Nach 33 Formel-1-Saisons
Die Sauber-Ära ist zu Ende – ein Blick zurück

Das wars! Am Sonntag endet das Formel-1-Abenteuer des Schweizer Rennstalls. Die Bilanz nach über drei Jahrzehnten: Eine saubere Sache, mit wenigen Ausnahmen.
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Als am 14. März 1993 der Sauber-Rennstall im fernen südafrikanischen Kyalami sein Debüt in der Formel 1 gab, lief hierzulande auf DRS 3 die Schweizer Musikhitparade. Und auch dort kam es zu einer Geburtsstunde: Mit dem Song «Somebody Dance With Me» erklomm DJ Bobo erstmals die Spitze der Charts. Diesen Sonntag, 11’956 Tage später, tanzte Sauber in der Formel 1 zum 617. und letzten Mal. Die Sauber-Ära – sie geht nun in Abu Dhabi endgültig zu Ende. Im nächsten Jahr werden die Rennboliden zwar noch immer grösstenteils «made in Hinwil» sein, doch der neue Besitzer Audi lässt den Namen Sauber wohl für immer verschwinden.

Sein Stern ging zur gleichen Zeit auf wie der von Sauber: DJ Bobo.
Foto: IMAGO/Avalon.red

Dass Sauber überhaupt 33 Saisons durchhielt, grenzt rückblickend an ein Wunder. Heute sagt Peter Sauber über die Zukunftsaussichten von damals: «Ich war nie ein Träumer, sondern ein Realist. Deshalb wäre ich wohl schon froh gewesen, wenn wir die 100 Grand Prix voll kriegen, was in jener Zeit etwa sechs Saisons entsprach.»

Rückblende. Als Peter Sauber entschloss, 1993 in die Formel 1 einzusteigen, hatte er sich in den Jahrzehnten zuvor in der Motorsportszene schon einen Namen gemacht – als Rennfahrer, Konstrukteur und Teamchef. 1989 und 1990 wurde sein Team aus dem Zürcher Oberland Weltmeister in der renommierten Sportwagen-Klasse und feierte 1989 bei den legendären 24 Stunden von Le Mans einen Doppelsieg. Trotz dieser Erfolge war der Schritt in die Formel 1 riskant. Dessen war sich auch Peter Sauber stets bewusst. Und deshalb sagte er 1993: «Das ist ein vernünftiger Schritt in die Unvernunft.»

Bei der Sauber-Premiere in der Formel 1 fährt JJ Lehto 1993 in Kyalami als Fünfter direkt in die Punkteränge.

Wie hart das Haifischbecken Formel 1 stets war und bis heute ist, zeigt auch dieser Fakt: Von den 13 Teams, die 1993 in Kyalami an den Start gingen, gibt es mittlerweile 9 in ihrer damaligen Form nicht mehr. Darunter Traditionsrennställe wie Tyrrell, Benetton, Jordan, Minardi, Lotus oder Ligier. Und in den Jahren danach versuchten Teams wie Toyota, BAR, Jaguar oder Prost ihr Glück, verschwanden aber wieder zügig. Doch Sauber blieb und wurde so hinter Ferrari, McLaren und Williams das dienstälteste Team in der Königsklasse des Motorsports. Völlig zu Recht betonte Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone immer mal wieder: «Der Sauber-Rennstall ist für mich das grösste Wunder in der Formel 1.»

Jetzt endet dieses Wunder. Was bleibt vom Sauber-Team nach 33 Saisons in Erinnerung? Vieles – sowohl auf als auch neben der Rennstrecke.

