«Ich bin zutiefst erschüttert»
Klatsch-Tante Schwaninger verurteilt

Seit Jahrzehnten schreibt Hildegard Schwaninger über die Schönen und Reichen der Schweiz. Dabei stimmte nicht immer alles: Die Klatsch-Tante wurde wegen übler Nachrede verurteilt.
Publiziert: 15.08.2012 um 10:16 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:54 Uhr
Von Viktor Dammann und Roman Neumann

Hildegard Schwaninger (62) wird zur Kasse gebeten. Wegen eines Artikels über einen Schweizer Unternehmer (66), den sie vor vier Jahren verfasste, hatte sie eine Klage am Hals. Heute wurde sie vom Bezirksgericht zu einer bedingten Geldstrafe von 3000 Franken verurteilt.

Dazu muss Schwaninger an die Gegenpartei eine Entschädigung in der Höhe von 7500 Franken entrichten, zusätzlich fallen 3000 Franken Gerichtsgebühr sowie die Untersuchungs- und Anwaltskosten an.

Schwaninger sagt nach der Urteilsverkündung zu Blick.ch: «Ich bin zutiefst erschüttert. Ich habe meinen Artikel nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben und nicht gedacht, dass ich dafür verurteilt werde.» Sie werde gegen das Urteil Berufung einlegen.

«Undurchsichtiger Hochstapler»

Der besagte Artikel erschien 2008 im «Tages-Anzeiger» und in leicht abgeänderter Form in der dazugehörigen Online-Ausgabe. Der Unternehmer, so schrieb Schwaninger damals gemäss der Anklageschrift, sei ein «gescheiterter», «undurchsichtiger Hochstapler», der immer eine «halbseidene Lady an jedem Arm hatte». Sie schrieb über seine angeblichen Pläne, in Arizona ein zweites Las Vegas zu bauen.

Der Mann sei an einen «unversiegbaren Geldstrom angeschlossen», alle hätten sich gefragt, «woher das Geld kam». Schliesslich sei seine Firma «in Bausch und Bogen pleite» gegangen und er habe eine «Megapleite» hingelegt, schrieb Schwaninger.

Ausserdem dürfe er nicht mehr in die Schweiz einreisen. Dieser Satz wurde Schwaninger vor Gericht zum Verhängnis. Das Gericht argumentierte bei der Urteilsverkündung, eingebettet in die anderen Aussagen, müsse man bei diesem Satz annehmen, dass der Kläger verhaftet würde, wenn er Schweizer Boden betrete – das sei nachweislich falsch. Schwaninger hatte in der Untersuchung ausgesagt, sie hätte damit gemeint, er könne sich nicht mehr in der besseren Zürcher Gesellschaft sehen lassen. Ein Informant habe ihr dies mit dem Einreiseproblem gesagt.

Schon 2008 Klage eingereicht

Der Kläger hatte 2008 Klage wegen Ehrverletzung, übler Nachrede und Beschimpfung ein. Nach vier Jahren, kurz vor der Verjährung, kam der Fall vor einen Richter. Der Anwalt des Klägers hatte vor dem Bezirksgericht je nach Schuldspruch eine Geldstrafe zwischen 5300 bis 15'000 Franken gefordert. 

Der Anwalt sagte heute morgen: «Sie hat meinen Mandanten in gravierender Art in seiner Ehre verunglimpft.» Jede Zeile sei herabsetzend. Der Anwalt Schwaningers konterte: «Der ‹Tagi›-Leser erwartet in einer Gesellschaftkolumne Übertreibungen und übertriebene Formulierungen und keine Wirtschaftsartikel!» Er verlangte für seine Mandantin einen vollumfänglichen Freispruch.

Hildegard Schwaninger und der Kläger blieben der Verhandlung fern.

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