An der Hausmauer vis à vis der «Lugano Bar» liegen Blumen. Kerzen brennen. Freunde haben sie hingelegt. Immer wieder mal kommt einer vorbei. Bleibt stehen, senkt den Kopf und starrt auf die Gedenkstätte für Angelo D.* (40).
Der Chef-Türsteher war äusserst beliebt im Langstrassen-Quartier. Angelo D. war für die Sicherheit in mehreren Bars zuständig. «Er half, wo er konnte», sagt einer seiner Angestellten. Auch in seiner Freizeit. Man nannte ihn den «Engel der Langstrasse».
Seine Frau und die fünf Kinder seiner Patchwork-Familie stehen unter Schock. «Alice ist unendlich traurig», sagt ein Freund.
Angelos Hobby war Motorradfahren. Mit seiner Frau war er in einem Biker-Verein. Erst vor kurzem hatte er sich eine neue Maschine bestellt. Eine Ducati Multistrada.
Einen Tag vor seinem Tod war sie betriebsbereit. «Am Sonntag wollte er erstmals mit ihr ausfahren», erzählt sein Töffmechaniker. Er ist überzeugt: «Angelo musste sterben, weil er zu lieb war.»
Am Samstagabend, 20.45 Uhr, begegnet er seinem Mörder.
Der Quartier-Querulant
Nicola M. (40). Im Internet beschreibt er sich als «sympathisch, schlau, partysüchtig» und er lese am liebsten den «Playboy». Posiert am Strand, vor einer Kirche in seiner italienischen Heimatstadt.
Auch Nicola M. ist im Kreis 4 bekannt: als aufbrausender, aggressiver Rüpel kennt ihn das ganze Quartier. Zudem soll er sich in psychiatrischer Behandlung befinden, Antidepressiva schlucken. «Offensichtlich hat der Psychiater versagt», sagt eine Bekannte.
Auch im Job läufts schlecht: Nicolas Malergeschäft ist Pleite gegangen, er schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch.
Vor dem Mord war er 2 ½ Monate in Brasilien: Ferien mit seiner Freundin. Dort gibt sie ihm den Laufpass. Zurück in Zürich, zieht er mit seiner Pistole durch die Strassen. Packt sie sogar aus, wenn man ihn provoziert. Seine Ex hat Angst. Sucht Schutz bei Angelo.
Stunden vor dem Mord trifft Nicola M. noch in der «Biondi Bar» seine sizilianischen Jassfreunde. «Ich habe nichts geahnt», sagt einer. «Er war ganz normal.»
Am Samstagabend wird er zum Mörder. Der Maler will seine Ex-Freundin zurückholen. Mit Gewalt, wenns sein muss. Sie hat Unterschlupf gefunden bei ihrer Cousine und deren Mann Angelo.
Vor dem Wohnblock an der Rolandstrasse brüllt Nicolas M. nach seiner Ex. Dann klingelt er.
Angelo D. will ihn beruhigen. Er kennt Nicola M. schon lange. Die beiden waren sogar Freunde. In Finken öffnet er die Haustür.
Nicola M. ist aggressiv. Er packt den durchtrainierten Italiener. Sie rempeln einander an. Als Angelo stolpert greift Nicola M. zu seiner Waffe und drückt ab. Auch noch, als sein Opfer am Boden liegt.
Aus dem Fenster im 4. Stock müssen seine Frau Alice (33) und Stieftochter Joyce (15) zusehen, wie der Papa stirbt.
Der Täter ergibt sich wenig später widerstandslos der Polizei. Bei seiner Verhaftung weint er.