Foto: Benjamin Soland

Landete er nur wegen einer Verwechslung in der Schweiz?
Der kleine Cadieux (†77) machte den SCB und Fribourg gross

Die Legende besagt, dass eigentlich sein Bruder Raymond und nicht Paul-André Cadieux 1970 nach Bern kommen sollte. Es kam anders. Und so prägte der Schweiz-Kanadier, der am Montag im Alter von 77 Jahren verstorben ist, das Schweizer Eishockey.
Publiziert: 17.09.2024 um 08:23 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2024 um 08:41 Uhr
Meistertitel 1975: Die Berner Spieler tragen Spielertrainer Paul-André Cadieux auf Schultern.
Foto: Blick Sport
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Eineinhalb Jahre nachdem Paul-André Cadieux aufgrund einer Infektion auch seinen zweiten Unterschenkel amputieren lassen musste, ist die Trainer-Legende, die im freiburgischen Villars-sur-Glâne lebte, im Alter von 77 Jahren gestorben. Der gebürtige Kanadier, der nach seiner Einbürgerung im Alter von 42 Jahren noch ein Länderspiel für die Nati bestritt, war eine der schillerndsten Persönlichkeiten des Schweizer Eishockeys.

1970 kam der Verteidiger in die Schweiz, die damals noch ein Eishockey-Entwicklungsland war. Er wurde Spielertrainer beim SCB. Als 23-Jähriger. Die Berner glaubten angeblich, dass sie dessen Bruder Raymond (82), einen Stürmer, der mit Kanada Olympia- und WM-Bronze gewonnen hatte, verpflichtet hatten. «Diese Legende gibt es. Aber ob sie stimmt, lassen wir mal dahingestellt», sagte Cadieux in seinem letzten grossen Interview mit Blick Ende letzten Jahres mit dem ihm eigenen Schalk.

Fakt ist: Unter dem 1,75 Meter kleinen Cadieux wurde der SCB wieder gross: Aufstieg in die NLA 1972 und gleich dreimal Meister (1974, 75 und 77). In seinen sieben Jahren in Bern wurde der leidenschaftliche Vorkämpfer, den man liebevoll «Pole» nannte, zu einem der populärsten Spieler des Klubs. 

Zwei Jahre nach seinem letzten Titel mit dem SCB schaffte er auch mit Davos, wo sein Sohn Jan (44), der Servette in den letzten beiden Jahren als Trainer zum Meistertitel und Champions-League-Triumph führte, zur Welt kam, den Aufstieg.

Die unglaubliche Karriere von Paul-André Cadieux

Der Spieler(-trainer)

1970–1978: Bern (Aufstieg in NLA 1972, Meister 1974, 1975 und 1977)
1978–1980: Davos (Aufstieg in NLA 1979)
1980–1982: Chur (NLB)
1982–1985: Fribourg (NLA, Vize-Meister 1983)
1985/86: Bern (Aufstieg in die NLA)
1986/87: Langnau (Aufstieg in die NLA)
1987–1989: Genf-Servette (Aufstieg in die NLB 1988)
1989/90: Fribourg (NLA, 2 Playoff-Spiele)
1990: Schweizer Nati (1 Spiel)

Der Trainer/Funktionär

1990–1995: Fribourg (NLA, Vize-Meister 1992, 1993 und 1994)
1995–1997: Langnau (NLB)
1997–1999: Biel (NLB)
1999–2001: Genf-Servette (NLB)
2001/02: Octodure (heute Martigny, u.a. Assistent, 1. Liga)
2002–2004: Basel (Sportchef/zeitweise Trainer, Aufstieg in die NLA 2002, Abstieg in die NLB 2003)
2004/05: Ajoie (NLB)
2005/06: La Chaux-de-Fonds (NLB)
2006–2008: Lausanne (u.a. Trainer, NLB)
2008–2013: Neuchâtel (Junioren-Trainer)

Der Spieler(-trainer)

1970–1978: Bern (Aufstieg in NLA 1972, Meister 1974, 1975 und 1977)
1978–1980: Davos (Aufstieg in NLA 1979)
1980–1982: Chur (NLB)
1982–1985: Fribourg (NLA, Vize-Meister 1983)
1985/86: Bern (Aufstieg in die NLA)
1986/87: Langnau (Aufstieg in die NLA)
1987–1989: Genf-Servette (Aufstieg in die NLB 1988)
1989/90: Fribourg (NLA, 2 Playoff-Spiele)
1990: Schweizer Nati (1 Spiel)

Der Trainer/Funktionär

1990–1995: Fribourg (NLA, Vize-Meister 1992, 1993 und 1994)
1995–1997: Langnau (NLB)
1997–1999: Biel (NLB)
1999–2001: Genf-Servette (NLB)
2001/02: Octodure (heute Martigny, u.a. Assistent, 1. Liga)
2002–2004: Basel (Sportchef/zeitweise Trainer, Aufstieg in die NLA 2002, Abstieg in die NLB 2003)
2004/05: Ajoie (NLB)
2005/06: La Chaux-de-Fonds (NLB)
2006–2008: Lausanne (u.a. Trainer, NLB)
2008–2013: Neuchâtel (Junioren-Trainer)

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«Rückblickend betrachtet war ich schon ein Sklaventreiber»

Titel gewann er keine mehr, nachdem er die Schlittschuhe 1990 an den Nagel gehängt hatte. Doch als Trainer von Fribourg eroberte er die Herzen vieler Hockey-Fans. Dreimal stand Gottéron mit den russischen Ausnahmekönnern Slawa Bykow und Andrej Chomutow im Playoff-Final.

Für das Scheitern in den Finals musste sich Cadieux Kritik gefallen lassen. Und für viele Schweizer Spieler – Bykow und Chomutow hatten davor während Jahren den tyrannischen Viktor Tichonow ertragen – waren die Methoden des Schweiz-Kanadiers, der manchen an den französischen Schauspieler und Komiker Louis de Funès (Markenzeichen: cholerische Anfälle) erinnerte, zu hart und impulsiv. «Es kam immer mal wieder vor, dass Spieler zum Präsidenten gingen und sich über meine Trainingsmethoden beschwerten. Manchmal war ich rückblickend betrachtet schon ein Sklaventreiber», gab Cadieux später zu.

Bei aller unerbittlichen Härte hatte er auch Charme und Charisma. Und seine Leidenschaft fürs Eishockey war bis ins hohe Alter so gross, dass er auch mit amputierten Unterschenkeln noch für Radio Fribourg an Spiele reiste.

Marc Crawford, ZSC Lions: 2024
Foto: keystone-sda.ch
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National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
ZSC Lions
ZSC Lions
10
10
22
2
Lausanne HC
Lausanne HC
11
10
21
3
SC Bern
SC Bern
11
9
19
4
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
11
3
19
5
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
11
0
19
6
EHC Kloten
EHC Kloten
11
1
17
7
HC Davos
HC Davos
11
1
17
8
HC Lugano
HC Lugano
9
5
16
9
SCL Tigers
SCL Tigers
10
5
14
10
EHC Biel
EHC Biel
10
-4
13
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
8
1
12
12
EV Zug
EV Zug
10
-3
12
13
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
11
-14
11
14
HC Ajoie
HC Ajoie
10
-24
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