Die ZSC Lions haben dem Begriff «Blutleere» zu einer unerwarteten Popularität verholfen. Im Dunstkreis der Zürcher gilt er jetzt schon als Unwort des Jahres. Für die Anhänger ist der Fall aber klar: Da wird nicht hart genug gearbeitet, da steckt der Finger drin, die geben kein Gas.
Von den Anhängern darf man aber auch nicht erwarten, die sozialen Gesetze einer Profigarderobe zu kennen. Von den sportlichen Verantwortlichen des Klubs (in der Regel) schon. Sie müssten aus eigener Erfahrung wissen, welche Selbstreinigungsvorgänge in einer Mannschaft stattfinden und wie es möglich gemacht werden kann, dass sich eine Gruppe bis zu einem gewissen Punkt selbst in Erregung versetzt.
Wenn ein Team nur unter ständiger Befeuerung des Trainers oder durch glückliche Umstände in Ekstase gerät, mangelt es dem Fachpersonal an der charakterlichen Durchmischung. Für den Flegel gilt das Gleiche wie für den Traumschwiegersohn: Im Übermass wirds bald mal langweilig. Fehlen einer Mannschaft aber die Wortführer (im übertragenen Sinn, das Wort kann auch schweigend ergriffen werden), fehlt der Mannschaft meist auch die Spontaneität.
Der scheinbar einfachste Weg aus diesem Dilemma ist der Weg, den die ZSC Lions seit einiger Zeit gehen: Sie reduzieren die Blutleere der Mannschaft auf das Verhalten des Trainers. Am gleichen Irrglauben scheitern manchmal die Wutbürger unter den Statistiktyrannen, die Spieler allein aufgrund ihrer Datenanalysen abschliessend beurteilen wollen und dabei die menschliche (mentale) Komponente vollkommen ausser Acht lassen.
Serge Aubin wurde mit der Höchststrafe belegt, obwohl man ihn vor dem Engagement bestimmt unters Rastermikroskop gelegt hatte. Er wurde entlassen, weil ihm der emotionale Zugang zur Mannschaft fehlte. Offenbar wurden die Zürcher Strategen plötzlich von einem wesentlichen Charakterzug Aubins überrascht – oder sie haben während der Evaluierungsphase ihren Job nicht gemacht. In derselben Patsche sitzt jetzt auch Arno Del Curto. Er ist vom Regen in die Traufe geraten. Sprichwörtlich.