Rechtfertigungs-Schrift publiziert
Zürich finanziert Buch von Grüsel-Lehrer

Die Stadt Zürich beteiligt sich am Buch von Daniel Saladin, worin er Kinderporno-Bilder rechtfertigt.
Publiziert: 07.04.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:10 Uhr
Umstritten: Das Cover eines Films, der bei Saladin beschlagnahmt wurde
Von Karin Baltisberger

Gestern wollte der ehemalige Lehrer Daniel Saladin (51) in Zürich aus seinem gerade erschienen Buch «Aktion S. Eine Hetzjagd nimmt ihren Lauf» lesen. Am Literargymnasium Rämibühl, an dem er unterrichtete, bevor er vor rund fünf Jahren verhaftet wurde.

Doch kurzfristig sagte Saladin ab. Er hatte sich von den Medien im Vorfeld mehr Zuspruch erhofft.

So wie er ihn von der Stadt Zürich erhielt. Das Kulturdepartement hat sich am Buch des wegen Kinderpornografie verurteilten Lehrers finanziell beteiligt, wie Sprecher Nat Bächtold gegenüber BLICK bestätigt. Es handle sich um einen «einmaligen Unterstützungsbeitrag der Literaturförderung» in der Höhe von 8000 Franken.

Die Mutter einer Schülerin hatte Saladin 2009 angezeigt, weil er das Mädchen und seine 14 bis 15 Jahre alten Klassenkameraden im Unterricht pornografischen Filmszenen und Büchern ausgesetzt haben soll.

Unter anderem ging es um das Stück «Dunkler Frühling» von Unica Zürn. Darin beschreibt die Autorin, wie ein Hund ein Mädchen im Schritt leckt. Für Daniel Saladin klar ein «literarisches Werk», wie er in seinem Buch schreibt.

Zwar sprach ein Zürcher Gericht Saladin 2011 vom Vorwurf frei, seinen Unterricht fragwürdig gestaltet zu haben. Er wurde aber zu ­einer bedingten Geldstrafe verurteilt – wegen 36 kinderpornografischer Aufnahmen, die die Behörden bei einer Hausdurchsuchung fanden. Saladin selbst spricht von «Aktfotos» für ein Kunstprojekt.

In seinem Buch, das für die Stadt Zürich zur Literatur zählt, rechnet der Lehrer mit den Justizbehörden ab. Seiner Meinung nach haben sie ihn zu Unrecht verfolgt.

Tatsächlich ist im Buch zum ersten Mal zu lesen, was auf den 36 illegalen Kinderfotos zu sehen ist. Saladin zitiert aus dem Gerichtsurteil gegen ihn:

«Nr. 6 Auf dem Bett liegend posierend, Fokus auf den Schambereich, daneben ein weiteres, minderjähriges Mädchen, dessen Genitalbereich nicht sichtbar ist.»

«Nr. 20 Gespreizte Beine, geöffnetes Kleid gibt Blick auf den Schambereich frei, lasziver Blick.»

«Nr. 28 Mit Liane, welche beim Schambereich durchläuft, posierende Haltung.»

«Nr. 193 Im Schulmädchen-Stil neckisch posierend, lasziver Blick.»

Unter anderem beschlagnahmten die Behörden bei Saladin auch den umstrittenen Film «Maladolescenza» aus dem Jahr 1977. Darin geht es um die sexuelle Beziehung von drei Jugendlichen zwischen 12 und 14 Jahren.

Eines der zwei Mädchen muss sich beim Urinieren zusehen lassen. In Deutschland ist die Originalversion verboten. Eine der Hauptdarstellerinnen war beim Drehen der Sexszenen erst elf Jahre alt.

Warum fördert Zürich Saladins Buch trotz Verurteilung?

Das Werk könne «als Beitrag zu ­einem Kapitel der Zürcher Justizgeschichte gelesen werden», schreibt Sprecher Bächtold. «Dem zuständigen Literaturressort der Kulturförderung war bewusst, dass es um einen Fall geht, der in der Vergangenheit unterschiedlich beurteilt worden ist. Dabei wurde die Sicht des Angeklagten bisher kaum thematisiert.»

Die Veröffentlichung des Buches ermögliche deshalb eine «breitere und objektivere Diskussion» der Geschichte. Der Unterstützungsbeitrag bedeute aber «keine Identifikation mit allen Aussagen des Autors».

Trotz Rechtfertigungsbuch und Zuschuss aus der Stadtkasse fühlt sich Daniel Saladin weiter unverstanden. Die Absage zu seiner Lesung begründet er so: Die «politischen Voraussetzungen» seien nicht gegeben.

Die Medien seien nur als «Sprachrohr» der im Buch kritisierten «Machtorgane» aufgetreten. Eine Lesung könne er gegenüber seiner Frau und Tochter nicht verantworten.

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