Sauber – die Talentschmiede

Der noch sehr junge Kimi Räikkönen im Jahr 2000.
Foto: Keystone

Zahlreiche spätere Erfolgspiloten machten ihre ersten Formel-1-Schritte in einem Sauber. So zum Beispiel Kimi Räikkönen, der Weltmeister von 2007. Als der Finne im Jahr 2000 für Sauber bei Testfahrten in Mugello seine ersten Runden drehen durfte, war der 20-Jährige noch ein Unbekannter. Michael Schumacher, der damals ebenfalls in Italien testete und nur 0,7 Sekunden schneller als der Rookie war, sagte an jenem Abend zu Peter Sauber: «Keine Ahnung, wer da getestet hat, aber dem musst du noch heute Abend einen Vertrag geben.» Und auch Sauber selbst war überrascht: «Ohne voreilig etwas zu sagen: Dieser Kimi Räikkönen hat mich mehr als überrascht.» Nach nur einer Sauber-Saison zog Räikkönen dann Ende 2001 weiter zu McLaren, für kolportierte 40 Millionen Franken.

Noch kürzer war die Sauber-Karriere des späteren Vierfachweltmeisters Sebastian Vettel. Nach einem GP (Indianapolis 2007), in dem der 19-Jährige mit Rang acht gleich einen WM-Punkt holte, wechselte der Deutsche zu Toro Rosso, dem B-Team von Red Bull.

GP Indianapolis 2007: Sebastian Vettel gibt im BMW-Sauber sein Formel-1-Debüt.
Foto: Keystone

Ebenfalls ihre Formel-1-Premieren bei Sauber gaben 2006 Robert Kubica (damals 21 Jahre alt), der ohne seinen schweren Rallye-Unfall 2011 das Potenzial zum Weltmeister gehabt hätte, 2002 Felipe Massa (damals erst 20), der 2008 Vizeweltmeister wurde, und 2018 Charles Leclerc (damals auch erst 20), der spätere Vizeweltmeister von 2022. 

Und auch bei Michael Schumacher hatte Peter Sauber einst seine Finger im Spiel. Das erste Mal, als er ihn 1990 in der Sportwagen-WM für sein Junior-Team fahren liess, für ein Jahresgehalt von läppischen 25’000 D-Mark. Und das zweite Mal 1991, als Eddie Jordan von Sauber-Partner Mercedes 300’000 DM verlangte, damit Schumi in Belgien in dessen Team sein Formel-1-Debüt geben konnte. Geld, das Peter Sauber dem deutschen Konzern vorschoss und – wie er einst Blick verriet – nie mehr zurückbekommen hat. Übrigens: 1997 sass Michael Schumacher sogar in einem Formel-1-Sauber. Bei geheimen Testfahrten in Fiorano drehte der damalige Ferrari-Pilot mehrere Runden für die Schweizer.

Unglaublich: 1997 testete Michael Schumacher den Sauber C16.
Foto: Sutton

Sauber – der Unternehmer

1995: Der Sauber C14 mit den Weltfirmen Red Bull, Ford und Petronas.
Foto: IMAGO

Peter Sauber schaffte es regelmässig, Weltfirmen von sich und seinem Rennstall zu überzeugen. So konnte er zum Beispiel 1995 dem malaysischen Mineralölkonzern Petronas ein Engagement schmackhaft machen. Die Partnerschaft hielt bis 2009.

Oder die Firma Red Bull, die 1995 bei Sauber als Hauptsponsor in die Formel 1 eingestiegen war. Nach einem Jahrzehnt bei den Schweizern kauften die Bullen das Jaguar-Team und gingen ab 2005 unter ihrem Namen an den Start.

Oder die Credit Suisse. Als die Grossbank 2001 bekannt gab, bei Sauber einzusteigen, war das ein Coup, denn zuvor war der Formel 1 eher ein Schmuddel-Image angehaftet, und renommierte Grossfirmen scheuten ein Engagement. Die CS hielt Sauber sieben Jahre lang die Treue.

Auch mit namhaften Autoherstellern arbeitete Sauber zusammen. Zunächst mit Mercedes, und später war Sauber 1995/96 eine Art Werksteam von Ford. 1997 zog Peter Sauber Ferrari als Motorenpartner an Land, was damals eine Sensation war. 2006 übernahm BMW den Laden, danach Alfa Romeo und nun eben Audi.

