Michael Schumacher: 4019 Tage zwischen Leben und Tod
Eine Familie mit wenig Freude, aber viel Verzweiflung

Der tragische Ski-Unfall von Formel-1-Legende Michael Schumacher jährt sich zum elften Mal. Nun wird Schumi bald Grossvater – doch um seinen Zustand ranken sich weiterhin Gerüchte und Behauptungen.
Publiziert: 29.12.2024 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 30.12.2024 um 06:42 Uhr
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Die Frage bewegt seit elf Jahren: Wie gehts es Michael Schumacher wirklich?
Foto: AFP
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Roger BenoitFormel-1-Experte

Das Drama um den siebenfachen Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher (55) dauert schon elf Jahre. Voller Spekulationen und wenig Fakten. Und auch 4019 Tage nach dem Ski-Unfall prallen wir gegen eine Mauer des Schweigens.

Das ist gut so, sagen die einen. Einst wollten jedoch über 75 Prozent der Fans wissen, wie es ihrem in Méribel (Fr) über einen Stein gestürzten Idol geht. Diese Prozentzahl ist vor einem Jahr auf unter 25 Prozent gesunken.

In der Politik, der Musikszene und in der Filmbranche könnte man den Gesundheitszustand eines weltberühmten Stars nie elf Jahre lang geheim halten. Selbst die Frage Wachkoma oder Locked-In-Syndrom – andere Ursachen schliessen Fachärzte aus – bleibt unbeantwortet.

Kosten von 7000 Euro pro Tag?

Genau wie die spekulative Frage, was die Betreuung von Michael kostet. Nach englischen Berichten soll sich der Tagesansatz für das künstliche Essen, Ärzte, Pflege- und Sicherheitspersonal sowie Physiotherapeuten auf rund 7000 Euro am Tag belaufen. Seit 4019 Tagen …

Ein Arzt zur medizinischen Frage: «Während beim Wachkoma die Funktionen des Grosshirns schwer beeinträchtigt sind, ist der Hirnstamm weitgehend intakt. Beim Locked-in-Syndrom ist es genau umgekehrt. Hier sind die Grosshirn-Funktionen erhalten. Dagegen liegen schwere Schädigungen des Hirnstammes vor.» Beim Unfall soll sich ein Stift seiner Helmkamera in die Schädeldecke gebohrt haben.

Schumis Ex-Manager: «Das tut mir seit Jahren weh»

Auch für die langjährige Schumacher-Managerin Sabine Kehm (60) ist die Situation nicht immer angenehm. Die frühere Journalistin zur «Bunten»: «Das grosse Problem der Familie ist: Wo zieht man die Grenze zwischen Vertrauen und Misstrauen?»

Nun, der frühere Manager Willi Weber (82), der Schumi aufbaute und 1991 den Jordan-Sitz in Spa mit einer Lüge («Ja, Michael kennt die Strecke wie seinen Hosensack») erschlich, darf seinen Schützling nicht sehen.

Hier kommt wohl das Vertrauen ins Spiel. Obwohl der Mann aus Regensburg Schumi zum Multimillionär machte, darf er Michael nicht besuchen: «Das tut mir seit Jahren weh. Ich werde diese Erde wohl ohne meinen grössten Traum verlassen müssen.»

Todt sorgte für den letzten Hoffnungsschrei

Dagegen hätte die Familie kein Problem, wenn der frühere Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone (94) den Deutschen besuchen würde. Doch der Brite winkt dankend ab: «Ich will Michael so in Erinnerung behalten wie bei unserem letzten Treffen in einem Fahrerlager, als wir ein Bier tranken.»

Und Dauergast Jean Todt (78) meldet sich seit Jahren nicht mehr. Der Ex-Ferrari- und -FIA-General hatte einst den Fans viel Hoffnung serviert: «Ich glaube, wir werden Michael bald wieder an den Boxen sehen.» Es war der letzte Hoffnungsschrei vom Genfersee.

Die Familie kommt seit elf Jahren nicht zur Ruhe. Noch kurz vor Weihnachten stand Ehefrau Corinna (55) wegen einer versuchten Erpressung von drei ehemaligen Mitarbeitern vor einem Gericht in Wuppertal. Man hatte von der Familie 15 Millionen Euro für private Fotos, Videos und Akten über Michael verlangt. Sonst drohte man mit der Veröffentlichung im Darknet.

Ein Magazin oder eine Zeitung hätten das «heisse» Material bestimmt nicht gekauft – ein neuer Prozess mit hohen Schadensforderungen, wie schon oft in den letzten Jahren, wären die Folge gewesen. Also bleibt der Kreis, der wirklich weiss, wie Schumi jetzt aussieht oder es ihm geht, weiter sehr klein.

