So steht Nati-Coach Fischer zu einer Bichsel-Begnadigung
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«Mega happy, wie Lian spielt»:So steht Nati-Coach Fischer zu einer Bichsel-Begnadigung

Neue Fakten im Fall Bichsel
Sagt der Hockey-Verband nicht die ganze Wahrheit?

Der Zwist mit dem Schweizer Eishockey-Verband wird NHL-Star Lian Bichsel wohl die Olympia-Teilnahme kosten.
Publiziert: 16:53 Uhr
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Aktualisiert: 17:22 Uhr
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NHL-Star Lian Bichsel steht der Nati für Olympia nicht zur Verfügung.
Foto: IMAGO/Imagn Images
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Dino KesslerLeiter Eishockey-Ressort

Lian Bichsel (21) steht der Schweizer Nationalmannschaft für Olympia im nächsten Jahr nicht zur Verfügung. Der Grund? Der Solothurner NHL-Verteidiger (Dallas Stars) ist vom Schweizer Eishockey-Verband (SIHF) bis und mit der Heim-WM 2026 gesperrt worden.

Nur um die Tragweite dieses Falles anzudeuten: Einer der besten jungen Verteidiger der Welt spielt nicht für die Schweiz, die ansonsten nicht sonderlich viele der besten jungen Verteidiger der Welt in ihren Reihen hat. Nun verdichten sich die Hinweise, dass die vermeintlichen Verfehlungen Bichsels gar nicht die Tragweite haben, wie zunächst vermutet wurde.

Gemäss neu vorliegenden Informationen war Bichsel im Sommer 2022 bereit, an der U20-WM in Edmonton teilzunehmen. Aufgrund der stattlichen Belastung in diesem Jahr (Fitness-Tests für die NHL, NHL-Draft, Sommertraining, WM-Vorbereitung, etliche Reisen nach Nordamerika) forderte Bichsels Management vor dem Trainingslager für diese WM in Absprache mit den Vertragspartnern (Dallas Stars, Leksand) aus gesundheitlichen Gründen eine Erholungspause von zwei Wochen für den Spieler. Ein Deal, den der Verband nicht eingehen wollte. Danach liess der Verband verlauten, Bichsel habe für diese WM abgesagt.

Im April 2025 initiierte Nati-Coach Patrick Fischer einen Schlichtungsversuch, bei dem sich Bichsel in einem offenen Brief (liegt Blick vor) bei der Schweizer Öffentlichkeit hätte entschuldigen müssen. Weil Bichsel dabei charakterliche Schwächen hätte eingestehen müssen, verzichtete er darauf.

Es sind die neuesten Erkenntnisse einer Saga, die mittlerweile schon über vier Jahre andauert:

Das Protokoll der Affäre Bichsel / SIHF

Erstmals Spannungen vor U20-WM

Bei der regulären U20-WM im Winter 2021/2022 in Kanada ist Bichsel (damals 18) dabei. Das Turnier muss leider aufgrund der Covid-Pandemie unterbrochen werden, wird aber im August 2022 wiederholt.

Vor dem Trainingscamp dieser U20-WM in Edmonton ersucht Lian Bichsel um eine Ruhepause von zwei Wochen, nachdem er zuvor im Frühjahr eine Hirnerschütterung erlitten hatte und sich vor den Tests für NHL-Kandidaten (Combine) Ende Mai in Buffalo (USA) wieder in Form bringen und sein Sommertraining vorantreiben musste. Bei diesen Combine-Tests der NHL hatte der Solothurner gute Werte erzielt, trotzdem musste er kurz darauf in Magglingen anrücken und weitere Tests absolvieren.

Anfangs Juli wird Bichsel von den Dallas Stars in der ersten Runde des NHL-Drafts (18. Position) in Montreal ausgewählt. Bichsels Management bekräftigte danach mehrfach – auch schriftlich – Lians Willen, bei der Junioren-WM dabei zu sein, falls man ihm diese Ruhepause zur Erholung zugestehen würde.

In einer Whatsapp-Mitteilung von Bichsels Manager Frédéric Holdener an Nati-Direktor Lars Weibel vom 14. Juli 2022 heisst es: «… Ich habe gerade mit Dallas telefoniert, Lian kann die U20-WM spielen. Auch Leksand ist damit einverstanden. Alle involvierten Parteien sind sich allerdings einig, dass Lian eine zweiwöchige Ruhepause benötigt, er könnte also am 2. August beim Team sein …». Holdener bekräftigt: «Wir hatten damals erklärt, dass wir aus gesundheitlichen Gründen um diese Pause gebeten hatten, es ging ausschliesslich um die Erholung nach einem intensiven Frühling und Sommer mit vielen Reisen und hoher Belastung.» Nati-Direktor Lars Weibel verweigerte Bichsel diese Ruhepause, daraufhin fehlte der Spieler bei der Vorbereitung und auch bei der WM. Der Verband informierte via Schweizer Medien, dass Bichsel die Einladung zur Teilnahme an der Junioren-WM abgelehnt hat.

