Momentan dauert es im Schnitt 50 Tage, bis Zürcherinnen und Zürcher in Ausbildung wissen, ob sie Stipendien oder ein Darlehen erhalten oder nicht. Mit dieser Bearbeitungsdauer ist Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte) zufrieden - allerdings nicht mit dem Aufwand, der für diese 50 Tage Frist betrieben werden muss.
Diese Frist sei nur dank befristeter Stellenaufstockungen möglich. «Das ist Geld, das wir lieber in Stipendien investieren würden», so Steiner. Aus diesem Grund soll das System vereinfacht werden.
Neu sollen etwa bis 35 keine Darlehen mehr gewährt werden sondern nur noch Stipendien. «Die Wahlmöglichkeit wurde oft nicht verstanden, was Beratung nötig machte.» Die Vorlage dazu kam am Montag ins Parlament. Mit 98 Ja zu 73 Nein entschied der Rat, auf die Vorlage einzutreten, sich also grundsätzlich damit zu befassen.
Bei der Detailberatung in der kommenden Sitzung dürfte es aber Diskussionen geben. Das Problem: Statt «nur» Vereinfachungen einzuführen, will die linke Ratsseite das System gleich umbauen.
«Das ist nicht das, was wir bestellt haben», sagte FDP-Kantonsrat Marc Bourgeois (Zürich). Es handle sich bei den Anträgen von linker Seite eindeutig um einen Ausbau. «Es ist einfach, mehr Geld zu verteilen. Die Steuerzahlenden wehren sich ja nicht.»
Auch die SVP kritisierte, dass die Linke «die Büchse der Pandora» öffne. «Von einem Systemumbau war nie die Rede», sagte Rochus Burtscher (Dietikon). Das schiesse völlig übers Ziel hinaus. «Wir sind hier nicht die Stadt Zürich.»
Für Kritik von bürgerlicher Seite sorgte insbesondere, dass gemäss SP-Antrag noch bis zu einem Alter von 60 Jahren Stipendien ausgerichtet werden sollen. Aktuell gibt es ab 35 Jahren nur noch Darlehen, die zurückgezahlt werden müssen. So werde eine neue Sozialhilfe geschaffen, kritisierten SVP und FDP.
Die SP widersprach. «Ein Gesuch wird ja nur bewilligt, wenn die Gesuchsteller oder deren Eltern die nötigen Mittel nicht haben», sagte Sibylle Jüttner (Andelfingen). Sie sehe deshalb keinen Zusammenhang mit Sozialhilfe. Ziel sei vielmehr lebenslanges Lernen für alle, unabhängig vom Reichtum.
Auch für die AL ist «Bildung kein Privileg der Jugend», wie es Lisa Letnansky (Zürich) ausdrückte. Der Kanton könne es sich nicht leisten, Menschen von der Bildung auszuschliessen.
Gleichzeitig kritisierte sie die Haltung von SVP und FDP, die lieber mehr Darlehen statt Stipendien ausrichten wollen. Dies führe dazu, dass Menschen mit Schulden in ihr Berufsleben starten würden. «Wollen wir diese Ver-Amerikanisierung wirklich?»
Die Bildungsdirektion geht nicht davon aus, dass künftig Heerscharen von 60-Jährigen ein Studium aufnehmen, selbst wenn der SP-Antrag bei der Detailberatung durchkommen sollte.
«Man hat den ewigen Uni-Studenten vor dem inneren Auge», sagte Steiner. Aber die Stipendienbezüge würden grossmehrheitlich bei 28 Jahren enden. «Der Älteste ist aktuell 34. Ab 35 gibt es keine Anträge mehr. Das System funktioniert also.»