Seit Jahrzehnten fordern die Zürcher Katholiken ein eigenes Bistum. 1990 schickten sie ein offizielles Gesuch um Unabhängigkeit nach Chur, das unbeantwortet in einer Schublade verschwand. 2012 lancierten sie das Anliegen neu. Richtig Bewegung in das Dossier kam aber erst vor ein paar Wochen, als Vitus Huonder eine Umfrage ankündigte. Er wolle wissen, wie seine Mitarbeiter zu dieser Frage stehen.
Durchgeführt hat die Studie das Zentrum für Human Capital Management an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Der 11-seitige Schlussbericht liegt nun vor – mit einem unerwarteten Ergebnis: Die Begeisterung für das alte Anliegen hält sich bei den Mitarbeitern offensichtlich in Grenzen.
Ausgewertet hat das ZHAW 376 Fragebögen, verschickt worden waren etwa doppelt so viele. Der Rücklauf aus allen Regionen war etwa gleich hoch. «Die Ergebnisse können somit als repräsentativ eingestuft werden», heisst es im Schlussbericht.
Die Fragen waren offen; das heisst, die Teilnehmer konnten nicht einfach ein «Ja» oder «Nein» ankreuzen, sondern wurden gebeten, die Hauptargumente für oder gegen ein neues Bistum aufzulisten. Huonder gab also eine qualitative Meinungsumfrage im Auftrag. Aufgrund der Grösse der Stichprobe liessen sich aber auch Quantifizierungen vornehmen, hält das ZHAW fest.
Ohne Zürich kämen andere Regionen finanziell unter die Räder
Die Befürworter machten vor allem geltend, dass sich die Zürcher Gläubigen mit einem Bischof vor Ort besser identifizieren könnten – und dass die Interessen und Anliegen einer urbanen Bevölkerung stärker vertreten wären.
Gegen ein Bistum Zürich spricht laut den Befragten in erster Linie die Befürchtung, dass andere Regionen finanziell und personell unter die Räder kommen könnten. Die Zwinglistadt würde tendenziell gewinnen, die anderen Regionen – Graubünden, Glarus sowie die Urschweiz – eher verlieren. Zudem sei völlig unklar, ob Rom den Zürchern ein Mitspracherecht bei der Bischofswahl einräumen würde.
Unter dem Strich wurden «insgesamt mehr und vielfältigere Argumente» gegen ein Bistum Zürich angeführt, heisst es im Schlussbericht überraschend.
«Idee für ein Bistum Zürich noch nicht beerdigt»
Überraschend deshalb, weil viele Beobachter eher eine klare Zustimmung erwartet hatten. Huonder ist damit ein geschickter Schachzug gelungen: Er muss sich gar nicht erst selber positionieren, sondern kann jetzt darauf verweisen, dass der Ruf nach einem Zürcher Bischof in der Basis gar nicht auf jene Unterstützung zählen kann, die sich die Befürworter wohl gewünscht haben.
Vom Tisch ist das Anliegen deshalb nicht. Zwar sei es eine Tatsache, dass es «keine Los-von-Chur-Bewegung gibt», schreibt Huonder in einem Brief, den alle Mitarbeiter heute zusammen mit dem Schlussbericht erhalten. Trotzdem sei es verfrüht, die Idee für ein Bistum Zürich zu beerdigen. Zusammen mit der Zürcher Kantonalkirche will er klären, ob er nun eine kleine Kommission einsetzen soll, die das Projekt weiter prüft. «Ich bin überzeugt, dass die Umfrageresultate ein solches ergebnisoffenes Vorgehen zulassen», schreibt der Bischof.