Fall Seebach: Haupttäter auf freiem Fuss

ZÜRICH – Der Fall Seebach bewegte die Schweiz: Mehrere Schüler vergingen sich an einer 13-Jährigen. Der volljährige Rädelsführer kommt nun glimpflich davon – weil das Mädchen freiwillig mitmachte.
Publiziert: 09.06.2009 um 19:48 Uhr
|
Aktualisiert: 06.09.2018 um 19:54 Uhr

Das Zürcher Obergericht hat heute den Haupttäter im «Fall Seebach» wegen mehrfacher Vergewaltigung sowie Pornografie zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt. Den unbedingten Teil von sieben Monaten hat der Beschuldigte bereits verbüsst.

Das Obergericht blieb mit seinem Urteil deutlich unter dem Strafmass des Bezirksgerichtes. Dieses hatte den einzigen zur Tatzeit volljährige Täter im April des vergangenen zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Der schweizerisch-serbische Doppelbürger hatte zur Tatzeit die Volljährigkeit erst seit wenigen Tagen erreicht.

Gruppensex im September 2006

Ihm zur Last gelegt wurden mehrfache Vergewaltigung, Schändung, mehrfache sexuelle Handlungen mit Kindern, mehrfache Ausnützung einer Notlage sowie Pornografie. Das Bezirksgericht sah es damals als erwiesen an, dass sich der junge Täter im November 2006 in Zürich-Seebach mit andern Jugendlichen zusammen an einer 13-jährigen Schülerin sexuell vergangen hatte.

Gegen das Urteil hatten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte Berufung eingelegt. Die Anklage forderte in der Berufung eine Straferhöhung auf vier Jahre. Die Verhandlung vor Obergericht fand – wie schon vor Bezirksgericht – unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Vom Vorwurf der Schändung freigesprochen

In seinem Urteil bestätigte das Obergericht den Schuldspruch wegen mehrfacher Vergewaltigung. Bestätigt wurde auch der Vorwurf der Pornografie. Der Täter hatte die sexuellen Handlungen mit der Schülerin mit einem Mobiltelefon gefilmt.

Freigesprochen wurde der heute 20-Jährige von den Vorwürfen der Ausnützung einer Notlage. Auch eine Schändung schloss das Obergericht aus. Die Geschädigte habe wiederholt erklärt, mit dem Beschuldigten freiwillig Sex gehabt zu haben.

Als strafmindernd anerkannte das Obergericht zudem, dass es bei den Übergriffen weder zur roher Gewalt noch zu massiven Drohungen gekommen sei. Auch sei die Altersdifferenz zwischen Täter und Opfer relativ gering gewesen.

Nicht zurück ins Gefängis

Berücksichigt wurde zudem, dass der Verurteilte zur Tatzeit nur wenig über 18 Jahre alt war und im «Reifeprozess zurückgeblieben» sei. Zugute gehalten wurde dem Verurteilten auch ein positiver Therapiebericht. Eine Gutachterin hatte bereite vor Bezriksgericht eine allfällige Rückversetzung in den Strafvollzug als negativ für seine weitere Entwicklung eingeschätzt.

Mit der Strafreduktion des Obergerichtes bleibt dem Verurteilten ein weiterer Gefängnisaufenthalt erspart. Mit den 230 Tagen Untersuchungshaft ist die unbedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe von 7 Monaten bereits verbüsst. Die vom Bezirksgericht verhängte Genugtuung von 35000 Franken wurde vom Obergericht auf 20000 Franken reduziert.

Ein zwei Jahre jüngerer, zur Tatzeit noch nicht volljähriger Mittäter war vom Bezirksgericht zur Unterbringung in ein Jugendheim und zu einer ambulanten Therapie verurteilt worden. Dieser Entscheid ist bereits rechtskräftig. Vier an den sexuellen Übergriffen beteiligte Jugendliche hatten Erziehungsverfügungen erhalten, bei sieben Jugendlichen waren die Strafverfahren eingestellt worden. (SDA/hhs)

Fehler gefunden? Jetzt melden