Vater klagt gegen Gymnasium
Mein Sohn wird diskriminiert, weil er ein Bub ist

Ein Rechtsanwalt und stolzer Vater will den Übertritt seines Sohn ans Gymnasium gerichtlich erzwingen. Wenn es sein muss, geht Martin Hablützel bis vors Bundesgericht. Sein Argument: Buben würden Mädchen gegenüber benachteiligt.
Publiziert: 01.09.2019 um 14:56 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2019 um 17:24 Uhr
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Rechtsanwalt Martin Hablützel (hier in einer Aufnahme von 2004) legt Rekurs gegen die Nicht-Promotion seines Sohnes am Gymnasium ein.
Foto: Bruno Torricelli
Myrte Müller

Für Martin Hablützel steht fest: Dass sein Sohn Luiz (17) das Gymnasium nicht schafft, liegt nicht an der Leistung. Vielmehr sei das Schulsystem daran schuld. Es würde generell Buben benachteiligen und Mädchen fördern. Und so legt der Rechtsanwalt Rekurs dagegen ein, dass der Sohn am Zürcher Wirtschaftsgymnasium Hottingen repetieren müsste.

«Die Knaben werden an den Gymnasien diskriminiert», sagt der Vater in der «NZZ am Sonntag». Indiz dafür sei beispielsweise, dass die Fremdsprachen viel zu hoch bewertet würden. Erwiesenermassen seien Mädchen in diesen Fächern besser als Buben. Auch seien die Gymnasien auf Fleiss, Anpassung und Genauigkeit ausgerichtet – für Hablützel ganz klar «Eigenschaften, welche Mädchen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren viel stärker aufbringen als Buben».

Die Überschätzung dieser «weiblichen Tugenden» und damit die Diskriminierung der Knaben in der Schule verstosse gegen die Verfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention, so der Jurist weiter. Er würde gegen die Benachteiligung seines Sohnes, wenn nötig bis vors Bundesgericht ziehen.

Nur jeder sechste männliche Schüler schafft die Matura 

Obwohl gleich viele Buben wie Mädchen eingeschult werden, erreichen mittlerweile 25 Prozent der Mädchen die Maturität, während nur 17,5 Prozent der Jungs den Abschluss schaffen. Die Mädchen liefern zudem die besseren Noten ab. Die Statistik beunruhigt zunehmend auch Wissenschaftler und Politiker. 

«Buben sind die Bildungsverlierer des vergangenen Jahrzehnts», sagte Allan Guggenbühl kürzlich zu «CH Media». Schulreformen und die Einführung des Lehrplans 21 seien auf die Bedürfnisse der Mädchen ausgerichtet worden, so der Jugendpsychologe. Auch er beobachte, dass Sprachen einen höheren Wert erhielten. Soziale und emotionale Kompetenzen würden gestärkt. Selbstgesteuertes Lernen habe an Bedeutung gewonnen. Das alles sei schwierig für Buben, die eher von einer klaren Struktur profitieren würden. Doch der Frontalunterricht sei zunehmend Schnee von gestern.

Niklaus Schatzmann, Leiter des Mittelschul- und Berufsbildungsamtes des Kantons Zürich, hat früher selbst ein Gymi geleitet. Er sagt zu «NZZ am Sonntag», man sei den Buben mit der Verlängerung der Probezeit auf ein halbes Jahr entgegengekommen. Er verspricht: Das Gymi werde wieder bubenfreundlicher – etwa durch einer Erhöhung des Anteils mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer im Untergymnasium oder die schweizweite Einführung des Fachs Informatik. Pikant: Luiz Hablützel soll am Gymi Hottingen ausgerechnet in Physik gescheitert sein.

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