Retro-Chic gerät nie aus der Mode, Grenzen gibt es fast keine. Irgendwann kommen bestimmt auch die fürchterlichen Schlaghosen aus den 70ern wieder zurück (wenn sie das nicht schon längst getan haben), es gibt eben auch Retro ohne Chic. Beim HC Lugano bricht man das Experiment mit einem frischen, kommunikativen, modischen und relativ jungen und innovativen Trainer nach den ersten Bodenwellen gleich wieder ab.
Stattdessen ergibt man sich den Zwängen eines Reflexes, den man trotz unzähligen gescheiterten Versuchen nicht loszuwerden scheint: Man vertraut auf Ehemalige. Das Attribut «Altbewährtes» ist bei Serge Pelletier nicht angebracht, weil es Pelletier in verschiedenen Versuchen in der ersten und zweiten Schweizer Liga nicht fertigbrachte, sich ein Profil zu verschaffen. Bewährt hat sich Pelletier vielleicht dann, wenn man es als Kunst erachtet, einem nordamerikanischen Netzwerk anzugehören, aus dem sich immer wieder lukrative und mit Prestige verbundene Trainerposten ergeben.
Nach dem existenziellen Wandel zu einem System mit professionellen Strukturen und dem auf Innovation bedachten Marco Werder als CEO dachte man schon, der HC Lugano sei tatsächlich auf dem Weg in die Zukunft. Jetzt vollzieht der Klub einen Rückwärtssalto und setzt auf den profillosen Pelletier, ein Schritt, der den Anschein von ausserordentlicher Hilflosigkeit verrät. Das Eishockey hat sich in den letzten drei Jahren massiv verändert und Pelletier hatte schon auf seinem letzten Posten (Ambri, bis 2015) nicht den Eindruck hinterlassen, auf Augenhöhe mit den taktischen Entwicklungen zu sein.
Was der Kanadier leisten muss, um eine Vertragsverlängerung über diese Spielzeit hinaus zu erhalten, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich dürfte es reichen, dass er schon mal da war. Oder dann muss er den Klub nur vor dem Abstieg bewahren. Eine Leistung, die wohl jeder Spaziergänger, der zufällig an der Resega vorbeischlendert, auch hinbekommen würde. Selbst wenn er Schlaghosen tragen sollte.