Die Formel-1-Welt diskutiert weiter heftig den «Fall Vettel» von Montreal. Über die Zeitstrafe von fünf Sekunden werden sich die Fans der beiden Lager wohl nie einig. Interessant und ohne die Emotionen vieler seiner Ex-Kollegen hier die Aussage des zweifachen Champions Mika Häkkinen (50): «Wären wir unter den heutigen Regeln gefahren, hätte es viele Strafen gegeben und es wären bestimmt einige Rennen anders ausgegangen!»
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Wie verrückt die schärfere Regelauslegung ist, zeigt Vettel. In Monaco und Kanada wurde er jeweils Zweiter – obwohl er nie als Zweiter über die Ziellinie
raste. In Monte Carlo profitierte der Ferrari-Pilot als Dritter von einer Zeitstrafe (5 Sekunden) des Holländers Max Verstappen. Red Bull hatte ihn beim Boxenstopp zu früh losgeschickt, worauf Max den Mercedes von Bottas streichelte. Und in Montreal lag Vettel im Ziel vorne, doch eben nicht die nötigen fünf Sekunden vor dem jetzt 78-fachen GP-Sieger Hamilton. Der Brite hatte vergeblich versucht, Vettel noch auf der Piste zu schlagen. «Aber der Ferrari war auf den Geraden zu schnell!» Für seinen Kampfgeist und die Fairness wurde der WM-Leader von Silberpfeil-Chef Toto Wolff (47) sogar noch getadelt. Der Wiener: «Lewis hätte ja wirklich nur noch locker hinter Sebastian ins Ziel fahren müssen!»
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Genau diese Aussage zeigt deutlich, wie verbissen Mercedes weiter um jeden Erfolg kämpft. Und sich so immer weiter von den Fans entfernt – und sich damit auch aus der Formel 1 siegt. Die Gerüchteküche tobt: Mercedes soll Ende 2020, wenn das neue Reglement kommt, aussteigen – wie Ende 2018 in der DTM. Seit dem Hybrid-Start 2014 hat Mercedes alle WM-Titel geholt und 81 der 107 Turbo-Rennen gewonnen. In Frankreich könnten die Deutschen am Sonntag den eigenen Rekord von zehn Siegen in Serie egalisieren. Den Rekord mit elf Siegen in Folge halten übrigens Senna/Prost im McLaren-Honda 1989.
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Auch die Zukunft von Vettel ist ungewiss. «Es ist nicht mehr der Sport, den ich einmal geliebt habe!» Frustriert, verärgert und seit 15 Rennen ohne Sieg. Das nervt, regt zum langen Nachdenken an. Denn Vettel ist einer der intelligentesten Fahrer im Feld. Er merkt, dass bei Ferrari zu viel schiefläuft, dass die Titelfahrt schon vorbei ist. Und sein lästiges rotes Problem mit dem super ehrgeizigen Teamkollegen Charles Leclerc kommt erst noch! Teamchef Mattia Binotto, der den Monegassen in Kanada nicht über Vettels Zeitstrafe informierte (auch so gehen Stallorder), macht in Optimismus: «Seb kommt nach Kanada stärker zurück als vorher!» Nein, Vettel ist angeschlagen, jetzt fährt die Angst vor neuen Fehlern mit.