Hasch-Jesus-Prozess
Rechtsmediziner hat so etwas «noch nie gesehen»

Seit sechs Tagen werden die Zürcher Geschworen mit den grausamen Schicksal von Mark W.’s Töchtern konfrontiert. Heute sahen sie schreckliche Bilder.
Publiziert: 06.12.2010 um 19:30 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:48 Uhr
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Von Viktor Dammann

Die kleine Salome (heute 12) leidet noch heute an den körperlichen und seelischen Misshandlungen, die ihm ihr Vater, Hasch-Jesus Mark W.* (44), und seine Frauen zugefügt hatten.

Bei der Untersuchung im Zürcher Kinderspital war ersichtlich, dass Salome systematisch hungern musste. «Jede Rippe war bei ihr unter der Brusthaut sichtbar», schildert Kinderarzt Michael M., der das Mädchen untersucht hatte.

Salome leidet an Störungen und Albträumen

Die Psychotherapeutin Christine B. (33), die Salome über drei Jahre behandelt hatte, beschreibt den seelischen Zustand des Mädchens. Obwohl es heute – weit weg von seinem Rabenvater – behütet in einer Pflegefamilie aufwächst, sei bei ihr das Erlebte noch immer sehr präsent.

«Entwicklungsstörungen und Beziehungsstörungen sind weiterhin vorhanden», sagt die Therapeutin. Das mehrfach traumatisierte Mädchen leide unter anderem an Schlafstörungen und Albträumen. In der Schule würde ihm Konzentrationsstörungen zu schaffen machen.

Salome leidet auch am Tod ihrer Halbschwester (†4). «Sie hat Schuldgefühle, dass sie Gabriela nicht helfen konnte. Dass sie nicht mit ihr weggelaufen war», so Christine B.

Gabriela sei tot und ihr gehe es nun gut, habe ihr das Mädchen gesagt. Gabriela war von Lea K.*, der damaligen Freundin des Hasch-Jesus, zu Tode geschüttelt worden.

Fotos einer 12 Kilo schweren Kinderleiche

Es war an der Grenze des Erträglichen, was sich die Geschworenen heute Morgen ansehen mussten: Fotos vom geschundenen Körper Gabrielas wurden an die Wand projeziert.

Der nur noch 12 Kilogramm schwere Leichnam des ausgehungerten Mädchens war mit Blutergüssen übersäht. An den Unterarmen, Oberarmen, dem Steissbein und an der Schulter und im Gesicht hatte das Mädchen blaue Flecken – sogar das rechte Auge war blutunterlaufen.

«Ich bin seit 1993 in der Rechtsmedizin, doch so etwas habe ich noch nie gesehen», erklärte Morten Keller-Sutter, der Leiter Forensische Medizin am Zürcher Institut für Rechtsmedizin (IRM). Der Gatte der St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter hatte das kleine Mädchen obduziert.

Schädelhöhle mit Blut gefüllt

Die Schädelhöhle war, wie auf den Bildern ersichtlich, mit Blut angefüllt. Durch das Schütteln des mageren Körpers durch Lea K. waren sämtliche Brückenvenen im Schädel abgerissen worden. Gabriela starb an den Folgen des schweren Schädel-Hirntraumas.

Was, wenn das Mädchen die Tortur überlebt hätte, will der Staatsanwalt wissen. «Eine gesundheitliche Schädigung wäre mit einiger Sicherheit zu vermuten gewesen. Siche auch eine seelische Komponente», so Keller-Sutter. Er liess offen, ob Gabriela dies im Verlaufe ihres Lebens hätte verarbeiten können.

*Name der Redaktion bekannt

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