«Sah schwarzen Panther und stach zu»
So erklärt der Killer den Mord an Ronaldo-Coiffeur

Bei einem Sex-Treffen in einem Zürcher Hotel wurde der Portugiese Tiago L. (†40) brutal getötet. Der Täter: Sein Liebhaber Gabriel R. (41). Vor Gericht erklärte er, wieso er plötzlich auf Tiago L. losging und zuschlug.
Publiziert: 13.11.2021 um 19:16 Uhr
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Tiago L. aus Madeira wurde im November 2019 brutal in einem Zürcher Hotel getötet.
Foto: Facebook

Er schlug zu – erbarmungslos. Immer wieder. Selbst als sein Opfer sich nicht mehr wehren konnte. Am Ende war die Leiche von Tiago L.* (†48) übel zugerichtet. Der Portugiese lebte seit 2017 in der Schweiz, war als Coiffeur und Maskenbildner tätig. Unter anderem sogar für Fussballstar Cristiano Ronaldo (36).

Für den brutalen Mord musste sich Gabriel R.* (41) am Freitag vor dem Bezirksgericht Zürich verantworten.

Konkret geht es um den Morgen des 1. November 2019. Damals hatten sich die beiden Männer für Sex und Drogen im Businesshotels Residence Appartements in Zürich-Albisrieden getroffen. Nicht das erste Treffen. Wieso der Brasilianer aber plötzlich austickte, war bislang unklar – bis jetzt.

«Ich schlug und schlug, sprang auf ihn und trat ihn»

Als Erklärung, wie es zu der Tat gekommen war, schilderte er eine Horrorgeschichte. Nach dem Sex mit seinem Liebhaber habe ihm dieser eine Droge gespritzt. Laut dem drogenerfahrenen Brasilianer handelte es sich um Crystal Meth, das er zuvor noch nie als Injektion konsumiert habe.

Plötzlich habe er einen schwarzen Panther gesehen, der bedrohlich fauchend und aufrecht auf zwei Beinen gehend mit einem Messer in der Hand auf ihn losgegangen sei. Er habe einen Stuhl gepackt und habe auf den Panther eingeschlagen. «Ich schlug und schlug, sprang auf ihn und trat ihn.» Er habe sich nicht mehr unter Kontrolle gehabt.

Fuhr noch ein Mal zum Hotel

Dann sei er selbst am Boden gewesen. Vom Balkon hätten zwei Personen ins Zimmer geschaut und gelacht. Auf einmal habe er einen Mann gesehen mit dem «Mund voller Blut». Irgendwann habe er den Panther nicht mehr gesehen, da sei nur eine menschliche Hand gewesen. «Ich war völlig verzweifelt».

Er habe sich dann gewaschen, irgendetwas angezogen, die Tasche genommen und das Hotel verlassen. Wenige Stunden später sei er zurückgekommen. Er habe herausfinden wollen, ob das Geschehene «Realität war oder Paranoia».

Um wie ein «normaler Hotelgast» zu wirken, habe er zwei Koffer mitgebracht. Er habe aber die Zimmernummer nicht mehr gewusst und sei wieder gegangen. Eine Putzfrau hatte ausgesagt, er habe ihr erklärt, sie solle nicht in jenes Zimmer gehen, sein Freund wolle nicht gestört werden.

«Ich fühle mich schuldig»

Er habe in der Untersuchung diese Geschichte nicht erzählt, und habe das auch jetzt nicht tun wollen. Er fürchte nämlich, als verrückt erklärt und in eine Klinik eingewiesen zu werden, sagte der Beschuldigte. Aber «innerlich hat mich die Geschichte aufgefressen».

In der Untersuchung hatte der Gabriel R. die Tat geleugnet. Vor der Verhandlung am Bezirksgericht liess er über seine Verteidigerin dem Gericht jedoch ein Schreiben zukommen, in dem er erklärte «den Tod verursacht» zu haben. Und: «Ich fühle mich schuldig.»

Eigentliche Tathergang ist eine «Blackbox»

Auf detailliertere Fragen des Gerichts gab der Mann immer wieder die Antwort, er wisse es nicht oder er habe keine Erklärung, da er unter Drogen gestanden habe. «Ich war nicht ich selbst.» Seinem Lebenspartner habe er nichts von dem Vorfall erzählt. «Ich wollte ihn nicht belasten.»

Laut dem psychiatrischen Gutachter ist der eigentliche Tathergang eine «Blackbox». Man wisse nicht genau, was vorgefallen sei. Es sei möglich, dass es sich um eine «psychotische Entgleisung» aufgrund des Drogenkonsums gehandelt habe. Dann wäre die Schuldunfähigkeit höher einzustufen als im Gutachten, wo sie als leicht vermindert bezeichnet wurde.

Prozess könnte sich verzögern

Dass er so rasch nach dem Vorfall wieder in normales Denken zurückkam, sei allerdings «eher untypisch». Man würde erwarten, dass ein solch «fulminantes Geschehen» länger nachwirke. Typisch wäre zudem eine diffusere, lückenhaftere Schilderung.

Die Verteidigerin beantragte eine Ergänzung des Gutachtens mit Einbezug des vor Gericht geschilderten Geschehens. Das Gericht wird nun darüber beraten. Heisst es den Antrag gut, verzögert sich die Fortsetzung der Hauptverhandlung. Weist es ihn ab, folgen am 19. November die Plädoyers mit den Anträgen. Der Termin der Urteilseröffnung ist noch unklar. (SDA/jmh)

* Namen geändert

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