Obdachlose verunsichern Bank-Kunden
Willkommen im «Hotel Migros Bank»

In der Filiale der Migros Bank an der Zürcher Seidengasse schlafen öfters Obdachlose. Die Bank handle nicht, ärgert sich ein Kunde, der sich bedroht fühlt.
Publiziert: 26.05.2015 um 16:44 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:33 Uhr
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Bänkli in der Bank: In der Bancomaten-Halle der Migros Bank schläft es sich offensichtlich ganz gemütlich.
Foto: 8989-Leserreporter
Von Céline Trachsel

Mitten in der Nacht muss Boris Radtke aus beruflichen Gründen oft an den Bancomat der Migros Bank in der Zürcher Seidengasse. «Ich hebe meistens grössere Summen  ab», sagt er.

Schon dreimal ist er dabei in der Bancomaten-Halle auf Obdachlose gestossen – im April waren es sogar zwei Personen, die im «Hotel Migros Bank» nächtigten. Neben ihnen standen nicht nur Bierdosen, sie luden auch ein Mobiltelefon und ein Tablet auf.

Antwort der Bank unbefriedigend

«Solche Vorfälle regen mich total auf», sagt Radtke. «Das ist ein Sicherheitsrisiko. Der Obdachlose, den ich letzte Woche gesehen habe, öffnete auch kurz die Augen. Ich weiss ja nicht, ob der  mich gleich überfallen will.»

Per Brief hat er sich bei der Migros Bank beschwert. «Doch ich erhielt nur Floskeln als Antwort. Aber die sollen etwas machen», fordert er. Etwa Live-Überwachung per Webcam und sofort intervenieren – oder die Räume ganz schliessen und draussen ein Bancomat anbringen.

Bank will Hausverbot erteilen

Bei der Migros Bank relativiert man. «Schweizweit gesehen ist es kein Problem», sagt Urs Aeberli. «Deshalb eine Überwachungszentrale einzurichten, wäre übertrieben.» Die Bank habe von zwei Fällen in Zürich Kenntnis. Es betraf dieselbe Person. «Da hat jeweils die Polizei interveniert.»

Nur: In der einen Nacht muss der Mann zurückgekehrt sein und seinen Schlaf an der Wärme fortgesetzt haben. Nun wolle man die Personalien des Obdachlosen von der Polizei erfragen und ein Hausverbot aussprechen, sagt Aeberli.

Obdachlose sind «keine Gefahr»

Für Obdachlose zuständig sind die Patrouillen der «sip züri». Sie klappern nachts die bekannten Schlafplätze ab. Wenn sie jemanden an einem solchen Ort entdecken, sprechen sie die Personen an und empfehlen etwa eine Notschlafstelle.

«Aber oft gehen sie auch nur in solche Räume, um sich kurz aufzuwärmen», sagt Christian Fischer. Von den Obdachlosen würde in aller Regel keine Gefahr ausgehen. «Sie leben meist in sich gekehrt und wollen einfach in Ruhe gelassen werden.»

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