Als sich das Lenkrad in Palettis (†) Körper presste
Der Montreal-Horror vor 30 Jahren

Seit 1982 steht auf der Startlinie beim GP von Kanada in kursiver Schrift: Salut Gilles! In Gedenken an den Nationalhelden Gilles Villeneuve.
Publiziert: 07.06.2012 um 09:10 Uhr
|
Aktualisiert: 01.10.2018 um 17:00 Uhr
Unfall bei 215 km/h: Das Lenkrad hat sich in Palettis Körper gepresst.
Foto: zVg
Von Roger Benoit aus Montreal

Der Ferrari-Pilot starb am 8. Mai 1982 in Zolder. Fünf Wochen später stand Kanada immer noch unter Schock, führte das Rennen aber trotzdem durch. Zu Ehren des wohl beliebtesten Formel-1-Fahrers aller Zeiten.

Salut Gilles! Und genau an jenem Ort, wo nun seit 30 Jahren an den Superfighter erinnert wird, erlebte die Formel 1 am 13. Juni 1982 den nächsten Horror-Crash.

Der italienische Brillenträger und Millionärssohn Riccardo Paletti steht nach vielen Nichtqualifikationen im Osella endlich in der Startaufstellung, in der vorletzten Reihe. An der Boxenmauer zittert seine Mutter und wartet auf den ersten GP-Start ihres Sohnes. Sie ist extra angereist, weil man zwei Tage später den 24. Geburtstag von Riccardo zusammen feiern will.

Obwohl Pole-Mann Pironi im Ferrari verzweifelt winkt, weil sein Motor abgestorben ist, kommt das grüne Licht! Chaos, das Feld versucht am Franzosen vorbeizukommen.

De Angelis verschiebt den Ferrari leicht zur Seite. Salazar, Boesel und Mass crashen. Und da kommt aus der letzten Reihe schon Paletti. Im vierten Gang, 13'500 Touren, 215 km/h schnell. Hat der Italiener die Augen geschlossen?

Er knallt voll ins Heck des ­Pironi-Ferrari – und ist sofort ­bewusstlos. Das Lenkrad hat sich in seinen Körper gepresst. Der ­Pilot hängt aus dem Cockpit.

An der Boxenmauer bekommt Mama Paletti einen Schreikrampf, bricht zusammen, muss weggeführt werden. Eine Mutter ahnt, wenn sie ein Kind verliert. FIA-Arzt Sid Watkins ist sofort vor Ort, muss aber die Wiederbelebungsversuche abbrechen.

Der Osella hat Feuer gefangen. Nach 25 Minuten ist Paletti aus dem Wrack befreit. Der Heli-Flug ins Spital ist schon die Reise in eine andere Welt.

Der Junge aus Mailand war eigentlich das grössere Ski­talent und ein Kart-Freak. Er entschied sich dann aber mit 19 Jahren doch für den richtigen Motorsport. Was damals kaum jemand verstand.

Am Sonntag geht die Formel 1 hier in Montreal wieder auf die Reise – kaum einer wird sich beim Start an Riccardo ­Paletti erinnern. Weil damals die meisten Fahrer nicht geboren waren oder als Baby herumstrampelten. Nur der Schriftzug «Salut Gilles» wird das Feld während siebzig Runden lang begleiten.

PS. Dafür trauert die For­mel 1 seit Dienstag um Thomas Frank. Der enge Freund von Bernie Ecclestone sowie grosse Macher und OK-Präsident des GP von Ungarn erlag in Budapest im Alter von 65 Jahren einem Herzinfarkt.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?