Entscheid im Fall Carlos
Brian bekommt Recht – aber keine 40'000-Fr-Entschädigung

Das Zürcher Bezirksgericht hat die Klage des jungen Straftäters Brian K.* (25) gegen seine Haftbedingungen teilweise gutgeheissen. Geld bekommt er jedoch nicht.
Publiziert: 25.03.2021 um 09:19 Uhr
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Aktualisiert: 23.04.2021 um 17:18 Uhr
Hinter Sicherheitsglas: Brian K. bei einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen SRF im Gefängnis Pöschwies.
Foto: Screenshot Rundschau SRF
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Brian K.* (25) forderte 40'000 Franken Genugtuung und 16'000 Franken Schadenersatz vom Kanton Zürich. Der Grund: unmenschliche Behandlung im Gefängnis. Das Bezirksgericht Zürich gab dem Problem-Häftling jetzt Recht. Die Geldforderung lehnte das Gericht jedoch aus formellen Gründen ab, wie es am Donnerstag mitteilte.

Der als «Carlos» bekanntgewordene Brian K. hätte diese Forderungen nach Ansicht des Bezirksgerichtes innerhalb des eigentlichen Strafverfahrens stellen müssen. Dieses sei seit März 2017 aber rechtmässig abgeschlossen. Deshalb werde die Klage, was das Geld betrifft, abgewiesen.

Er musste ohne Matratze am Boden schlafen

Brian bezog sich in seiner Haftungsklage auf seine Zeit im Gefängnis Pfäffikon ZH, wo er im Januar 2017 in Sicherheitshaft sass. Zwanzig Tage lang wurde der Häftling dort in einer Einzelzelle ohne Matratze untergebracht. Als Kleidung erhielt er nur einen Poncho, weil er mit den Kleidern sonst die Toilette verstopft hätte.

Duschen wurde ihm verweigert, ebenso Spaziergänge im Hof. Eine Zahnbürste durfte er erst nach zehn Tagen nutzen, weil er diese als Waffe hätte einsetzen können. Zu essen erhielt er ausschliesslich belegte Brote. Auch dies eine Sicherheitsmassnahme, weil es dafür kein Geschirr und kein Besteck brauchte.

Gefängnisdirektor musste gehen

Der Kanton argumentierte nach einer von Justizdirektorin Jacqueline Fehr in Auftrag gegebenen Administrativuntersuchung, das Gefängnispersonal habe gar keine andere Wahl gehabt als ihn so zu behandeln. Die Zerstörungswut des muskulösen, jungen Straftäters sei grenzenlos gewesen. Trotzdem wurde jedoch der Leiter des Untersuchungsgefängnisses Pfäffikon ersetzt.

Das Bezirksgericht kam in seinem am Donnerstag publizierten Urteil zwar ebenfalls zum Schluss, dass Brian K. aggressiv und renitent war, was einen korrekten und gesundheitswahrenden Strafvollzug «stark erschwerte». Trotzdem habe der Staat eine Fürsorgepflicht. Auch bei schwierigen Gefangenen müsse er für deren Gesundheit und Wohlergehen sorgen, soweit dies möglich und zumutbar sei.

Weiterzug möglich

Obwohl das Verhalten von Brian K. eine absolute Ausnahme gewesen sei, hätte es nach Ansicht des Gerichtes «zumutbare Alternativen» gegeben. Insgesamt beurteilte das Gericht die Haftbedingungen in Pfäffikon als unzumutbar, menschenunwürdig und persönlichkeitsverletzend.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Brian K. kann seine Haftungsklage noch ans Ober- und ans Bundesgericht weiterziehen. Der 25-Jährige, der seit seiner Kindheit negativ auffällt, sitzt aktuell in der Strafanstalt Pöschwies in Sicherheitshaft. (SDA/noo)

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