BLICK: Herr Petricevic, sind Sie ein Trainer-Clown?
Zlatko Petricevic: Entschuldigung, aber diese BLICK-Schlagzeile empfand ich als diffamierend. Ich bin es doch nicht, der in zehn Tagen beim FC Biel diesen Klub kaputt gemacht hat. Ich habe in Mexiko, USA, im Iran und Kolumbien gearbeitet. So ein Chaos wie in Biel habe ich noch nie erlebt.
Gut, aber Sie bieten auch genug Angriffsfläche. Arbeiten wir die Vorwürfe doch mal zusammen auf. Vorwurf 1: Sie trainieren während des Trainings mit dem Handy auf dem Platz.
Schauen Sie, meine Mutter ist 81 und schwer herzkrank. Darum bin ich immer erreichbar. Die Familie steht über allem.
Vorwurf 2: Sie schlugen im Spiel gegen Schaffhausen den eigenen Masseur ins Gesicht.
Ich sah diesen Masseur zwei Mal in meinem Leben. Er hat während der Partie immer wieder einen Spieler aufs Gröbste beleidigt. Ich sagte ihm, er soll aufhören damit. Als er mir dann noch sagte, ich müsse jetzt wechseln, war genug. Ich ging auf ihn zu und bückte mich hinunter. Er packte mich an meinem Schal und zog daran, dass ich das Gleichgewicht verlor. Ich erwischte ihn mit der Schulter im Gesicht, aber habe ihn garantiert nicht geschlagen.
Der Masseur sagt, er habe ein blaues Auge gehabt. Sie kündigten an, einen Lügendetektor-Test zu machen. Haben Sie ihn schon hinter sich?
Ich bin der Attackierte, nicht der Täter. Wie gesagt, wer mir nicht glaubt, kann einen Lügendetektoren aufstellen. Ich komme sofort vorbei und absolviere den Test. Ich bin ein 55-jähriger Mann und glaube, Charakter zu haben.
Erste Nachfrage bei Petar Aleksandrov, der ebenfalls auf der Bank sass. Er sagt: «Ich habe gesehen, dass er zugeschlagen hat. Ich bin Augenzeuge.» Und Walter Aeschlimann, der Masseur selber sagt: «In meinem Leben habe ich nie einen Spieler beleidigt. Petricevic lügt! Ich habe genug Zeugen. Das blaue Auge habe ich mir ja wohl nicht selber verpasst!»
Herr Petricevic, Ihr Spieler Fabian Stoller sagte über Sie: «Trainer-Clown ist eine Untertreibung».
(Petricevic zieht sein Handy aus der Tasche, zeigt eine Textnachricht) Schauen Sie, er hat mir eine SMS geschrieben und sich entschuldigt. Er schrieb hier sogar, dass es ein Fehler von ihm gewesen sei.
Vorwurf 3: Sie haben keine Trainer-Lizenz.
(Petricevic holt seine Trainer-Lizenz aus der Tasche) Ich bin in Mexiko, wo ich 18 Jahre gearbeitet habe, diplomierter Fussball-Uni-Professor. Mit der gleichen Lizenz konnte ein Kollege in Spanien Osasuna trainieren. Warum der Verband das nicht akzeptiert, verstehe ich nicht. Ich habe der Uefa geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten.
Anruf beim Schweizerischen Fussballverband. Sprecher Marco von Ah sagt: «Wir haben Rücksprache mit dem kroatischen Verband genommen. Und eindeutige Informationen erhalten, wonach Herr Petricevic nicht im Besitz einer Trainer-Lizenz ist, die dazu berechtigt, einen Challenge-League-Klub zu trainieren und zu coachen.»
Vorwurf 4: Ihr Assistenz-Trainer Petar Aleksandrov bezeichnete Sie als «Schande für alle Trainer».
Ich antworte nicht auf solche Dinge. Was er fachlich über mich denkt, ist mir egal. Ich kann allerdings nicht über ihn als Trainer reden, er fehlte ja oft krank. Und einmal kam er mit einem blauen Auge. Er habe es sich beim Fussballspielen geholt. Aber das ist unmöglich.
Sie vermuten eine Schlägerei?
Ja. Und ich weiss auch wo. Gegen Wil ist er darum mit einer Sonnenbrille an der Linie gestanden.
Wo soll das passiert sein?
Fragen Sie ihn selber.
Zweite Nachfrage bei Petar Aleksandrov. Er sagt zu SonntagsBlick: «So etwas kann nur ein Psychopath behaupten. Mein Gott. Ich habe mindestens 50 Zeugen, meine Mitspieler, meine Gegner und Zuschauer. Ich spiele Veteranen bei Mladost Aarau, jenes Spiel war gegen Fislisbach.»