2005 wurde Peter Sauber dank seiner unternehmerischen Pioniertat zum Schweizer des Jahres gewählt. Eine Auszeichnung, die ihm bis heute viel bedeutet.

Sauber – die Höhepunkte

Historisch: 2008 gewinnt Robert Kubica für BMW-Sauber den GP von Kanada in Montreal.
Foto: imago/Thomas Melzer

Unvergessen, wie Sauber während der BMW-Jahre beim GP von Kanada 2008 in Montreal mit Robert Kubica und Nick Heidfeld einen Doppelsieg feierte. Schade nur, dass ausgerechnet an jenem geschichtsträchtigen Tag Peter Sauber nicht vor Ort war. Er musste den grössten Triumph seines Teams von zu Hause aus verfolgen, weil er Botschafter der Fussball-Heim-EM war.

Ein zweiter grosser Höhepunkt erfolgte 2001. Damals schaffte es der kleine, noch junge Sauber-Rennstall in der Konstrukteurs-WM mit den Fahrern Heidfeld und Räikkönen auf den sensationellen vierten Rang. Peter Sauber nach dem letzten Saisonrennen in Japan zu Blick: «Ich glaube, es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich bis morgens um fünf Uhr durchgemacht habe.» Besser klassiert in der Konstrukteurswertung war Sauber nur während der BMW-Jahre 2007 (Zweiter) und 2008 (Dritter).

Sauber – die Tiefpunkte

Der Tiefpunkt: Nach seinem Crash in Monaco 1994 schwebt Karl Wendlinger während Tagen im Koma.
Foto: Getty Images

Auch da kam in 33 Jahren einiges zusammen. Besonders tragisch war der schwere Unfall von Karl Wendlinger 1994 in Monaco. Peter Sauber, für den der Österreicher fast wie ein Sohn war: «Kurz nach dem Unfall wussten wir eine Zeit lang nicht, wie schlimm es ist. Und als wir dann irgendwann realisierten, wie dramatisch es ist, war das natürlich besorgniserregend. Er erlitt damals ja ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, und man versetzte ihn in ein künstliches Koma. Ich war während Tagen bei ihm im Spital.»

Auf eine andere Art dramatisch war es Ende 2009, als BMW nach vier Jahren überraschend wieder bei Sauber ausstieg. Daraufhin kaufte Peter Sauber «sein» Team zurück und rettete es so vor dem sicheren Untergang. Nur 24 Stunden hatte er Zeit, um BMW eine Kaufofferte zu unterbreiten. «Hätte ich das damals nicht gemacht, wäre der Laden dichtgemacht worden, alle Mitarbeiter hätten ihren Job verloren, und es hätte wohl nie mehr ein Schweizer Formel-1-Team gegeben.» Finanziell war die Rettungsaktion eine grosse Herausforderung. «Lassen Sie es mich so formulieren: Bevor ich das Team zurückgekauft hatte, besass ich ein schönes Vermögen. Das war nach dem Rückkauf praktisch weg. Trotzdem bin ich heute noch sehr dankbar dafür, dass ich damals diesen unvernünftigen Entscheid gefällt habe und so all die Arbeitsplätze nachhaltig retten konnte.»

Die 33 Sauber-Saisons in Zahlen

616 GP bestritt der Rennstall bislang in der Formel 1. Mit dem 617. Rennen in Abu Dhabi endet nun die Sauber-Ära.

28-mal fuhr ein Sauber-Pilot aufs Podest. Die Top drei: Robert Kubica (1/4/4), Nick Heidfeld (0/6/3), Sergio Pérez (0/2/1).

8 Sauber-Piloten führten jemals einen GP an. Der Pole Kubica kam in acht Rennen auf insgesamt 73 Führungsrunden.

309-mal schaffte es ein Sauber-Fahrer in die Punkteränge. Mit anderen Worten: In jedem zweiten GP fuhren die Schweizer in die Punkte.