Bei der folgenden U20-WM im Winter 2022 in Edmonton ist Bichsel dann wieder mit dabei – offenbar hatte man die Differenzen also bereinigt.

Schweden statt AHL: Bichsel geht auf Risiko

Im Frühllng 2023 absolviert Bichsel acht Spiele für die A-Nationalmannschaft, obwohl sein Vertrag bei Leksand (Sd) abgelaufen war und er bei Dallas noch keinen NHL-Vertrag unterzeichnet hatte. Ein Risiko, das Bichsel für die Nationalmannschaft auf sich nahm. Am 5. Mai zieht sich Bichsel während eines Spiels gegen Schweden einen Knöchelbruch zu und muss operiert werden. Wie sich später herausstellt, hatte es der Verband wohl verpasst, für Bichsel eine Unfallversicherung abzuschliessen. Die Kosten übernimmt sein Manager, der dafür später laut eigenen Aussagen von Bichsels privater Krankenversicherung entschädigt wird.

Am 1. Dezember 2023 wechselt Bichsel aus der AHL (Texas Stars) nach Schweden zu Rögle, weil man sich von Einsätzen in der obersten Liga Schwedens einen Entwicklungsschritt verspricht. Ein Entscheid, der von den Dallas Stars nicht nur begrüsst wird, Bichsel ist von allen Seiten unter Druck: Bei Rögle muss er sich unbedingt einen Stammplatz ergattern, deshalb verzichtet er dann auf die U20-WM in Göteborg, die am 26. Dezember beginnt. «Von vier für Lian möglichen U20-Weltmeisterschaften war das die einzige, für die er dem Verband eine Absage erteilt hat», sagt Holdener. Bichsel entwickelt sich bei Rögle danach zur festen Grösse und erreicht mit dem zuvor strauchelnden Team gar noch den Playoff-Final.

Sperre bis und mit Heimweltmeisterschaft 2026

Im April 2024 gibt die SIHF bekannt, dass Lian Bichsel bis und mit der Heimweltmeisterschaft 2026 gesperrt wird. Also auch für Olympia 2026. Der Verband begründet den Entscheid mit internen Verhaltensregeln. Dabei war von wiederholten Verstössen Bichsels die Rede, obwohl man die Differenzen von 2022 bereinigt hatte und danach nur noch die Absage für die U20-WM 2023 als Verstoss infrage kommen konnte.

Am 2. April 2025 folgt dann der bisher unbekannte Versöhnungsversuch von Nati-Coach Fischer. Der geforderte offene Brief von Bichsel kommt aber nicht zustande, weil sich der Spieler nicht vor der Schweizer Öffentlichkeit in den Staub werfen wollte.

Am 30. September 2025 flattert Bichsels Management ein Schreiben der SIHF auf den Schreibtisch. Darin versichert der Verband, dass gegen Lian Bichsel offiziell keine Sanktion ausgesprochen wurde. Damit will sich der Verband offenbar gegen rechtliche Schritte absichern. So heisst es jetzt, auf Bichsel zu verzichten, sei der Entscheid des Nati-Trainers. Und dem steht es natürlich frei, wen er für seine Mannschaft aufbieten will.

Verband reagiert verhalten

Nati-Direktor Lars Weibel sagt auf Anfrage: «Wir haben eine Verantwortung allen Spielern gegenüber, die Parameter für unsere Regeln bezüglich der Aufgebote sind für alle gleich, das ist die Basis für unsere Zusammenarbeit mit den Spielern. Wir haben wiederholt proaktiv eine Lösung mit Bichsel gesucht.»

Bis am 31. Dezember muss Patrick Fischer sein Aufgebot für Mailand an die IOC-Funktionäre übermitteln. Man könnte sich noch fragen, was die Dallas Stars davon halten, dass einer ihrer Hoffnungsträger für das grösste Turnier der Welt kaltgestellt wird. Könnte ja für Bichsel und Dallas in verschiedener Hinsicht ganz wertvoll sein, dieser direkte Vergleich mit anderen Topspielern.

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