Victor Moses trägt ein riesiges Tattoo mit Würfeln auf seinem Hals. Darüber sprechen möchte er nicht. «Lass uns über Fussball reden», sagt der Chelsea-Stürmer kurz nach dem 2:1-Sieg im Halbfinal-Hinspiel der Europa League gegen den FCB.
Moses hat die 1:0-Führung erzielt, nun präsentiert er den anwesenden Medienvertretern ein herzhaftes Lachen.
Das ist bemerkenswert, denn eigentlich müsste er für immer und ewig eine finstere Miene ziehen. Und keiner dürfte ihm angesichts seiner tragischen Geschichte böse sein. Nur elf Jahre alt war der kleine Moses, als seine Eltern in Nigeria von Islamisten ermordet wurden.
Sein Vater, ein katholischer Pfarrer, lebt seinen Glauben öffentlich aus – und er zahlt mit Blut. Moses selbst entgeht dem selben Schicksal nur, weil er zum Tatzeitpunkt Fussball spielt. Er findet die leblosen Körper seiner Eltern als Erster, der Schock sitzt tief.
Neustart in England
Noch in derselben Woche verlässt der Junge das Land und wird von seinem Onkel nach London gebracht. Aus Angst vor weiteren Übergriffen. Und zur besseren Verarbeitung der fürchterlichen Geschehnisse.
Moses erhält psychologische Hilfe, doch nicht einmal der beste Therapeut schafft das, was der Fussballsport erreicht. Dieser gibt Moses Kraft, lenkt ihn ab, gibt neuen Lebensmut. Zwei Jahre nach dem Verlust seiner Eltern unterschreibt der Stürmer einen Nachwuchsvertrag bei Crystal Palace. Zuvor hat er keinem Verein angehört, kickt lediglich in Parks.
Danach läuft Moses bis zur U21 für England auf, entscheidet sich vor einem Jahr aber für das Land seiner Eltern und spielt für die «Super Eagles.» Und das, obwohl der Alltag in Nigeria auch zwölf Jahre nach dem Mord an Moses’ Eltern noch immer von religiösen Streitereien geprägt ist.
Moses selbst denkt trotzdem nicht im Traum daran, seiner Heimat den Rücken zu kehren, und wird in Zeiten von Hass und Gewalt zum Vermittler zwischen Christentum und Islam.
Geht es um den Nationalsport Fussball, spielt die Religion nur eine Nebenrolle. Auch heute wird die Mehrheit der Nigerianer Moses gegen den FC Basel die Daumen drücken. Ob die Würfel wie im Hinspiel zu seinen Gunsten fallen?