Kurz zusammengefasst
- 23-jähriger Chinese greift Kinder in Zürich an
- Hortmitarbeiterin überwältigte den Angreifer mithilfe eines Mannes
- Ein schwerverletzter und zwei mittelschwer verletzte Buben, alle 5 Jahre alt
Kurz nach Dienstagmittag bricht beim Zürcher Berninaplatz Panik aus. Die Mitarbeiterin eines städtischen Kinderhorts ist gerade mit einer Gruppe Kinder auf dem Weg zur Mittags- und Nachmittagsbetreuung, als ein Mann die Kinder plötzlich mit einem Messer angreift. Die traurige Bilanz: ein schwerverletzter und zwei mittelschwer verletzte Buben. Alle sind fünf Jahre alt. Den Angreifer nimmt die Polizei fest.
Am Mittwochmorgen wird klar: Beim Tatverdächtigen handelt es sich um den Chinesen Han L.* (23). Nun wird klar: Der mutmassliche Täter sitzt nach wie vor in Untersuchungshaft. Die Oberstaatsanwaltschaft bestätigte dies am Dienstagabend auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Weitere Angaben könne sie wegen des laufenden Verfahrens nicht machen.
«Man hat nie etwas von ihm gehört»
Von seinen Nachbarn wird L. als ruhig beschrieben. Eine Nachbarin sagt zu Blick: «Er war sehr ruhig und man hat nie etwas von ihm gehört. Ich habe auch nie mitgekriegt, dass er Besuch bekommen hat. Normalerweise hört man, wenn jemand bei den Nachbarn ein und aus geht.»
Ein Nachbar meint, dass er L. zweimal getroffen habe: «Einmal in der Waschküche, einmal im Gang. Er hat mich auf Englisch begrüsst. Aber wir haben dann nicht weitergesprochen.» Der Nachbar merkt auch an: «Das einzige Lebenszeichen, das ich aus seiner Wohnung vernehmen konnte, war der exotische Duft, wenn er kochte.» Andere Bewohner des Hauses können kaum etwas oder nichts über den jungen Chinesen sagen.
War Liebeskummer das Motiv?
Gemäss sozialen Medien war L. Masterstudent an der Universität Zürich. Auf einem Profil sind auch Bilder von Zürich zu sehen. Vor einigen Tagen zeigte er einen Mail-Screenshot über eine Veranstaltung zur Souveränität von Taiwan. Und kurz vor der Tat hat er eine Botschaft an eine Frau, die er offenbar vermisst, auf dem Profil hochgeladen. Nun wird spekuliert, dass die Tat etwas mit Liebeskummer zu tun haben könnte.
Die Tat selbst passierte am Dienstagmittag. Nach dem Angriff auf die Kinder konnte eine Hortmitarbeiterin mit ihrer mutigen Reaktion vielleicht Schlimmeres verhindert: Sie reagierte sofort, überwältigte den Angreifer mit der Hilfe von Passanten – die Helfer hielten den mutmasslichen Täter bis zum Eintreffen der Polizei fest.
Er sei gerade bei der Arbeit gewesen, als sich die Gewalttat ereignete, erklärt Helfer Mirco Brühwiler (38) gegenüber «20 Minuten». Ansonsten würden die Kinder jeweils singend vorbeilaufen. «Heute haben sie aber um Hilfe geschrien, also ging ich raus und traf diese Bilder an.» Eine Passantin habe dann sofort gesagt, jemand habe die Kinder mit einem Messer angegriffen, schildert er seine Eindrücke.
«Der Täter sass ruhig auf dem Boden»
Gegenüber dem Nachrichtenportal sagt Brühwiler weiter: «Der Täter war ruhig und sass auf dem Boden. Aber ich dachte, ich muss ihn festhalten, damit er nicht abhaut, also nahm ich ihn in den kontrollierten Griff.» Sein Handeln betrachte er als normale Zivilcourage, «wie es sich gehört». Eine Frau sei dann unterstützend dazugestossen und habe das Messer, die mutmassliche Tatwaffe, unter ihrem Fuss gehalten, erzählt der Schweizer weiter.
