Darum gehts
Während des Interviews vergnügt sich Kevin Fialas Töchterchen Masie-Mae (1) im wunderschönen Haus in der pulsierenden Hollywood-City. «Ein Wirbelwind, immer mit Vollgas unterwegs. Wie ich, wie wir alle.» Der Star-Stürmer ist happy. Nach einem langen Sommer in Europa ist die junge Familie in der ersten Septemberwoche via Spanien zurück in die USA geflogen. «Wir sind total angekommen und schon wieder im Flow.»
Das Big-NHL-Business beginnt in wenigen Tagen. In der Nacht auf Mittwoch startet Fiala in der eigenen Arena gegen Colorado zur 12. Saison im Kreis der Weltbesten. Auch im vierten Jahr seines 55-Millionen-Vertrags in Südkalifornien ist der 29-Jährige als Entertainer und spektakulärer Torschütze eingeplant – bei einer Franchise, welche die Forbes-Analysten bei 2,9 Milliarden Dollar einschätzen.
Seit 2014 warten die hoch dotierten Los Angeles Kings auf ihre nächste Stanley-Cup-Krönung. Ihre neue GM-Ikone Ken Holland (69) hat im Sommer mit einer kostspieligen Transfer-Offensive die DNA des Teams verändert. «Das könnte uns in Zukunft helfen, in den Playoffs zu gewinnen», sagt Fiala.
Begonnen hat Ihr verrücktes Jahr 2025 mit den verheerenden Waldbränden in Südkalifornien – mit vielen Toten und Verwüstungen im Umland von Los Angeles.
Das war eine riesige Katastrophe. So viele Familien haben ihr Zuhause verloren, ihre Existenz, einfach alles. Ganz Los Angeles wirkte gezeichnet, die Trauer, das Entsetzen war spürbar.
Wie sehr macht die Schneise der Zerstörung den Einwohnern noch zu schaffen?
Ganz ehrlich, von dieser Tragödie hat sich die Stadt bis jetzt nicht erholt. Es wird Jahre gehen, bis alles wieder aufgebaut ist. Mir tut es unheimlich weh, wenn ich an jene Menschen denke, die ihre Häuser verloren haben!
Wenige Monate später hat das Schicksal mitten in Ihrem Familienkreis zugeschlagen. Ihre Frau Jessica hat das ungeborene Baby verloren. Welche Erinnerungen haben Sie an die dunklen Tage im letzten Mai?
Die Gefühle und aufkommenden Emotionen kann ich bis heute nicht in Worte fassen. Niemand stellt sich so etwas vor, niemand befasst sich zuvor mit einer solchen Situation. Als wir von den Ärzten die schlimme Botschaft erhielten, war eine sofortige Leere da, eine Art Starre. Wir mussten lernen, mit dem lähmenden Schmerz umzugehen. Diese traurige Geschichte wird für immer ein Teil unseres Lebens bleiben.
Haben sich die Prioritäten seit diesem persönlichen Drama verschoben?
Die Geburt unserer Tochter Masie-Mae hat unser Leben schon viel früher verändert. Sie gibt so viel zurück, ihre Energie, ihr Lachen. Da rücken die Sorgen des Alltags sofort in den Hintergrund. Das kleine Mädchen zieht uns alle in den Bann. Sie schafft es, dass ich nach Niederlagen nicht mehr schlaflos bin.
Kevin Fiala, geboren am 22. Juli 1996 in St. Gallen. Beim EHC Uzwil macht er seine ersten Schritte. Ab 2010 stürmt das Talent in der ZSC-Lions-Organisation. Im Alter von 16 schliesst sich Fiala den Malmö Redhawks an. Ein Jahr später debütiert der Stürmer in der Swedish Hockey League im Dress von HV71 und wird 2014 im NHL-Draft von den Nashville Predators in der 1. Runde gezogen. Im Februar 2019 traden die Preds den Schweizer zu Minnesota. Dank drei überragenden Saisons erspielt sich Fiala einen mit 55 Millionen Dollar dotierten Vertrag über sieben Jahre beim dreifachen Stanley-Cup-Sieger Los Angeles Kings. Aktuell steht der Flügel bei 700 NHL-Spielen, 225 Toren und 293 Assists. Mit dem Nationalteam hat der Ostschweizer 2018, 2024 und 2025 WM-Silber gewonnen. Beim Turnier vor einem Jahr wählte ihn die Jury zum MVP.
