Serge Blondin (52) «Bobo», sitzt in seiner Bar «Redlight District» im Zürcher Chreis Cheib. Noch heute schüttelt der Ex-Präsident der Hells Angels den Kopf, wenn er an den 28. April 2004 denkt. Rund 200 Polizisten stürmten damals abends um halb neun das Hauptquartier der Hells Angels an der Langstrasse.
«Ausser sehr viel Spesen ist da wenig gewesen. Die hätten schon nach wenigen Monaten merken müssen, dass vom Vorwurf der organisierten Kriminalität keine Rede sein kann», sagt Bobo. Dass sie keine Engel waren, bestreitet er nicht. Auch nicht, dass wenn ein Hells Scheisse baut, alle für ihn da sind. Bobo: «Das ist Ehrensache, hat aber nichts mit bandenmässiger Kriminalität zu tun.»
Als er bei den Hells Angels ausstieg, sei er zuerst schon ein wenig in ein Loch gefallen. «Aber da muss man durch. Und was gewesen ist, war gut. Jetzt gehe ich alles ein bisschen ruhiger an und denke nach vorne.»
Wie sieht sein neues Leben aus? «Jeden Freitag ist jeweils Jasstag», sagt Bobo. Dazu habe er zwei Kinder im Teenie-Alter. Ein Mädchen von 13 Jahren und einen 15-jährigen Sohn. «Das ist nicht immer einfach, vor allem bei der Tochter, die meinen Grind hat.»
Und dann ist da noch sein drittes Kind, die Bar mitten im Rotlichtmilieu. «Damit verdiene ich mein Geld. Wir haben jeden Tag bis 4 Uhr morgens offen und am Wochende ist Open End. Da ist man schon gefordert», sagt er und nimmt einen Schluck Mineralwasser. «Alkohol kannst du bei diesem Job vergessen, das käme nicht gut», meint der Ex-Hells dazu.
Vor allem über Weihnachten und Neujahr boome das Geschäft. «Da sind viele depressiv und es wird viel getrunken. Aber das gibt mehr Geld. Geschäft ist Geschäft», meint er dazu lakonisch. In der Bar verkehre alles – Polizisten, Banker, Transvestiten. «Auch Journalisten zählen zu meinen Kunden», meint Bobo grinsend.
Was auffällt: Geblieben ist der Respekt. Kumpels und Gäste behandeln ihn fast ehrfürchtig. Im Chreis Cheib weiss man, wer er ist – und er hat nach wie vor Macht und Einfluss. Einmal Hells Angel – immer Hells Angel.