Cup-Kracher Breitenrain gegen Thun
«Unsere Lehrer spielen gegen die Profis»

Die Brüder Raphaël und Nicolas Kehrli vom FC Breitenrain wissen, wie man im Cup für Furore sorgt.
Publiziert: 23.08.2014 um 13:19 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:31 Uhr
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Raphael (l.) und Nicolas Kehrli im Schulhaus Muristalden.
Foto: Benjamin Soland
Von Martin Arn

Im Flur des Schulhauses Muristalden ist einiges los: Ein Turnschuh fliegt durch die Luft, Buben klatschen sich ab, Mädchen küssen sich auf die Wangen. Mittendrin die Brüder Raphaël (36) und Nicolas Kehrli (31). Beide unterrichten an der Oberstufe. Beide spielen für den 1.-Ligisten Breitenrain, einen Quartierverein in Bern. Heute (16 Uhr) gastiert der FC Thun im Kleinstadion «Spitz».

Die Gebrüder sind die Eckpfeiler der Multikulti-Truppe. Raphaël spielt im zentralen Mittelfeld, Nicolas ist Innenverteidiger.

«An einem guten Tag können wir Thun schlagen», sagt Raphaël. «Aber wir sind darauf angewiesen, dass Thun einen schwachen Tag hat», sagt Nicolas.

Beide wissen, wie man im Cup als Unterklassiger für Furore sorgt. Raphaël, der Ältere, stand 2001 mit Yverdon im Cupfinal gegen Servette (Endstand: 0:3). Nicolas warf mit dem FC Biel die ­Super-Ligisten Luzern und Basel aus dem Pokalwettbewerb.

Anekdotenreiche Zeit bei Basel unter Christian Gross

Raphaël ist bei YB gross geworden und wechselte 1999 zum FC Basel. «Alles war viel professioneller.» Auch an den damaligen FCB-Trainer Christian Gross, der gerade aus England (Tottenham) zurückgekehrt war, erinnert er sich – wenn auch mit gemischten Gefühlen. «Er war autoritär, hat die Spieler nicht geduzt.»

Ziemlich schnell wurde Raphaël klar, dass der FCB «eine Nummer zu gross» war. «Beni Huggel und ich diskutierten einmal im Massageraum einen Zeitungsartikel und sprachen über Basler Politiker. Herr Gross hat daraufhin ein Zeitungsverbot in der Garderobe ausgesprochen. Politik sei nichts für Fussballer.»

Ein anderes Mal war Raphaël mit einem Teamkollegen in der Stadt unterwegs. Als sie ins Auto stiegen, bemerkte Raphaël, dass der Kollege zu betrunken war, um zu fahren. «Mühsam wechselten wir im Auto die Plätze.» Als Raphaël endlich am Steuer sass, klopfte von draussen ein Mann mit Glatze ans Seitenfenster. Trainer Gross war nicht erfreut über den nächtlichen Ausflug.

Auch Nicolas galt als grosses Talent, als er mit 19 Jahren bei YB debütierte. «Irgendwie war ich plötzlich im Team, obwohl ich qualitativ kein Super-League-Spieler war.»

Bescheiden, sympathisch – so sind die Kehrli-Brothers halt. Für Breitenrain sind die Routiniers von unschätzbarem Wert. Nicolas, der Jüngere, ist ein echter Cupspieler. Vor drei Jahren traf er gegen den FC Basel zwar ins eigene Tor, die Seeländer siegten dennoch mit 3:1. Ein paar Wochen später erzielte er gegen Sion, im Cup-Halbfinal, den zwischenzeitlichen 1:0-Führungstreffer (Endstand: 1:2).

Bei Breitenrain wollen sie ihre Karrieren ausklingen lassen. «­Eifach no chley schüttele», sagt Raphaël. «Breitenrain gewinnt 3:0», sagt ein Schüler keck im Vorbeigehen. «Schön wärs» rufen ihm die Lehrer hinterher.

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