Familie und Freunde berichten über die Methoden von Cassandra D. (27)
Sie zerstört Leben mit System

Hat Cassandra D. ihren Vater brutal abgeschlachtet? Mit dieser Frage befassen sich die Schaffhauser Richter. Die Angeklagte bezeichnet sich als unschuldig. Für die, die sie kennen, ist das blanker Hohn.
Publiziert: 17.06.2017 um 18:39 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:26 Uhr
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Zu faul für eine geregelte Arbeit, aber gut darin, andere zu manipulieren.
Marco Latzer

Vor Gericht weint sie, wirkt zierlich, harmlos. Aber Cassandra D.* (27) ist alles andere als das. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt: Sie hat im Dezember 2015 in Hemmental SH ihren Vater Rolf B.* (†56) eiskalt ermordet. Mit bis zu 49 Stichen in Hals und Nacken. Sie sei ihrem Ehemann Kenan D. (†26) zu Hilfe geeilt, als der sich einen Kampf mit ihrem Vater geliefert habe. Er endete auch für den Ehemann tödlich. Cassandra behauptet entgegen aller Beweise, die Männer hätten sich gegenseitig getötet: «Ich habe meinen Vater garantiert nicht umgebracht!» Die Anklage fordert 15 Jahre Haft wegen Mord.

Vatermörderin Andrina S.* war Cassandras Schulfreundin

Doch wer ist diese Cassandra, die sich vor Gericht wortgewandt als Unschuldslamm präsentiert? BLICK sprach mit Familienangehörigen und Freunden. Menschen, die sich aus Angst vor möglicher Rache nur anonym äussern wollen, die aber Cassandras wahres Gesicht kennen. Das Gesicht einer attraktiven Frau, die mit System Leben zerstörte.

Als Monster und Mafia-Boss wird sie beschrieben. Als eine, die Männer manipulativ und hinterlistig unter Kontrolle bringe und sie dann die Drecksarbeit erledigen lasse. Um zu bekommen, was sie wolle, sei ihr jedes Mittel recht. Auch der Gerichtsgutachter hält fest: untherapierbare Persönlichkeitsstörung!

Cassandras Probleme beginnen in der Kindheit. Sie leidet unter Dermatitis. Kontakt mit anderen Kindern hat sie kaum. «Wegen ihrer Wischmop-Frisur und ihrer pummeligen Figur wurde sie gemobbt», erzählt ein Freund aus der Schulzeit in Beringen SH. In jener Zeit pflegte Cassandra auch Kontakt mit Andrina S.* (27). Die Satanistin erstach im Juli 2011 ihren Vater Elmar (†52), verletzte ihre Mutter schwer und wurde 2014 wegen Mordes zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt.

Als Cassandra die Realschule besucht, bandelt sie mit S.B.* an. In dieser Zeit habe sie ihre Dominanz entwickelt, erzählen Freunde. Wer sich ihr widersetzte, kassierte Schläge. Das Paar lebt zusammen in Hemmental SH direkt über ihren Eltern. In einer von ihrem Vater zur Verfügung gestellten Wohnung. Weil S.B.* in Ausbildung ist und kein Geld hat, ist er seiner Freundin ausgeliefert. Als er den Mut fasst, sich von ihr zu trennen, macht ihm Cassandra das Leben zur Hölle. Sie bricht bei ihm ein, randaliert. Vor Gericht kommt heraus: Er bezahlt ihr danach über Jahre monatlich 1000 Franken – nur um Ruhe zu haben.

Nur wenig später kommt Cassandra mit M.G.* zusammen. Der junge Mann ist innert Kürze blind vor Liebe, lässt sich sogar ihren Namen tätowieren. Sie wird schwanger, die beiden heiraten. «Das Kind wurde zum Druckmittel, um ihn an sich zu binden. Auch finanziell», sagt ein Freund. Geldsorgen seien bei ihr Alltag. Sie gilt als kaufsüchtig, ist laut Freunden hoch verschuldet. Die Eltern müssen ihr finanziell unter die Arme greifen. «Sie war einfach zu faul, um zu arbeiten und kommandierte lieber andere herum», sagt ein ehemaliger Arbeitgeber. 

Dominant, überfordert und verträumt zugleich

Als das Kind zu Pflegeeltern kommt, zerbricht die Beziehung von Cassandra und M.G. Im Sommer 2015 lernt sie in der Psychiatrie Kenan D. kennen. In ihm findet sie ihr nächstes Spielzeug. Er brennt mit ihr durch. Im September heiraten sie. Nur einen Monat später prügelt Kenan D. die Eltern von Cassandra spitalreif. «Er war halt ein Choleriker, äusserst temperamentvoll!», meint Cassandra vor Gericht. Für Angehörige des Getöteten blanker Hohn: «Sie hatte ihn völlig in der Hand. Er tat, wie man ihm befahl!» So auch beim Kampf mit Cassandras Vater, der ihn das Leben kostete.

Wie wird das Gericht am Montag urteilen? Setzt sich Cassandra auch dort durch? Sie will einen Freispruch und bald wieder draussen sein. Ihr Bekanntenkreis ist angespannt. Die Angst geht um, dass sie damit durchkommt. «Ich will nicht auf ihre Abschussliste kommen», sagt ein Freund von Kenan. «Diese Frau geht über Leichen!» Er weiss: Cassandra hat alles verloren – und nichts mehr zu verlieren.

* Namen der Redaktion bekannt

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