Zwillingsmutter Bianca B. (38) gibt Morde an 3 Kindern zu
«Musste mich auf Céline setzen, um sie zu ersticken»

Eine Mutter, die ihre Kinder tötet. Ihr Liebstes. Und nicht weiss, warum. Das Geständnis von Bianca B.* (39) ist kaum zu ertragen.
Publiziert: 12.12.2012 um 08:31 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 01:47 Uhr
Bianca B. muss nochmal vor Gericht – sie wird beschuldigt, ihre beiden Kinder umgebracht zu haben.
Foto: ZVG
Von Viktor Dammann und Roman Neumann

Die Hausfrau aus Horgen ZH leugnete jahrelang, etwas mit dem Tod ihrer Kinder zu tun zu haben. Die Schuld schob sie auf Einbrecher, ihren Mann.

Zwar verurteilte sie das Zürcher Geschworenengericht 2010 wegen mehrfachen Mordes zu lebenslänglicher Haft. Doch Bianca B., die ihre Unschuld beteuerte, erreichte mit einem neuen Anwalt, dass das Urteil wegen ungenügender Verteidigung aufgehoben wurde.

Gestern stand Bianca B. vor dem Bezirksgericht Horgen. Und legte ein erschreckendes Geständnis ab. Sie gab nicht nur zu, ihre Zwillinge Céline und Mario (7) in der Nacht auf Heiligabend 2007 erstickt zu haben. Auch ihr Erstgeborenes Lisa (sieben Wochen) hatte die Mutter 1999 getötet.

Es ist 9 Uhr, als Bianca B. in Jeans und schwarzem Blazer zu reden beginnt. «Ich habe meine beiden Kinder erstickt», sagt sie.  Bricht in Tränen aus, vergräbt das Gesicht in ihren Händen. «Ich habe ihre Geschenke unter den Weihnachtsbaum gelegt. Später bin ich ins Zimmer meines schlafenden Sohnes gegangen. Zuerst bin ich bei Mario am Bett gesessen. Dann habe ich aus dem Nichts heraus das Kissen genommen und es ihm aufs Gesicht gedrückt.»

Als sich der Bub nicht mehr bewegte, habe sie «das Kissen auf sein Gesicht gelegt, da ich den Anblick nicht ertragen konnte.» Bianca B. erzählt, wie sie ins Zimmer von Céline geht. «Sie hat tief geschlafen. Als ich das Kissen genommen habe, ist sie aufgewacht. Sie hat sich extrem gewehrt. Umso mehr habe ich gedrückt – bis sie ruhig geworden ist. Ich musste mich auf sie setzen, um sie zu ersticken. Ich habe gedrückt und gedrückt.»

Sie habe Licht gemacht und gesehen, was sie getan habe. «Mein Gott, was hab  ich gemacht!», dachte ich mir. Dann habe sie einen Einbruch vorgetäuscht und ihren Mann geweckt.

«Wollen  Sie noch etwas offenlegen?», fragt Gerichtspräsident Reto Nadig. «Ja. Lisa, mein erstes Kind, starb nicht an plötzlichem Kindstod», schluchzt Bianca B. «Ich bin verantwortlich für das.» Das Baby wurde nur fünfzig Tage alt.

«Ich hatte nie Ruhe. An jenem Morgen habe ich gedacht: Wenn sie doch nur aufhören würde zu schreien! Ich habe ihr den Mund zugehalten. Danach ging ich duschen. Als ich nachschaute, war es so ruhig. Ich bin zu Lisa gegangen. Sie hatte ganz blaue Lippen. Ich habe den Notarzt gerufen, die Nachbarn alarmiert, doch es war zu spät.»

Aber warum hat Bianca B. ihre drei Kinder getötet? «Ich weiss es nicht. Ich kann mir selber keine Antwort geben. Ich habe meine Kinder geliebt.»

Ihre Erklärungsversuche bei der Tötung der Zwillinge sind zwiespältig: «Ich verstehe es nicht. Wir hatten für Weihnachten eingekauft und waren alle zufrieden.» Obwohl Weihnachten für sie mit unschönen Erinnerungen verbunden seien. «Ich hatte keine schöne Kindheit, mit einem gewalttätigen Alkoholiker als Vater.»

Erst auf Nachfragen sagt sie aus, dass sie nach den Festtagen ihrem Ehemann die Trennung eröffnen wollte. Die Ehe war zerrüttet. Bianca B. hatte zwei Liebhaber. Mit beiden hatte sie, drei Tage bevor sie ihre Zwillinge erstickte, Sex.

«Die ausserehelichen Affären haben nicht zu den Taten geführt», beschwört die Mutter. «Die Kinder waren keine Belastung. Ich wollte mit ihnen ein neues Leben beginnen.»

Doch heute wolle sie reinen Tisch machen. «Ich bin nicht ein Mensch, der so etwas macht. Aber ich kann mit dieser Schuld nicht mehr ­leben.»

Weshalb sie den Einbruch vorgetäuscht habe, will der Gerichtspräsident wissen.

«Lügen ist einfacher. Aber die Schuld wiegt zu schwer. Ich kann die Tat nicht mehr rückgängig machen, aber ich bin es Mario und Céline schuldig», sagt Bianca B. «Es ist ziemlich schwer, hier zu sitzen und die Tat zuzugeben, die man immer abgestritten hat. Heute bin ich hier, um die Wahrheit zu sagen. Das habe ich mir vorgenommen.»

Dem Gericht erzählte Bianca B., dass sie nach dem Tod ihres ersten Kindes Lisa aus Kummer und Schuldgefühlen fast fünfzig Kilo zugenommen habe.

Gerichtspsychiater Frank Urbaniok, der Bianca B. begutachtet hat, konfrontiert sie mit einer Aussage ihres ­Frauenarztes. Dieser habe der

94 Kilo schweren Bianca B. zu ­einer «deutlichen Gewichtsabnahme geraten. Und zwar zwei Jahre vor der Geburt von Lisa.

Die Therapeutin Marianne Minka kommt zu Wort. Sie behandelt Bianca B. seit Februar. «Wegen Depressionen.» Sie war die erste Person, der sich die Mutter anvertraute. Ihr gestand Bianca B., dass sie Lisa und acht Jahre später die Zwillinge umgebracht habe.

Nächsten Mittwoch geht der Prozess weiter. Gerichtspsychiater Urbaniok wird zu seinem Gutachten Stellung nehmen.  Die Plädoyers folgen im Januar.

*Name der Redaktion bekannt

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