Mit drei Schüssen in den Kopf richtete Shani S. (60) seine Ehefrau hin. Danach tötete er auch die Sozialamtschefin Daniela H. Die Bluttat von Pfäffikon erschütterte im August 2011 die Schweiz.
Jetzt steht der Kosovare vor dem Bezirksgericht Pfäffikon. Am ersten Prozesstag erscheint der Angeklagte im grauen Anzug und hellblauem Hemd. Er starrt mehrheitlich mit gebeugtem Rücken vor sich auf den Tisch, zeigt keine grosse Regung.
Sein Verteidiger Thomas Fingerhuth versucht, das psychiatrische Gutachten zu seinem Mandanten für nichtig zu erklären. Dieser Antrag wird am Mittwoch behandelt.
«Schäme mich»
Die Richterin fragt Shani S. zu Beginn über seinen Übersetzer, wie es ihm gehe. Er antwortet: «Es geht mir gut, aber ich habe Angst und ich schäme mich.» Er wird zu seinen Ehe-Problemen mit Sadete (†52) gefragt.
Begonnen hätten diese im Jahr 2008, da er keinen Geschlechtsverkehr mehr mit seiner Frau habe durchführen können. Seine Frau habe ihm darauf gesagt, dass er «kein richtiger Mann» sei. Shani S. fügt an: «Ich schäme mich, in der Öffentlichkeit darüber sprechen zu müssen.»
Sadete habe ihm dazu geraten zum Arzt zu gehen um Tabletten gegen seine Potenzprobleme zu holen. «Diese haben aber nichts gebracht.»
Zwischendurch sei es zu Gewalt gekommen. Er sagt aus, seine Kinder einige Mal geschlagen, seiner Ehefrau aber nur einmal eine Ohrfeige verpasst zu haben. Dies, weil sie ihn angelogen habe.
Ehe-Zwist ist ausgeartet
Gemäss der Anklageschrift artet der eheliche Zwist im Juni 2011 zum ersten Mal richtig aus: Shani S. streitet sich mit Sadete. Sie will sich von ihm trennen, auch seine sechs Kinder wenden sich von ihm ab. Shani S. fühlt sich in seiner Ehre verletzt und er greift zur 15 Zentimeter langen Schere: «Ich wollte ihr Angst einjagen. Damit sie mich in Ruhe lässt», sagt Shani S. vor Gericht.
Die Folge: Sadete hatte einen zirka acht Zentimeter langen Schnitt am Unterarm. Doch diesen tut Shani S. bei der Befragung als «Kratzer» ab. Er wisse nicht nicht mehr, warum und wie er seine Frau angegriffen habe. Auch die Morddrohungen gegen seine Tochter streitet er ab.
Frau zeigte ihn an
Seine Frau zeigte ihn an. Folge: Er durfte keinen Kontakt mehr zu ihr aufnehmen. Die Tage darauf schlief er im Auto und reiste dann in den Kosovo.
Die Zeit dort beschreibt er als schwierig. «Es verging kein Tag ohne Weinen. Sie nahmen mich hoch, weil meine Frau mich verlassen hat.» Er sei zum Arzt gegangen wegen der Sex-Probleme.»
Tatwaffe für 150 Franken im Kosovo gekauft
Befragt wurde Shani S. schliesslich auch zur Tatwaffe: Seinen Angaben zufolge hat er die Pistole schon mehrere Jahre vor der Tat im Kosovo erworben - für 150 Franken, von einem Unbekannten.
Am 8. August hat er die Waffe dann in die Schweiz gebracht und zunächst in Wetzikon bei einem Kino versteckt. Er kann sich heute nicht mehr erklären, weshalb er die Waffe in die Schweiz gebracht hat, sagt aber: «Ich habe sie nicht mitgenommen um jemanden zu töten.»
Er wollte die Pistole seinen Angaben zufolge einem Schwager zeigen, der ebenfalls eine Waffe besass.
