fifa auch für Kanada vor. Bei begründeten Zweifeln oder einem gegnerischen Protest kommt es unter Aufsicht von neutralen Medizinern zu einer Nachuntersuchung.
Eine heikle Sache. «Das Hauptziel ist es, die Würde und die Privatsphäre zu wahren», teilt der Fussball-Weltverband mit, «der jeweilige Teamarzt muss dann für die weitere Untersuchung Dokumente wie medizinische Geschichte, Hormonspiegel, Diagnosen, Behandlungen und aktuelle Ergebnisse liefern.»