Die Kinder flüchteten in den nicht weit entfernten Hort. Ein 23-jähriger Chinese wurde festgenommen und auf eine Polizeiwache gebracht. Ein schwerverletzter sowie zwei mittelschwer verletzte Buben im Alter von 5 Jahren wurden durch die Sanität von Schutz & Rettung Zürich sowie anderen Rettungsdiensten medizinisch erstversorgt und anschliessend in die Spitäler transportiert. Das Motiv für die Bluttat ist laut Polizei noch unklar.
Ein Augenzeuge hat die Festnahme des mutmasslichen Täters beobachtet. Zu Blick sagt er: «Ich habe plötzlich Kindergeschrei gehört, richtig mit Angst. Ich ging ans Fenster. Und habe gesehen, wie zwei Personen einen Mann auf den Boden gedrückt haben.» Eine Frau habe die Kinder auf die andere Strassenseite gezogen. «Ich habe kein Messer gesehen, aber die Leute unten auf der Strasse haben von einem Messer gesprochen», erklärt der Zeuge weiter. Der Verhaftete habe Englisch gesprochen und hatte offenbar einen Zettel bei sich.
Eltern rannten unter Absperrung durch
In den Stunden nach dem Angriff kam es vor Ort zu chaotischen Szenen mit besorgten Eltern. Ein Vater, der sein Kind vermisste, rannte unter der Polizei-Absperrung durch. «Sein Sohn geht in diesen Hort – wir haben noch keine Infos, was passiert ist und wie es ihm geht. Er hat Panik und will wissen, was los ist», sagt eine Kollegin des Vaters.
Kurz darauf sagt der Mann aufgewühlt zu Blick: «Ich weiss nicht, ob es meinem Sohn gut geht! Die Polizei hat mich wieder weggeschickt. Ich weiss nicht, wo mein Sohn ist, sie haben mir nur gesagt, dass er unverletzt ist, aber ich kann nicht zu ihm.»
Spuren umfassend gesichert
Für eine umfassende Spurensicherung wurden die Spezialisten des Forensischen Instituts Zürich sowie das Institut für Rechtsmedizin Zürich aufgeboten. Die weiteren Ermittlungen werden durch die Kantonspolizei Zürich und die zuständige Staatsanwaltschaft geführt.
Die Oberstaatsanwaltschaft informiert am Mittwoch über den Angriff in Oerlikon. Bei dem Täter handelt es sich um einen 23-jährigen chinesischen Staatsangehörigen, der sich seit dem Sommer 2023 zu Studienzwecken in der Schweiz aufhält. Er wurde direkt nach der Tat durch die Stadtpolizei Zürich festgenommen. Nach durchgeführter Hafteinvernahme zeigte sich der Beschuldigte geständig.
Polizei informiert am Mittwoch: Alle Buben ausser Lebensgefahr
Hinweise auf Mit- oder Nebentäter ergaben sich bislang nicht, teilt die Staatsanwaltschaft weiter mit. Die Ermittlungen werden seitens der Staatsanwaltschaft und der Kantonspolizei Zürich jedoch intensiv weitergeführt.
Die Staatsanwaltschaft beantragte Untersuchungshaft beim Zwangsmassnahmengericht. Diese wurde am Donnerstag bewilligt.
UZH-Rektor Michael Schaepman verurteilt in einem internen Schreiben an alle Studenten und Mitarbeiter «Gewalttaten jeglicher Art in aller Schärfe, und ganz besonders Gewalt gegen Kinder». Es liegt Blick vor. Schaepman spricht den Kindern, ihren Familien und allen anderen Betroffenen sein Mitgefühl aus und bedankt sich bei den Einsatzkräften für ihr mutiges Eingreifen. Er sei «persönlich erschüttert» angesichts der Tat und könne sie in keiner Weise verstehen, ergänzte Schaepman.
*Name geändert
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