In der Moschee übernachtet
Am 15. August fährt er mit seinem Auto nach Pfäffikon. Er erschiesst seine Frau und die Sozialamtsleiterin. «Am Tag vor der Tat habe ich in der Moschee übernachtet», sagt er.
Um 11 Uhr sei er durch einen Telefonanruf seiner Rechtsschutzversicherung geweckt worden. Es ging um seine Scheidung. Da verlor er offenbar die Kontrolle. «Es platzte mir etwas im Kopf. Ich funktionierte nach einem eigenen Schema», sagt er.
Zu seiner Zukunft sagt Shani S. heute vor Gericht: Er habe Zucker, Migräne, Prostataprobleme und sei über 60 Jahre alt: «Ich habe keine Zukunftspläne mehr.»
Tödliche Schüsse sind am Dienstag ein Thema
Weiter kam die Befragung heute nicht. Um die tödlichen Schüsse, die er auf seine Ehefrau und die Sozialdienstchefin abfeuerte, geht es am Dienstagvormittag.
Am Nachmittag wird ein Zeuge befragt, am Mittwoch kommen die psychiatrischen Gutachter zu Wort und am Freitag stehen die Parteienplädoyers auf dem Programm. Das Urteil wird voraussichtlich am 19. April eröffnet.
Staatsanwalt will lebenslänglich
Staatsanwalt Geisseler fordert wegen mehrfachen Mordes eine lebenslange Strafe gegen Shani S. Die Tötungen seien Hinrichtungen gleichgekommen.
Shani S. habe sich an seiner Frau gerächt, weil sie ihn verlassen wollte. Daniela H. musste sterben, weil sie ihm seiner Meinung nach zu wenig Rentenleistungen bewilligt hatte.
* Namen der Redaktion bekannt
Es ist die Chronik eines angekündigten Mordes. In seiner neunseitigen Anklageschrift schildert Staatsanwalt Roland Geisseler, wie der Kosovare Shani S.* (60) seine Familie terrorisierte – bis zum Äussersten. Und wie er der Sozialamtsleiterin von Pfäffikon ZH auflauerte, um sich zu rächen.
15. Juni 2011. Shani S. streitet sich mit Ehefrau Sadete († 52). Sie will sich von ihm trennen, auch seine sechs Kinder wenden sich von ihm ab. Shani S. fühlt sich in seiner Ehre verletzt, versucht die Familie mit Gewalt zusammenzuhalten. Er verletzt Sadete mit einer Schere. Dann droht er einer seiner Töchter mit dem Tod. Er werde alle umbringen. Die Polizei verhängt ein Kontaktverbot. Shani S. haut in seine Heimat ab.
7. Juli. Shani S. lässt seiner Tochter aus dem Kosovo ein SMS schicken. «Meine Tochter, du hast mir viel Kummer bereitet. Was meint deine Mutter und du? Wie sollen wir uns trennen in diesem Alter? Ihr solltet euch vor Gott schämen.»
8. August. Shani S. reist per Bus zurück in die Schweiz und führt eine Pistole mit: FN Herstal, Kaliber 6.35 Browning, mit fünf Patronen. Waffe und Munition versteckt er in der Nähe des Kinos Palace in Wetzikon ZH.
13. August. Shani S. holt die Waffe aus dem Versteck. Beim Reinigen der Pistole löst sich ein Schuss. Nun hat er noch vier Patronen.
15. August, kurz vor Mittag. Shani S. fährt mit seinem Auto nach Pfäffikon, wo er den Wagen gegenüber dem Gemeindehaus an der Gerichtshausstrasse parkiert. Unterwegs kontrolliert er den Ladezustand der Pistole.
Shani S. wartet im Auto. Er weiss, dass seine Ehefrau gleich das Arbeitsintegrationsprogramm der Gemeinde beendet. Als er sie sieht, folgt er ihr, packt sie am Oberarm. Er fragt, ob sie sich wirklich von ihm trennen wolle. Sadete S. will, dass er verschwindet, und sagt, sie habe einen anderen Mann.
