Fredy Rothen, dem Kloten-Flyers-Captain mit zerschmettertem Kiefer, gebührt uneingeschränkter Respekt. Wer sich für seine Mannschaft in einen Schuss wirft, demonstriert ultimative Opferbereitschaft. Nur absolute Teamspieler legen sich in gegnerische Abschlussversuche.
Kein Check, kein Stockschlag und keine Niederlage schmerzt so unbarmherzig wie ein Volltreffer mit dem Puck.
Dabei hatte Rothen einfach Pech, weil er sich eigentlich schulbuchmässig in Bezinas Schuss geworfen hat: die Schienbeinschoner auf Höhe des Pucks, das Gesicht bei den Füssen des Schützen.
Aber wohin der Puck gehen wird, wusste Rothen nicht. Dass er das Geschoss mit über 150 km/h voll auf die Fresse bekam, war einfach ein unglücklicher Zufall.
Aber was fühlt man in diesem Moment? Ein abgelenkter Befreiungsschlag hat mich in Genf einmal exakt zwischen Mund und Nase erwischt. In der Nanosekunde des Aufpralls zerlegte der Puck mit einem Schmatzen die Oberlippe in fasrige Einzelteile und schlug mir dann mit einem hässlichen Knirschen drei Zähne der Frontpartie aus dem Gesicht. Nach kurzer Pflege sammelte ich die Töggel, die wie Trident-Kaugummis auf dem Eis lagen, auf, wollte zur Pflege in die Garderobe. «Wo willst du hin?», fragte Coach McSorley. Zum Nähen, antwortete ich. «Ach so, ich dachte schon, du willst duschen gehen …», sagte der Kanadier dazu.
Rothen hats aber bös erwischt. Brüche, Operationen, Saisonende. Es gibt in der Schweiz viele Spieler, die sich wagemutig in die gegnerischen Schüsse werfen. Das beste Timing von allen hat Jan von Arx vom HC Davos. In doppelter Unterzahl liegt der Emmentaler jeweils quer vor dem eigenen Tor, fängt Pässe und Schüsse ab wie ein zweiter Goalie. Das braucht nicht nur Mut und Entschlossenheit, sondern vor allem Kaltblütigkeit.