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Erstmals spricht «Football Leaks»-Gründer Rui Pinto
«Behörden haben Angst vor dem, was ich weiss»

Rui Pinto, der Mann hinter «Football Leaks», sitzt seit neun Monaten hinter Gittern. Man wirft ihm 147 Straftaten vor.
Publiziert: 22.12.2019 um 16:31 Uhr
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Rui Pinto sitzt in Lissabon im Gefängnis.
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Neun Monaten sitzt er schon hinter Gittern. Jener Mann, der auf der Enthüllungsplattform «Football Leaks» und unter dem Tarnnamen «John» in den letzten Jahren versucht hat, Korruption im Fussball aufzudecken. Über 70 Millionen Dokumente hat Rui Pinto dem «Spiegel» zugespielt – und dabei beispielsweise den Steuerskandal um Portugals Superstar Cristiano Ronaldo aufgedeckt.

Kein fairer Prozess

Doch die einzige Person, die bisher aufgrund dieser Enthüllungen im Gefängnis landete, ist Pinto selbst. Ihm wird Erpressung, Cyberkriminalität und den Bruch des Briefgeheimnisses vorgeworfen. Insgesamt soll der 31-jährige Portugiese 147 Straftaten begangen haben. Er sitzt in einem Gefängnis mitten in der Innenstadt von Lissabon. Der «Spiegel» hat ihn besucht. Erstmals spricht Pinto über die Anschuldigungen, seine Zeit im Gefängnis und den bevorstehenden Prozess.

«Anfangs war es sehr schwierig. Wir Menschen brauchen doch Kontakt zu anderen Personen», erzählt Pinto den Journalisten vom «Spiegel». «Mir ist nichts anderes übrig geblieben, als die Situation zu akzeptieren und mich anzupassen.» Das Wichtigste für ihn sei es, den Fokus nicht zu verlieren. «Die portugiesischen Behörden haben Angst vor dem, was ich weiss. Darum darf ich auf keinen Fall den Verstand verlieren», so Pinto.

Er glaube aber nicht, dass er in Portugal einen fairen Prozess erhalten wird. «Ich denke, dass dieser Fall vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte landen wird», befürchtet Pinto.

Super League kommt wohl

Noch könne er nicht sagen, ob sich die Enthüllungen gelohnt haben. Viel verbessert hat sich noch nicht, die Super League wird es wohl trotzdem geben. «Florentino Perez, der Präsident von Real Madrid, hat einen neuen internationalen Klubverband gegründet. Sie wollen die Super League wirklich umsetzen. Es ist seit Jahren immer die gleiche Scheisse», ärgert sich Pinto. «Es geht einfach weiter. Solange die Lieblingsmannschaft gewinnt, ist den Leuten alles andere egal – selbst wenn sie von Fehlverhalten und Verbrechen wissen.»

Der Fussball sei halt unantastbar, erzählt Pinto weiter. «Und die Behörden schützen die Branche, weil sie von so grossem öffentlichen Interesse ist.» So habe ihm die Staatsanwältin gesagt, das sie das Football-Leaks-Datenmaterial nicht verwenden wird, «obwohl darin zahlreiche Beweise für die Kriminalität mächtiger Akteure der Fussballwelt enthalten sind.»

«Eines Tages …»

Pinto hat stets behauptet, er arbeite nicht alleine. Doch seit seiner Festnahme im Januar in Budapest ist «Football Leaks» verstummt. Kommt nichts mehr? «Seien Sie geduldig. Es stimmt, dass ich das Gesicht des Projekts war. Aber wir werden sehen, was in der nahen Zukunft geschieht», bleibt Pinto geheimnisvoll.

Und der Portugiese sagt nach wie vor der Korruption im Fussball den Kampf an. «Eines Tages werde ich das Gefängnis verlassen, dann werde ich auf Konferenzen sprechen und Artikel veröffentlichen», verspricht er. (mam)

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