Diese Zwillinge haben nicht viel gemein. Sascha H.* (54) verzockte Unsummen in Online-Casinos. Sein Geschäft war verschuldet, die Ehe quasi gescheitert. So verstrickte er sich in diverse Vermögensdelikte – und schlug am Ende gar seinen eigenen Zwillingsbruder nieder! Für die Taten stand er nun vor dem Bezirksgericht Zürich.
Sascha H. machte sich die Ähnlichkeit mit seinem eineiigen Zwillingsbruder Michael zugute – und hob mit dessen Identitätskarte Geld von dessen Konto ab, nahm Kredite auf und verhökerte auch den Mercedes des Bruders. Schaden: 300'000 Franken.
Zwillingsbruder soll ausser Gefecht gesetzt werden
Als der Betrug aufzufliegen drohte, wollte Sascha H. seinen Bruder vorübergehend ausser Gefecht setzen. «Ich war wie in einer eigenen Welt und habe gedacht, dass ich bloss Zeit gewinnen muss», so der Angeklagte. Denn: «Manchmal gewann ich 10’000 Euro am Tag. Ich glaubte, ich schaffe es, das Geld rechtzeitig zurückzugeben.»
Zur Attacke auf den Bruder kam es daheim. Michael H.* sass im Ledersessel, als sein Bruder ihm von hinten einen Hammer über den Kopf zog! Doch der Getroffene hatte Glück: Er erlitt keinen Schädelbruch, dachte sogar, es sei bloss eine Ader geplatzt. «Ich habe ihn dann verarztet», schildert der Angreifer. «Die Tat war für mich schon komisch, ich habe gefühllos, mechanisch gehandelt. Erst als er sich umdrehte, war er wieder mein Bruder.»
Dennoch: Weil der schwache Hammeranschlag nicht ausreichte, um den Zwillingsbruder auszuknocken, griff Sascha H. seinen Bruder anderntags von hinten mit einem Messer an. Folge: Polizei und Handschellen. Fast neun Monate sass er daraufhin in U-Haft.
Opfer hilft Zwillingsbruder wieder auf die Beine
Mittlerweile sind die Zwillinge wieder ein Team: Sascha H. arbeitet heute gar in Michaels Unternehmen, um auf die Beine zu kommen. «Dieses brüderliche Verhältnis ist mir extrem wichtig», sagt der Angeklagte vor Gericht. «Es ist fast wieder wie früher. Die Vorfälle sind nicht vergessen, aber wir reden miteinander.» Dabei helfe ein Psychiater. Er sei vor allem wahnsinnig froh, dass sein Bruder keine Folgeschäden erlitten habe.
Auch das Opfer kam im Gerichtssaal zu Wort. «Ich bin ein Mensch, der in die Zukunft blickt, und die wollen wir positiv gestalten.» Michael H. betrachtet die Taten seines Bruders als Zusammenbruch. «Da haben verschiedene Ereignisse brutal aufeinander eingewirkt. Wir arbeiten das auf, und dann schliessen wir damit ab.»
Trotz Versöhnung: Sascha H. kassiert für die versuchte schwere Körperverletzung und die Vermögensdelikte eine dreijährige Freiheitsstrafe, wovon ein Jahr zu verbüssen ist.
* Namen geändert