Umstrittener Trend
Jetzt akzeptiert auch das Kunsthaus Zürich kein Bargeld mehr

Das grösste Kunstmuseum der Schweiz akzeptiert kein Bargeld mehr – aus Kostengründen. Der Trend zum digitalen Bezahlen stösst besonders kleineren Händlern auf.
Publiziert: 11:04 Uhr
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Aktualisiert: 16:05 Uhr
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Im Kunsthaus Zürich kann man seit September 2025 nur noch digital bezahlen.
Foto: Keystone

Darum gehts

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Caroline Freigang
Beobachter

Das Zürcher Kunsthaus sorgte zuletzt für Aufregung: Seit September nimmt es nur noch digitale Zahlungen entgegen. Begründet wird der Schritt damit, dass dies nachhaltig, nutzerfreundlich, effizient und sicherer sei.

Das Kunsthaus schliesst sich damit einem Trend an: Seit der Corona-Pandemie zahlten deutlich mehr Kundinnen mit Karte, Twint oder Smartwatch. Nur noch rund 30 Prozent der alltäglichen Einkäufe werden bar beglichen. Das sorgt dafür, dass auch namhafte Läden auf Digital only umstellen. 

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Kunsthaus spart Geld

Allerdings stemmen sich besonders kleine Betriebe gegen den Digital-Trend. In Extremfällen nehmen sie aus Kostengründen nur gewisse Karten, Twint oder Bargeld an. Für kleinere Lädeli ist eine Umstellung auf digitales Bezahlen kostspielig.

Denn für jede Transaktion mit Karte oder Twint fallen Gebühren an. Und kleinere Händler haben in der Regel schlechtere Bedingungen beim Zahlungsdienstleister als grosse Händler. Wer mehr Umsatz macht, erhält tendenziell bessere Konditionen. 

Für Betriebe wie das Kunsthaus Zürich scheinen die zusätzlichen Gebühren nicht ins Gewicht zu fallen. Im Gegenteil. «Die Kosten für das Handling von Bargeld sind deutlich höher als die Transaktionsgebühren für digitales Bezahlen», sagt eine Kunsthaus-Sprecherin zum Beobachter. Also Kosten, die für die Abrechnung und den Transport von Bargeld anfallen, sowie mögliche Sicherheitsrisiken. «Mit bargeldlosen Zahlungen spart das Kunsthaus.»

Ältere Kundschaft?

Eintrittstickets sollen durch die Umstellung nicht teurer werden. Zuletzt seien ohnehin nur noch werniger als zehn Prozent der Einkäufe bar bezahlt worden, so die Sprecherin. Wer wirklich kein Handy und keine Karte dabeihat oder nicht so zahlen möchte, kann beim Restaurant Bei Moudi am Kunsthaus Eintrittstickets mit Bargeld beziehen. Diese Möglichkeit nutzten laut Kunsthaus aber nur wenige. 

Hat das Museum keine Angst, die oft wohl ältere Kundschaft mit der Umstellung zu vergraulen? Nein, der Verlust von Besuchenden liege deutlich unter 0,1 Prozent, sagt die Sprecherin. 

Versteckte Kosten

Auch die Wiesner Gastronomie mit ihren 30 Restaurants der Ketten Nooch oder Negishi hat Ende 2023 das Bargeld komplett abgeschafft. Zu diesem Zeitpunkt hätten nur noch rund 5 Prozent der Gäste bar bezahlt. 

«Dies hat nur Vorteile: schnellere Abläufe, mehr Zeit für Gäste und weniger Sicherheitsrisiken wie Diebstahl oder Betrug», sagt Co-Geschäftsführer Manuel Wiesner. Heute seien 300 Terminals im Einsatz statt wie früher 74. «Jeder Servicemitarbeiter hat ein Gerät, und der Bezahlvorgang geht schneller.»

Die Wiesners zahlten «dank Volumen und Verhandlungen» Gebühren klar unter einem Prozent, sagt Manuel Wiesner. So würden sie «50’000 Franken pro Monat sparen».

Kritik an Bargeldlos-Trend

Die Umstellung auf bargeldloses Bezahlen stösst nicht nur auf Verständnis. Es mehrt sich auch Kritik, dass rein digitales Bezahlen Personengruppen ausschliesse – ältere Personen oder solche ohne Bankkonto wie Sans-papiers. Zudem häufen sich Datenschutzbedenken und Sorgen um die Privatsphäre.

Der Konsumentenschutz äusserte sich kritisch zur Abschaffung von Bargeld im Zürcher Kunsthaus. Institutionen, die mit Steuergeldern unterstützt würden, sollten der ganzen Bevölkerung einen möglichst hindernisfreien Zugang bieten, sagte André Bähler, Leiter Politik und Wirtschaft, dem «Tages-Anzeiger». Dazu gehöre auch eine breite Akzeptanz verschiedener Zahlungsmittel. Die Zürcher SVP fordert sogar, dass dem Kunsthaus «aufgrund dieser Benachteiligung» Gelder gestrichen werden. 

Rechtlich gesehen müssen Läden eigentlich Bargeld annehmen. Diese gesetzliche Regelung ist aber bloss dispositives Recht. Sprich: Anbieterinnen und Anbieter können etwas anderes bestimmen – etwa dass man nur mit Karte zahlen kann. Sie müssen die Kundschaft aber darüber informieren. Und das, bevor diese einen Kauf tätigt. 

Ob das Kunsthaus Zürich als öffentlich geförderte Institution nicht allen den Zugang ermöglichen müsse? «Eine gesetzliche Verpflichtung besteht für uns nicht, Bargeld anzunehmen», sagt die Kunsthaus-Sprecherin. «Wir sind überzeugt, dass wir mit den Erfahrungswerten der letzten Wochen, wie auch dem Gratis-Mittwoch, allen Menschen den Zugang zum Museum ermöglichen.»

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