Teamchef Maurizio Arrivabene
«Bei Ferrari schmerzen Pleiten doppelt»

Für Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene (59) ist die Lage nicht alarmierend: «Die WM ist offen!»
Publiziert: 08.06.2016 um 09:56 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:39 Uhr
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Ferrari-Boss Arrivabene (l.) mit seinem Schützling Sebastian Vettel.
Foto: Lukas Gorys
Roger Benoit und Luis Vasconcelos

Vor allem Mercedes und Ferrari haben 2016 oft technische Probleme. Tanzen beide am Limit, um mehr Leistung herauszukitzeln?
Maurizio Arrivabane: Das ist die Konsequenz des Duells an der Spitze, wo Renault mit Red Bull mitmischt und Honda mit McLaren bald auftaucht. Beide werden unsere jetzigen Probleme kennenlernen. Der Antriebsstrang birgt viele Gefahren. Der Motor ist nur ein Teil davon.

Und gerade da wird Ferrari jetzt kritisiert …
Das ist der Fehler der Fans und Medien. Unser V6-Motor ist gut, aber viele andere Teile gehen gelegentlich kaputt.

Dann sind Sie also zufrieden?
Nein. Wir sind noch lange nicht dort, wo Ferrari hingehört. Aber wenn du Risiken eingehst, werden Fehler gemacht.

Das hört man selten bei Ferrari.
Nun, wir hätten in Australien mit einer anderen Taktik gewinnen müssen, genau wie in Bahrain oder beim Mercedes-Doppelausfall in Spanien. Hätte es da geklappt, wären wir jetzt nicht so in der Kritik. Auch in Monaco lief vieles gegen uns.

Sie sind jetzt im zweiten Amtsjahr. Haben Sie technisch schon alles im Griff?
Die ganze Struktur ist noch sehr neu – und einige Mitarbeiter sind jetzt erstmals in einer wichtigen Rolle. Da fehlt oft noch die Erfahrung. Einige Wechsel wären jetzt kontraproduktiv.

Aber bei Ferrari ist Druck ein ständiger Wegbegleiter. Wie beschützen Sie Ihr Team davor?
Das ist ein Teil des Spiels. Bei anderen Teams wäre der Druck sicher kleiner. Bei Ferrari sind Siege schöner, aber bei Niederlagen ist der Schmerz auch grösser. Ja doppelt so gross.

Ihr Chef, der Fiat- und Ferrari-Boss Sergio Marchionne, fordert seit Wochen schnelle Siege.
Das muss er. Stellen Sie sich vor, er würde schweigen und uns keine Ziele setzen. Ich wäre entsetzt. Ich bin 25 Jahre in der Formel 1 und habe nie einen Ferrari-Chef gehört, der mit zweiten Plätzen zufrieden war. Wir müssen gewinnen – und Marchionne spricht eben oft mit klaren Worten der Fans!

Wir haben sechs Rennen hinter uns – und die Ferrari-Piloten stehen auf den Plätzen vier und fünf. Glauben Sie weiter an den WM-Titel 2016?
Sicher. Die bisherige Bilanz ist zwar nicht super, aber wir hatten auch Pech wie Vettel beim Kvyat-Abschuss in Sotschi. Wir kämpfen bis zur letzten mathematischen Chance. Es sind noch 15 Rennen.

Setzen Sie bald alles auf eine Karte und hoffen mit risikoreichen Strategien auf die nötigen Siege?
Nein. Die Risiken gehen wir schon in der wahnsinnigen Entwicklung ein. Im Rennen bringt das Risiko selten Erfolg.

Reden wir von 2017. Wer wäre der ideale Teamkollege für Vettel?
Ich sage es Ihnen nächstes Jahr. Wir haben die ideale Paarung, beide pushen sich nach vorne. Was wollen wir mehr?

2017 werden die meisten Regeln geändert. Was erwartet uns und vor allem Ferrari?
Ich kann nicht in die Zukunft schauen. Jedes Mal gab es eine Art Machtwechsel. Wir müssten also die ersten Rennen abwarten und sehen, wer über den nächsten Winter den besten Job gemacht hat. Sicher ist nur, dass die Autos geiler ausschauen werden.

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