Kevin Fiala, geboren am 22. Juli 1996 in St. Gallen. Beim EHC Uzwil macht er seine ersten Schritte. Ab 2010 stürmt das Talent in der ZSC-Lions-Organisation. Im Alter von 16 schliesst sich Fiala den Malmö Redhawks an. Ein Jahr später debütiert der Stürmer in der Swedish Hockey League im Dress von HV71 und wird 2014 im NHL-Draft von den Nashville Predators in der 1. Runde gezogen. Im Februar 2019 traden die Preds den Schweizer zu Minnesota. Dank drei überragenden Saisons erspielt sich Fiala einen mit 55 Millionen Dollar dotierten Vertrag über sieben Jahre beim dreifachen Stanley-Cup-Sieger Los Angeles Kings. Aktuell steht der Flügel bei 700 NHL-Spielen, 225 Toren und 293 Assists. Mit dem Nationalteam hat der Ostschweizer 2018, 2024 und 2025 WM-Silber gewonnen. Beim Turnier vor einem Jahr wählte ihn die Jury zum MVP.
Gelingt es Ihnen generell besser, den Druck auszublenden?
Ich kann besser trennen zwischen Privatem und Beruf, ich stehe an einem anderen Punkt im Leben, bin ausgeglichener. Wenn mal kein Spieltag ist, bin ich für meine Familie da, dann dreht sich alles um Masie-Mae, dann will ich jede freie Minute mit ihr und Jessica geniessen.
Welchen Kevin Fiala werden die Hockey-Fans zu sehen bekommen?
Mal schauen! Ich versuche, nicht zu viele Erwartungen zu schüren. Ich bin in der Regel sehr hart und kritisch mit mir selber. Vielleicht tut es mir künftig gut, im Moment zu bleiben – Tag für Tag, game by game. Mein Ziel wird sein, überall, wo ich bin, zu 100 Prozent präsent zu sein. Das gilt für den Sport und mein Privatleben gleichermassen.
Was hat der Coach Jim Hiller mit Ihnen in Ihrer zwölften NHL-Saison vor?
Ich will mir da gar keinen Kopf machen. Wenn ich alles, was ich habe, aufs Eis bringe, werden wir das Ergebnis sehen. Früher waren meine Ziele immer Tore, Assists, Punkte. Jetzt geht es mehr um das grosse Bild, um die Konstanz, darum, immer möglichst nahe ans Limit zu kommen. Was am Ende auf dem Papier steht, werden wir sehen. Ich glaube, dass der Coach mit einer solchen Haltung gut leben kann. Er ist mit seiner Planung auch nicht drei Monate weiter; das tägliche Business nimmt uns alle vollauf in Anspruch.
Wie tickt Ihr Coach, der erst im Februar vor einem Jahr vom Assistenten zum Chef befördert worden ist?
Er ist unglaublich passioniert. Er liebt das Hockey, den Sport. Sein Ehrgeiz ist ansteckend. Die Balance bei ihm stimmt. Jim macht nun die zweite richtige Saison mit uns. Die Erfahrungen werden ihm helfen. Und eben: Er hat ein riesiges Hockey-Herz!
Es ist bei den Kings viel passiert in den letzten Monaten. Mit Ken Holland hat eine GM-Ikone übernommen: 34 Jahre Detroit, fünf Jahre Edmonton, vier Stanley-Cup-Siege.
Wir hatten ein Meeting übers Leben, über das Hockey, über die Zukunft, über die Vergangenheit – über alles. Ich habe ein sehr gutes Gefühl mit ihm. Ken Holland ist eine Legende und sehr lange im Geschäft. Bei ihm merkt man sofort, dass er jeden Winkel der NHL kennt und haargenau weiss, was abläuft. Er will noch einmal gewinnen, er ist noch nicht fertig.
Mit Brian Dumoulin, Cody Ceci, Joel Armia und dem 40-jährigen Altmeister Corey Perry investiert die Kings-Chefetage 37 Lohn-Millionen in eine Menge Winning-Spirit und erhöht den Erfahrungsschatz um gegen 4000 NHL-Partien.