Im April wird Michael Schumacher Grossvater

Im Formel-1-Zirkus sind die Fragen nach dem Befinden des 91-fachen GP-Siegers kaum mehr zu hören. Auf den Autos sieht man schon jahrelang keine Kleber mehr mit der Aufschrift: «Keep Fighting Michael». Wenigstens trägt eine Stiftung noch diesen Namen.

Man wundert sich eher, dass die Familie, die früher alles abblockte und die Nennung der Namen der Kinder verbot, jetzt die Öffentlichkeit sucht. Zum Beispiel, wenn man die privaten Uhren (mit Originalwidmung) oder Luxusautos verkaufen will. Und in einer Doku-Serie sagte Mick vor zwei Jahren den Satz, der die ganze Tragödie einschliesst: «Ich würde alles darum geben, um noch einmal mit meinem Vater zu reden.»

Unter dem Tannenbaum stehen bei den Schumis stets die beiden Kinder im Mittelpunkt. Strahlen konnte diesmal nur die schwangere Tochter Gina-Maria (27), die im September auf Mallorca geheiratet hat und sagt: «Wir warten ungeduldig auf unser Mädchen.» Im April soll Michael also auch noch Opa werden.

Dann werden halt Geschichten erfunden

Die Heirat rief noch einmal die sozialen Medien, die immer ruhiger werden, auf den Plan. Sie berichteten, dass Michael Schumacher der Heiratsfeier heimlich beigewohnt habe und behaupteten: «Alle Gäste mussten vor dem Eingang ihre Handys abgeben.»

Es war dies genauso ein Schwachsinn wie die früheren Schlagzeilen und Titelbilder: «Er kann wieder gehen» – «Weltsensation: Das erste Interview» – «Er ist nicht mehr unter uns!».

Klar, wer jahrelang nicht kommuniziert, der läuft Gefahr, dass vor allem im Land der Dichter und Denker solche Geschichten erfunden werden.

Das Ringen von Sohn Mick um ein Cockpit

Bestimmt nicht die so leuchtenden Augen wie seine Schwester Gina-Maria hatte Mick Schumacher (25). Der frühere Haas-Pilot (2011/22), seit 18 Monaten mit dem dänischen Model Laila Hasanovic (23) zusammen, bekam zum dritten Mal in Serie keinen Formel-1-Vertrag mehr. Dafür fehlt ihm einfach das aussergewöhnliche Talent, wie man es ihm zum Beispiel bei Williams klar offenbarte. Bei Mercedes wurde er jetzt als Ersatzfahrer von Bottas (35) abgelöst.

Mick, damals am 29. Dezember 2013 beim Unfall dabei, sollte sich an sein erstes Interview vor dem Grand-Prix-Einstieg mit der Agentur dpa erinnern: «Ich scheitere nicht. Ich will wie mein Vater mit Ferrari Weltmeister werden.» Der Optimismus ist jetzt in der medial kaum verfolgten Langstrecken-WM und Le Mans bei Alpine gelandet. Unter dem Motto: Du musst die Vergangenheit loslassen, damit die Zukunft eine Chance hat.

Fast etwas peinlich, ja verzweifelt, waren 2024 die Bemühungen von Mutter Corinna und Managerin Sabine Kehm, die praktisch jede Türe zu einem Team aufgestossen haben, um für Mick Werbung zu machen. Erfolglos, wie auch die monatelangen Versuche von Sky Deutschland mit Onkel Ralf als ewigem Sprachrohr.

Der «Steuerflüchtling» wurde nie Ehrenbürger

Interessant dabei ist die Frage vieler Fans: Wie wäre die Formel-1-Karriere von Mick verlaufen, wenn ihn Vater Michael bei den Rennen im Fahrerlager hätte beraten können? Hätten sich dann Türen geöffnet, die jetzt – wohl für immer – verschlossen bleiben?

Am nächsten Freitag wird Michael Schumacher 56 Jahre alt. Grund genug für den «Kölner Express», bei den Behörden wieder mal nachzufragen, warum Schumi in seiner Heimatstadt Kerpen nie Ehrenbürger wurde? Und warum der 72-fache Ferrari-Rekordsieger nie das Bundesverdienstkreuz erhielt?

Die Antwort liegt fast 30 Jahre zurück, als die Schumacher-Familie in die Schweiz zog. Vom damaligen Schimpfwort Steuerflüchtling begleitet. Monaco, wo jetzt zwölf GP-Fahrer zu Hause sind, hatte Michael abgelehnt: «Ich will nicht in einer Betonwüste leben.»

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