Doping-Gefahr wegen Cannabis-Boom
Laufen unsere Athleten in die Gras-Falle?

Der CBD-Boom sorgt in der Sportwelt für Verwirrung. Viele Sportler seien sich nicht bewusst, dass sie auch mit legalen Mitteln in der Dopingkontrolle hängen bleiben könnten. Jetzt schlägt der oberste Schweizer Doping-Jäger Alarm.
Publiziert: 18.09.2019 um 15:27 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/7
Als Profi schreitet Bubba Watson (40) seit Jahrzehnten über die Golf-Plätze.
Foto: AFP
Emanuel Gisi

Mit Gras kennt er sich bestens aus. Als Profi schreitet Bubba Watson (40) seit Jahrzehnten über die Fairways, Greens und Roughs auf den Golf-Plätzen dieses Planeten. Immer dem kleinen, weissen Ball hinterher. Jetzt wagt sich der US-Star in der Materie noch weiter vor: Watson schwört neuerdings auf den Cannabis-Extrakt CBD. Legales Gras, sozusagen. 

Er tut das nicht ganz ohne Hintergedanken: Seit Mai trägt der zweifache Masters-Sieger den Werbe-Schriftzug eines Herstellers bei Turnieren auf seiner Schirmmütze.

Gegen Krämpfe und Entzündungen

So weit, so lukrativ, so legal: CBD-Produkte lösen normalerweise keinen Rausch aus, zu niedrig ist der THC-Gehalt. Sie sollen aber gegen Krämpfe, Entzündungen, Angst und Übelkeit helfen. «Das war für mich ein einfacher Entscheid», sagt Watson zu «CNN». «Da ist nichts schlechtes drin. Für mich geht es darum, so lange wie möglich auf hohem Niveau Golf spielen zu können.»

Der Haken: Sportler, die CBD konsumieren, könnten aus Versehen in der Doping-Kontrolle hängenbleiben. Das fürchtet zumindest Ernst König, der oberste Schweizer Doping-Jäger. Denn die meisten aktuell erhältlichen legalen CBD-Produkte von Zigaretten, über Öle zu Pasten, enthalten THC – und das steht auf der Dopingliste.

«Je nach Dosierung kann das ein Problem sein», sagt König, Direktor von Antidoping Schweiz, zu BLICK. Die Mehrheit der aktuell konsumierten CBD-Produkte sei bislang weder sauber deklariert, noch THC-frei.

Das zeigen auch US-Studien von staatlichen Behörden und Organisationen wie die Baseball-Profiliga MLB. Deren CBD-Produkt-Tests fanden «signifikante Mengen von psychoaktivem (und verbotenem) THC oder falsch bezifferte Anteile an CBD», wie das Magazin «Marijuana Moment» aus einem PGA-Brief an die Golf-Stars zitiert.

«Das kann sich rächen»

Das Risiko für unbeabsichtigte Dopingverstösse sieht man bei der Schweizer Antidoping-Behörde verharmlost. Auch wegen Sportlern wie Bubba Watson. «Wir sehen die Gefahr darin, dass international bekannte Stars Verträge mit CBD-Firmen abschliessen. Was denken da die anderen Athleten, wenn Weltklasse-Sportler dafür werben?», fragt König. 

Und gibt sich die Antwort selbst: «Sie haben das Gefühl, die Produkte seien unbedenklich. Das sind sie einfach nicht. Das kann sich rächen, wenn man nicht aufpasst, was man nimmt.»

WADA erhöht die Grenzwerte

Von Leistungssteigerung kann im Zusammenhang mit Cannabis nicht gesprochen werden. Darum sieht man bei Antidoping Schweiz das Wettkampf-Testen auf Cannabis zumindest skeptisch: «Es macht wenig Sinn, dass man es auf der Dopingliste führt.»

Immerhin: Die Welt-Antidoping-Agentur WADA in den letzten Jahren die Grenzwerte erhöht (auf aktuell 150 ng/mL). «Seither haben wir keinen Cannabis-Fall mehr gehabt», sagt König. Und er ist froh darüber: «Wir müssen unsere Ressourcen sinnvoll einsetzen, um Betrüger zu überführen, die ihre Leistung mit unlauteren Mitteln verbessern. Das ist bei THC-Konsumenten definitiv nicht der Fall.»

Trotz Cannabis ohne Turniersieg

Und Bubba Watson? Der zwölffache PGA-Turniersieger ist überzeugt davon, dank CBD weiter grosse Erfolge feiern zu können. «Da sind keine Chemikalien drin, die dich kaputt machen oder dich in eine Doping-Kontrolle rasseln lassen.»

Das zusätzliche Hilfsmittel scheint ihm allerdings noch nicht entscheidend weitergeholfen haben: Nachdem er vorletzte Saison drei Turniere gewann, blieb er in der 2019er-Saison ohne Sieg.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?