Die Mädchen sollen sich schön machen, basta!», hat der als «schöner Rene» bekannte deutsche Ex Europameister Rene Weller einst gefordert. Und damit ausgedrückt, was immer noch viele Männer denken. Frauen sind nicht geschaffen für den Boxsport.
Wer auch noch so denkt, nachdem er ein Training von Jacqueline Fuchs gesehen hat, ist entweder ein unverbesserlicher Macho, oder er hat keine Ahnung, zu was Frauen wirklich fähig sind.
Schwer hängt im Zürcher «David Gym» der Schweiss in der Luft. Stahlbalken halten den Kampfsportraum zusammen, die Spiegelwand gibt ihm Tiefe, der gepolsterte Boden dämpft den Hall. «Pfff», linker Haken. «Pfff-pfff-pfff», Uppercut, Haken, Gerade. «Pfff».
Jacqueline Fuchs stöhnt unter ihrer sechs Kilo schweren Gewichtsweste, unterlegt jeden Schlag mit einem harten «Ehh!». Sie tänzelt, bückt sich hinter die Deckung, wühlt sich wie eine Maus in den Infight. Springt wieder raus, weicht zurück, um ihre 65 Kilo gleich wieder vorwärts zu schleudern. Tief geduckt, kompakt, schnell auf den Beinen. Mike Tyson lächelt ihr von einem Bild an der Wand zu, sie sieht es nicht: «Schau auf mich, nicht auf den Boden», schreit ihr Gegenüber. «Du bist sonst tot, wenn deine Gegnerin gut ist».
Gladiator Luis Godzilla
Ein Mordskerl, der Jacqueline Fuchs da anspornt. 1,90 gross, 110 Kilo schwer, nur Muskeln. Die kräftigen Arme schwarz tätowiert. Sein Name: Luis Godzilla. Der 30-jährige Brasilianer ist ein Gladiator. Einer, der sein Können als Profi im «Octagon», einem Achteck mit einer mannshohen Maschendraht-Umrandung zeigt. Sein Sport heisst Mixed Martial Arts (MMA), eine extreme Disziplin des Kampfsports, die Elemente aus dem Boxen, Ringen, Judo, Taekwondo, Kickboxen, Karate und Jiu-Jitsu vereinigt. Nichts für Weicheier.
Godzilla betreut Jacqueline Fuchs seit drei Monaten. Nebst ihrem Boxtrainer «Rocky» ist er zuständig für die Fitness der 37-jährigen Zürcherin. Und scheut sich nicht, bei ihr Trainingsübungen anzuwenden, die er als knallharter Gladiator selber kennt. «Sie ist eine Maschine», sagt er über Fuchs. «Ich muss aufpassen, dass sie mich nicht ernsthaft trifft.»
Beim Wort «Folter», grinst Godzilla. Obwohl die Runden bei den Frauen nur zwei Minuten dauern, peitscht er die Boxerin im Drei-Minuten-Rhythmus der Männer durch den Raum, als müsste er sein Grinsen erklären. Boxen, Seitwärtssprünge über Kissenhürden, runter auf den Bauch, aufstehen, boxen, Sidejumps auf die andere Seite, runter auf den Bauch, aufstehen, boxen. Zuletzt schafft es Jacqueline Fuchs kaum mehr, auf die Beine zu kommen. Doch sie beisst sich durch. Frauen als Sparringpartnerinnen gibt es fast nicht in der Schweiz. Fuchs misst sich an Männern.
Schweiss und Blut
«Isch scho hart», schnauft sie. Schweiss rinnt über das Fuchs-Tattoo, das den linken Oberarm verziert. «Schweiss und Blut, das ist es, was ich brauche, um mich richtig zu spüren. Ich könnte nicht den ganzen Tag im Büro sitzen.»
Tod, Schweiss, Blut. Die Sprache der Beiden ist martialisch. «Im Ring bin ich im Krieg», sagt Fuchs. «Da will ich meine Gegnerin sezieren.» Arme Suzana Radovanovic. Die Serbin ist am 17. Dezember in Sarajewo ihre nächste Gegnerin. Darauf bereitet sich die Schweizerin, die mit einer bosnischen Lizenz boxt, intensiver vor denn je.
Die Erwartungen an ihren fünften Kampf als Profiboxerin sind riesig. Godzilla predigt seinem Schützling nicht nur die Pflicht zu siegen, sondern will, dass sie den Kampf früh durch K.o. gewinnt. «Nur mit schnellen Siegen macht man sich in diesem Sport einen Namen.» Den braucht sie, um ihr grosses Ziel trotz fortgeschrittenem Alter zu erreichen, einen WM-Kampf im Halb-Mittelgewicht bis 69,85 Kilo. Den grossen Namen hat sie zwar, allerdings erst im Thaiboxen, wo sie 2004 Amateur-Weltmeisterin und Profi-Weltmeisterin wurde.
Spagat zwischen Show und Sport
Boxen ist seit zwei Jahren ihre neue Herausforderung. Da gibts auch bei den Frauen inzwischen Geld zu verdienen. Die zurückgetretene Regina Halmich hats vorgemacht. Mit einem gekonnten Spagat zwischen Show und Sport. Sechs Millionen TV-Zuschauer sahen die Kämpfe der Deutschen «Quoten-Queen», was ihr in den Glanzzeiten eine sechsstellige Kampfbörse bescherte.
Von solchen Zahlen ist Jacqueline Fuchs weit entfernt. Ihr Profistatus bezieht sich nur auf die Art zu kämpfen. Ohne Helm und über sechs bis zehn Runden. Leben kann sie davon nicht. Fuchs verdient 100 Euro pro
Runde, plus Reisespesen. Als Zugabe bekommt sie höchstens einmal einen Strauss blaue Veilchen. Im «David-Gym» darf sie kostenlos trainieren, und die Firma «all star» unterstützt sie im Bereich Sporternährung. Mehr finanzielle Zuwendung hat sie nicht.
Das Geld, das ihr erlaubt, jeden Tag bis zu dreimal im Gym die körperlichen Grenzen zu testen, verdient sie mit ihrem Job als Personaltrainerin, Planerin und Einrichterin von Fitnessräumen. Doch momentan ordnet sie alles dem Duell am 17. Dezember unter. Es soll ein weiterer Erfolg werden im Kampf gegen die Vorurteile, die ihr als Kampfsportlerin immer noch begegnen. Und für die Realisierung ihres Traums: «Vielleicht habe ich ja mal Kinder. Wär doch schön, wenn ich dann erzählen könnte, zu was die alte Mutter früher mal fähig war.»
Geboren: 31. 7. 1971
Grösse: 164 cm
Gewicht: 65 kg
Musik: Hardrock
Hobby: Hund, Lesen
Vorbild: Mike Tyson
Grösste Erfolge: Weltmeisterin Thaiboxen 2004, Schweizermeisterin Amateurboxen 2000
1. Kampf Profiboxen: 9.2.2008
Statistik Profiboxen: 2 Siege, 1 Unentschieden, 1 Niederlage
Nächster Kampf: 17.12. gegen Suzana Radovanovic (Ser)
Geboren: 31. 7. 1971
Grösse: 164 cm
Gewicht: 65 kg
Musik: Hardrock
Hobby: Hund, Lesen
Vorbild: Mike Tyson
Grösste Erfolge: Weltmeisterin Thaiboxen 2004, Schweizermeisterin Amateurboxen 2000
1. Kampf Profiboxen: 9.2.2008
Statistik Profiboxen: 2 Siege, 1 Unentschieden, 1 Niederlage
Nächster Kampf: 17.12. gegen Suzana Radovanovic (Ser)