Das war Hollands Ziel, Spieler zu transferieren, die Erfolge vorzuweisen haben und hungrig sind, weitere Finals zu erreichen. Es sind Leader gekommen, das ist schon nach wenigen Wochen im Camp zu spüren. Leider hat sich Perry verletzt (nach einer OP rund acht Wochen out, Anm. d. Red.) und kann uns vorerst nicht helfen. Aber die Perspektiven sind sehr gut. Das Team ist gut strukturiert, selbst in der vierten Linie bringen wir mehr Qualität und Erfahrung aufs Eis. Jetzt liegt es an uns Spielern, das Ganze auf die Beine zu bringen. Wir haben viel Frischluft bekommen, für die Showtime müssen wir jetzt sorgen.
Die vier Erstrunden-Niederlagen in Folge in den Playoffs gegen Edmonton tun jedem in der Kings-Gemeinde weh.
Wir müssen den nächsten Schritt machen. Es geht nicht nur um die 82 Spiele der Regular Season, und dann ist es fertig. Ganz ehrlich, ich brauchte einen Moment, die letzte Niederlage gegen die Oilers zu schlucken. Seit ich dabei bin, hätten wir zwei von drei Serien gewinnen können. Wenn es um Zentimeter geht, wenn die Luft dünn wird, ist es hilfreich, viele solcher Situationen in den Beinen zu haben. Deshalb macht die Strategie unseres General-Managers Sinn. Die neuen Spieler könnten in Zukunft unser Schlüssel sein, eine enge Serie endlich auf unsere Seite zu ziehen.
Apropos Schlüsselspieler: Captain und Kultfigur Anze Kopitar zieht sich Ende Saison nach 20 NHL-Jahren und einem Stanley-Cup-Double bei den Kings zurück.
Er ist eine Legende und für mich pure Inspiration. Anze hat die Liga während 20 Jahren dominiert, er könnte noch drei, vier Saisons weitermachen. Schade, dass er geht. Aber wir haben noch ein letztes gemeinsames Jahr vor uns. Bleiben wir im Moment, holen wir das Beste raus, schenken wir ihm die Trophäe zum Abschluss seiner grossartigen Karriere! Es wäre märchenhaft.
Sie selber haben im Sommer bereits ein kleines Märchen inszeniert: Alle schwärmten von Ihrem Charity-Spiel in Zürich vor über 10'000 Fans.
Es war eine grossartige Sache. Dass alle Schweizer Spieler gekommen sind, schätze ich enorm. So etwas ist während der Ferien alles andere als selbstverständlich. Die Feedbacks waren sehr gut. Die Jungs verbrachten eine gute Zeit zusammen, und die Fans kamen auf ihre Kosten. Was in den USA längst etabliert ist, ist in Zürich auf viel Anklang gestossen.
Sie haben die Herzen der Fans mit Ihren WM-Auftritten berührt. Wie ist Ihr imposantes Commitment für die Auswahl von Patrick Fischer zu erklären?
Ich liebe den Sport, ich liebe die Schweiz, ich liebe die Nati, die Spieler, den Stab, die Coaches. Für mich werden diese Spiele mehr und mehr zu einer Herzensangelegenheit. Die Atmosphäre ist familiär, man hilft sich gegenseitig. Und ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang Jessica. Meine Frau hält mir den Rücken frei, sie ist eine riesige Unterstützung und bremst mich nie – im Gegenteil: Sie brennt für das Team und weiss, wie wichtig mir die Schweiz ist. Ihr grünes Licht ist ein ganz grosses Ja, es befreit mich total. Dafür werde ich ihr ewig dankbar sein.
Bereits im Februar dürfte ihr Feuer wieder brennen: Olympia mit NHL-Glamour steht an, es kommt zum Clash mit dem Rekordsieger Kanada und Tschechien.
Es ist der Traum jedes Athleten, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Wenn alles normal läuft, werde ich meine Premiere erleben. Ein Bubentraum geht in Erfüllung. Die Winterspiele sind etwas vom Grössten überhaupt, und es gibt etwas zu gewinnen in Italien.