«Väterchen» Viktor Tichonow (84) ist tot!
«Er war unser Idol»

Die Russen verblüfften unter Viktor Tichonow mit Hockey von einem anderen Stern. Dafür mussten die Spieler leiden.
Publiziert: 25.11.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 03:36 Uhr
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Erfolgstrainer: Viktor Tichonow wurde 8-mal Weltmeister und 3-mal Olympiasieger.
Foto: imago/ Werner Schulze
Von Stephan Roth und Angelo Rocchinotti

Ihr Spiel glich der Choreografie eines Balletts. Die sowjetischen Sputniks dominierten mit wenigen Ausnahmen die grossen Turniere nach Belieben.

Und an der Bande stand Viktor Wassiljewitsch Tichonow, Dirigent, Drillmeister und General in Personalunion. Unter ihm gewann die «Sbornaja» zwischen 1978 und 1992 acht Weltmeistertitel und dreimal Olympiagold.

«Er war unser Idol», sagt Kloten-Trainer Felix Hollenstein, der damals in den Achtzigerjahren mit der Schweizer Nati 2:10 oder 5:13 gegen Tichonows Überteam verlor.

In der Nacht auf gestern verstarb Tichonow in einer Moskauer Klinik im Alter von 84 Jahren nach langem Herzleiden.

«Am Sonntag versuchte ich ihn noch im Spital anzurufen, konnte ihn aber nicht erreichen», sagt Ex-Kloten-Coach Wladimir Jursinow (74), der längjährige Assistent Tichonows. «Es ist schwierig für mich. Viktor war ein guter Freund. Sein Tod ist für mich ein grosser Verlust. Es schmerzt sehr.»

Jursinow, der in Kloten lebt, reist am Mittwoch zur Beerdigung nach Moskau. «Viktor hat immer hart gearbeitet, war ein Kämpfer. Das Eishockey war sein Leben. Bis zum letzten Tag.»

Den Tiefschlag bei Olympia 1980, als die amerikanischen Amateure in Lake Placid das «Miracle on Ice» feierten, überstand Tichonow noch. Doch als der Eiserne Vorhang fiel, war es auch um Tichonow geschehen. 

«Väterchen» wurde er genannt – allerdings bestimmt nicht von seinen Spielern. Denn der Trainer kasernierte und drillte sein Team mit eiserner Hand.

«Ein Unmensch», urteilte Igor Larionow, der Center des legendären Atomblocks und einer der ersten Stars, die sich gegen ihn auflehnten, über ihn.

«Er hat keinerlei menschliche Regungen zugelassen», sagte sein langjähriger Captain Slawa Fetisow. Als Sportminister hatte er eine Feier zum 75. Geburtstag des Zuchtmeisters organisiert. Ausser ihm kam kein einziger Spieler.

«Ich respektiere Tichonow, den Trainer, aber nicht den Menschen. Es war sehr hart, teilweise unmenschlich», sagte Fribourg-Legende Slawa Bykow über seinen ehemaligen Trainer. Sein Rücken leidet noch heute unter den Folgen der mörderischen und vernunftfreien Kraftübungen unter Tichonow.

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