Petricevic: Und noch etwas zu Aleksandrov. Er soll doch bitte auch gleich erzählen, dass er als beinahe einziger beim FC Biel einmal 4000 und einmal 3500 Franken Lohn bekommen hat zuletzt. Während die Spieler nichts zu essen haben. Sich nicht mal für 10 Franken Schokolade und andere Lebensmittel kaufen können.
Dritte Nachfrage bei Aleksandrov. «Er sagt das? Auch das stimmt nicht. Er soll sein Leben leben und mich in Ruhe lassen.»
Vorwurf 5: Die Mannschaft wollte nach dem Schaffhausen-Spiel aus Protest gegen Sie im Zug zurück nach Biel reisen. Und merkte dann, dass Sie in Zürich keinen Anschluss mehr hätten.
Das stimmt überhaupt nicht. Jeder Spieler kam direkt nach dem Duschen in den Bus. Kein einziger wollte im Zug nach Hause.
Vierte Nachfrage bei Aleksandrov. «Ja, die Mannschaft wollte mit dem Zug nach Hause fahren. Ich auch. Aber man hat gemerkt, dass wir nur bis Zürich kommen. Dann war der Deal, dass er nur ganz vorne sitzt und die Mannschaft ganz hinten. Und dass er vorne bleiben muss und nicht nach hinten kommt.»
Vorwurf 6: Sie rauchten im Mannschaftsbus auf der Rückfahrt aus Schaffhausen.
Das stimmt, zur Abwechslung. Ich habe den Chauffeur gebeten, das Fenster einen Spalt breit zu öffnen und habe gefragt, ob ich rauchen darf. Das ist ein riesiger Bus, das störte niemanden. Aber ja, es war ein Fehler von mir.
Vorwurf 7: Sie sind illegal in der Schweiz.
Quatsch. Ich habe einen Vertrag bis Ende Mai in Biel und bin auf der Gemeinde Ipsach gemeldet. Ich bin nicht illegal hier.
Vorwurf 8: Im Hotel Schlössli in Ipsach flogen sie raus, weil die Rechnung für das Appartement nicht bezahlt ist.
(Petricevic zieht die Hotelkarte aus seinem Portemonnaie.) Mein Zimmer ist immer noch dort. Ich schulde niemandem Geld. (Petricevic zieht auch noch seine Platinum-Kreditkarte.)So eine hat keiner, der kein Geld hat. Ich bin immer noch im Schlössli, aber fahre manchmal auch nach Brescia, wo ich eine Wohnung habe.
Vorwurf 9: In Kroatien bedrohten Sie Journalisten mit dem Tod.
Eine Lüge. Als General Manager von NK Pomorac drangen ein Fotograf und ein Journalist in einen Privat-Raum von mir ein. Der Journalist war 150 Meter weg von mir und behauptete danach vor dem Staatsanwalt, ich hätte Todes-Drohungen ausgestossen. Frei erfunden.
Vorwurf 10: Sie bezichtigten in Mexiko die Schiris der Korruption.
(Petricevic zieht sein Handy aus der Tasche und spielt einen Clip der Tigres gegen seinen Klub Queretaro ab.) Schauen Sie, der Ball ist einen Meter über der Linie neben dem Tor. Einen Meter! Der Schiri lässt weiterspielen und dann trifft der Gegner. Ich forderte nur mehr Respekt vom Verband. Dass die Schiris gekauft sind, habe ich nie behauptet. Aber der betreffende Ref hat uns nie mehr gepfiffen.
Reden wir nochmals über Biel. Haben Sie selber je Geld gesehen?
Nein. Aber im April war ich eh unentgeltlich angestellt, mein Vertrag läuft erst ab dem 1. Mai.
Sind Sie sauer auf Präsident Carlo Häfeli?
Er ist unverantwortlich, dieser Mann. Er ist hauptschuldig. Er schwärmte vom schönen Stadion, den Sponsoren. Und sagte stets, dass er die Mannschaft – sie kostet 115 000 Franken pro Monat – bezahlen werde. Dass bald alles erledigt sei. Nichts davon stimmte. Wenn ich die Situation gekannt hätte, wäre ich nie gekommen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Thun | 33 | 32 | 68 | |
2 | FC Aarau | 33 | 18 | 57 | |
3 | FC Etoile Carouge | 33 | 13 | 51 | |
4 | FC Wil | 33 | 4 | 47 | |
5 | FC Vaduz | 33 | 0 | 47 | |
6 | FC Stade-Lausanne-Ouchy | 33 | 7 | 46 | |
7 | Neuchatel Xamax FCS | 33 | -8 | 38 | |
8 | AC Bellinzona | 33 | -17 | 37 | |
9 | FC Stade Nyonnais | 33 | -24 | 32 | |
10 | FC Schaffhausen | 33 | -25 | 25 |