6-mal wurde ein Sauber-Pilot disqualifiziert. Zuletzt hatte es Nico Hülkenberg 2025 in Bahrain erwischt (Unterboden zu stark abgenutzt).

21. Rang: Das war die schlechteste Platzierung eines Sauber-Fahrers, aufgestellt von Adrian Sutil 2014 in Japan.

33 Fahrer gingen über die Jahre für Sauber an den Start. Rekord-Pilot war Nick Heidfeld mit 125 Einsätzen, gefolgt von Marcus Ericsson (81) und Kimi Räikkönen (74).

295-mal erreichte ein Sauber-Fahrer das Ziel nicht. 1999 sah gleich 20-mal ein Pilot des Schweizer Teams nicht die karierte Flagge.

82-mal fuhr ein Sauber-Pilot auf Rang elf. Es ist das häufigste Resultat, gefolgt von Rang neun (79-mal) und Rang zehn (77-mal).

5.4.2008: Ein historisches Datum für Sauber: An jenem Tag fuhr Kubica in Bahrain die einzige Pole Position des Teams heraus.

616 GP bestritt der Rennstall bislang in der Formel 1. Mit dem 617. Rennen in Abu Dhabi endet nun die Sauber-Ära.

28-mal fuhr ein Sauber-Pilot aufs Podest. Die Top drei: Robert Kubica (1/4/4), Nick Heidfeld (0/6/3), Sergio Pérez (0/2/1).

8 Sauber-Piloten führten jemals einen GP an. Der Pole Kubica kam in acht Rennen auf insgesamt 73 Führungsrunden.

309-mal schaffte es ein Sauber-Fahrer in die Punkteränge. Mit anderen Worten: In jedem zweiten GP fuhren die Schweizer in die Punkte.

6-mal wurde ein Sauber-Pilot disqualifiziert. Zuletzt hatte es Nico Hülkenberg 2025 in Bahrain erwischt (Unterboden zu stark abgenutzt).

21. Rang: Das war die schlechteste Platzierung eines Sauber-Fahrers, aufgestellt von Adrian Sutil 2014 in Japan.

33 Fahrer gingen über die Jahre für Sauber an den Start. Rekord-Pilot war Nick Heidfeld mit 125 Einsätzen, gefolgt von Marcus Ericsson (81) und Kimi Räikkönen (74).

295-mal erreichte ein Sauber-Fahrer das Ziel nicht. 1999 sah gleich 20-mal ein Pilot des Schweizer Teams nicht die karierte Flagge.

82-mal fuhr ein Sauber-Pilot auf Rang elf. Es ist das häufigste Resultat, gefolgt von Rang neun (79-mal) und Rang zehn (77-mal).

5.4.2008: Ein historisches Datum für Sauber: An jenem Tag fuhr Kubica in Bahrain die einzige Pole Position des Teams heraus.

Ein letztes Mal so richtig turbulent für Sauber war es in den Jahren 2014/15: Unter der damaligen Führung von Monisha Kaltenborn hatte der Rennstall zwischenzeitlich vier Piloten unter Vertrag, denen allen ein Renncockpit versprochen worden war. Es kam daher zu unschönen Schlagzeilen und juristischen Kämpfen. Auch der sportliche Tiefpunkt fiel in jene Zeit: 2014 holten die Sauber-Fahrer Adrian Sutil und Esteban Gutiérrez in 19 Rennen nicht einen einzigen WM-Punkt.

Ein weiteres Kapitel über Sauber in der Formel 1 wird nun leider nicht mehr geschrieben. Die Sauber-Ära, sie geht in Abu Dhabi endgültig zu Ende. DJ Bobo aber hat noch lange nicht ausgetanzt. 2026 wird er auf grosse Europa-Tour gehen.

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