Zwei Jahre bedingt für LKW-Chauffeur S. H. (25) – der Vater eines Todesopfers ist entsetzt
«Unfassbar, dass der wieder fahren darf»

Zwei Jahre Knast bedingt. Dazu eine Busse von 5000 Franken. So lautet das Urteil gegen S. H.* (25). Der LKW-Chauffeur hat 2014 in Endingen ein Postauto gerammt und zwei junge Passagiere aus dem Leben gerissen. Der Vater (55) von Todesopfer Gina S.* (18) ist entsetzt.
Publiziert: 22.03.2017 um 23:54 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:03 Uhr
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Zwei Menschen auf dem Gewissen: S. H. auf dem Weg zum Bezirksgericht Zurzach.
Foto: Meier Claudio
Ralph Donghi

Vor dem Bezirksgericht Zurzach AG erschien mit S. H.* (25) gestern ein unscheinbarer Angeklagter. Der zierliche Mann mit bubenhafter Stimme lenkte den LKW, der 2014 in Endingen AG auf die Gegenfahrbahn kam. Der LKW-Chauffeur streifte damals mit seinem 25-Tonnen-Gefährt ein Postauto. Bei dem Unfall wurden die Passagiere Gina S.* (†18) und Jonas M.* (†24) getötet (BLICK berichtete).

Schon zweimal Billett weg

Von Reue war bei S. H. gestern dennoch wenig zu spüren. Auch aus der Unfallfahrt scheint er nicht wirklich gelernt zu haben. Zwar musste er sein Billett nach dem Drama für zwei Monate abgeben, doch kurz nachdem er es zurück hatte, war er es schon wieder los. Dieses Mal für einen Monat. Der Grund: S. H. wurde erwischt, wie er mit dem Auto des Arbeitgebers raste. Mittlerweile hat er sein Billett wieder.

Der Vater von Todesopfer Gina S. schüttelt in der Prozesspause den Kopf. «Ich kann das nicht verstehen», sagt Markus S.* (55) zu BLICK. «Unfassbar, dass der wieder fahren darf!»

S. H., der von seiner neuen Freundin zum Prozess begleitet wurde, versuchte sich vor Gericht zu erklären. Er wusste zwar, dass er am Morgen vor dem Unfall einen Kaffee trank, an den Unfallhergang will er aber keine Erinnerung mehr haben. Denn: «Das ging alles so schnell!»

Tränen bei Hinterbliebenen

Die Hinterbliebenen kämpften im Gerichtssaal mit den Tränen, weinten teils. Vor Gericht kam auch zur Sprache, dass sich S. H. bei den Angehörigen der Toten und Schwerverletzten erst in diesem Januar schriftlich entschuldigt hatte. Mehr als ein Jahr nach der Tragödie.

Der Staatsanwalt nahm den Angeklagten teilweise in Schutz: «Er ist kein junger Hitzkopf.» Auch sollen während der Fahrt im LKW weder Handy noch Navi bedient worden sein. Er forderte für S. H. eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und eine Busse von 5000 Franken.

Gericht folgt Antrag des Staatsanwalts

Das Gericht folgte diesem Antrag – und verurteilte S. H. unter anderem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung. Zudem muss er den Hinterbliebenen insgesamt 100'000 Franken Genugtuung zahlen.

Für das Gericht ist klar: S. H. hat den LKW nicht beherrscht, als er von der Strasse abkam. Der Vater von Gina S. spricht Klartext zum Urteil: «Für mich ist das Kuscheljustiz. Ein paar Monate Gefängnis unbedingt hätten ihm sicher nicht geschadet.» *Namen der Red. bekannt

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