Stolpern zwei Zürcher Rechtsanwälte über einen Koks-Ring? Es ist ein aussergewöhnlicher Fall, der am Mittwoch vor dem Bezirksgericht Dietikon ZH verhandelt wird: Der Zürcher Strafverteidiger Sebastian T.* hat laut Anklage versucht, den Kronzeugen in einer Kokain-Strafuntersuchung zum Schweigen zu bringen. Ein weiterer Rechtsanwalt, am Mittwoch ebenfalls auf der Anklagebank, soll ihm dabei geholfen haben.
Der Fall nahm bereits im Frühling 2018 seinen Lauf. Mehrere Mitglieder eines mutmasslichen Kokain-Rings wurden damals verhaftet. Keine kleinen Fische: Die Bande soll schon 168 bis 240 Kilo verkauft haben! Jetzt hatten die Kokain-Grosshändler aber ein Problem: Nach der Verhaftung packte einer der Dealer aus und belastete seine ehemaligen Komplizen so schwer, dass ihn die Staatsanwaltschaft als «Kronzeugen» bezeichnet.
Unter falschem Vorwand auf Knast-Besuch
Das passte den anderen Komplizen, die bei der Polizei allesamt schwiegen, natürlich nicht. Und hier kommt der angeklagte Strafverteidiger Stefan T., der einer bekannten Kanzlei angehört, ins Spiel: Er verteidigte damals einen der anderen Koks-Komplizen. Und soll versucht haben, den Kronzeugen von seinen Aussagen abzubringen.
Zuerst probierte er es über dessen Verteidigerin. Sie möge ihren Mandanten «zum Schweigen bringen», riet er dieser. Ansonsten käme es «nicht gut raus». Die versuchte Einflussnahme gelang aber nicht.
Also soll Stefan T. laut Anklage einen Anwaltskollegen ins Boot geholt haben, um den Kronzeugen endlich vom Reden abzuhalten. Die dreiste Strategie: Der Anwaltskollege beschafft sich unter falschem Vorwand das Besuchsrecht im Gefängnis. Dazu soll er angegeben haben, von der Familie des missliebigen Zeugen beauftragt worden zu sein.
Kronzeuge wurde sofort misstrauisch
Am 21. August 2018 kam es dann tatsächlich zum Treffen im Gefängnis Limmattal in Dietikon ZH. Der Anwaltskollege von Stefan T. forderte dort vom Kronzeugen abermals, seine Aussagen mit seinen Komplizen abzustimmen. Der Kronzeuge wurde aber misstrauisch und brach das Knast-Treffen ab.
Für die beiden angeklagten Anwälte könnte der Fall happige Konsequenzen haben: Wegen Anstiftung zu versuchter Begünstigung fordert die Anklage für Sebastian T. eine bedingte Haftstrafe von acht Monaten. Und für den mutmasslichen Helfer eine hohe bedingte Geldstrafe.
Der Verteidiger von Stefan T. will sich vor der Verhandlung nicht zum Fall äussern. Beim Verteidiger seines mitangeklagten Kollegen heisst es, man bestreite die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft.
*Name geändert