Darauf zieht Shani S. seine Pistole, entsichert sie und feuert dreimal von ganz nah auf sein Opfer. Alle Schüsse treffen die Frau in den Kopf. Sie stirbt auf der Stelle.
Shani S. läuft darauf zum Gemeindehaus. Er will die Sozialamtsleiterin Daniela H.* († 48) töten.
Weil die Eingangstür geschlossen ist, ruft er seine Mutter im Kosovo an. Warnt sie vor Blutrache – er habe eben seine Frau erschossen.
Zwei Hinrichtungen
Sekunden später verlässt die Sozialamtschefin das Gebäude. Shani S. spricht sie an, zieht seine Waffe und schiesst ihr gezielt in die linke Kopfseite. Die Sozialamtsleiterin stirbt später im Spital.
Es ist die Chronik eines angekündigten Mordes. In seiner neunseitigen Anklageschrift schildert Staatsanwalt Roland Geisseler, wie der Kosovare Shani S.* (60) seine Familie terrorisierte – bis zum Äussersten. Und wie er der Sozialamtsleiterin von Pfäffikon ZH auflauerte, um sich zu rächen.
15. Juni 2011. Shani S. streitet sich mit Ehefrau Sadete († 52). Sie will sich von ihm trennen, auch seine sechs Kinder wenden sich von ihm ab. Shani S. fühlt sich in seiner Ehre verletzt, versucht die Familie mit Gewalt zusammenzuhalten. Er verletzt Sadete mit einer Schere. Dann droht er einer seiner Töchter mit dem Tod. Er werde alle umbringen. Die Polizei verhängt ein Kontaktverbot. Shani S. haut in seine Heimat ab.
7. Juli. Shani S. lässt seiner Tochter aus dem Kosovo ein SMS schicken. «Meine Tochter, du hast mir viel Kummer bereitet. Was meint deine Mutter und du? Wie sollen wir uns trennen in diesem Alter? Ihr solltet euch vor Gott schämen.»
8. August. Shani S. reist per Bus zurück in die Schweiz und führt eine Pistole mit: FN Herstal, Kaliber 6.35 Browning, mit fünf Patronen. Waffe und Munition versteckt er in der Nähe des Kinos Palace in Wetzikon ZH.
13. August. Shani S. holt die Waffe aus dem Versteck. Beim Reinigen der Pistole löst sich ein Schuss. Nun hat er noch vier Patronen.
15. August, kurz vor Mittag. Shani S. fährt mit seinem Auto nach Pfäffikon, wo er den Wagen gegenüber dem Gemeindehaus an der Gerichtshausstrasse parkiert. Unterwegs kontrolliert er den Ladezustand der Pistole.
Shani S. wartet im Auto. Er weiss, dass seine Ehefrau gleich das Arbeitsintegrationsprogramm der Gemeinde beendet. Als er sie sieht, folgt er ihr, packt sie am Oberarm. Er fragt, ob sie sich wirklich von ihm trennen wolle. Sadete S. will, dass er verschwindet, und sagt, sie habe einen anderen Mann.
Darauf zieht Shani S. seine Pistole, entsichert sie und feuert dreimal von ganz nah auf sein Opfer. Alle Schüsse treffen die Frau in den Kopf. Sie stirbt auf der Stelle.
Shani S. läuft darauf zum Gemeindehaus. Er will die Sozialamtsleiterin Daniela H.* († 48) töten.
Weil die Eingangstür geschlossen ist, ruft er seine Mutter im Kosovo an. Warnt sie vor Blutrache – er habe eben seine Frau erschossen.
Zwei Hinrichtungen
Sekunden später verlässt die Sozialamtschefin das Gebäude. Shani S. spricht sie an, zieht seine Waffe und schiesst ihr gezielt in die linke Kopfseite. Die Sozialamtsleiterin stirbt später im Spital.