Die Sex-Horde vom HB

Warum hat sie bis jetzt keiner gestoppt?

Beginnen wir mit dem Kosovaren Florim S.* (18). An einem Dienstag vor Morgengrauen entscheidet er sich, die Palace-Bar in Dietikon ZH zu plündern. Es ist der 16. März 2010. Erst Ende Februar ist er auf Bewährung aus dem Knast gekommen.

Mit einem Kumpel schnappt er sich vor dem Eingang ein Stehtischchen, sie schmeissen es gegen ein Fenster, steigen in die Bar ein. Die Scheiben klirren gegen 04.30 Uhr. Eine halbe Stunde lassen sie sich Zeit, tragen einen Beamer, zwei Laptops, zwei Handys, eine Flasche Alkohol, das Trinkgeld und eine Halskette aus der Bar. Wert der Beute plus Sachschaden: über 7000 Franken.

Die Überwachungskameras filmen alles. Florim wird festgenommen. Er hat schon viel gelernt: Er gibt nur gerade das zu, was ihm die Behörden nachweisen können. Im Sommer wird er verknackt. Wegen mehrfachen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen Hausfriedensbruchs kassiert er im Juli eine 90-tägige Freiheitsstrafe. Weil er die Hälfte bereits abgesessen hat, ist er schnell wieder frei.

Mit 16 flog Florim wegen «aggressiven Verhaltens» von der Schule. Jetzt schlägt er sich mit Gelegenheitsdelikten durch. Ganz wie sein grosser Bruder Naim S.* (22). Der rastet zusammen mit dem Mazedonier Hasri M.* (22) im August 2007 in der Dietiker Zino-Bar aus. Die beiden decken einen Deutschen (24) mit Prügeln und Tritten ein. Den Wirt entstellen sie mit einer zerbrochenen Bierflasche für immer.

Naim muss drei Jahre in der Strafanstalt Regensdorf ZH absitzen. Danach wird er ausgeschafft. Hasri bekommt zwei Jahre, darf in der Schweiz bleiben. In der Palace-Bar hat auch er längst Hausverbot: Weil er die Blumenkübel vor der Bar im Rausch verwüstete.

Seit Sonntag sitzt Hasri wieder. Er gilt als Anführer der Sex-Horde vom Zürcher Hauptbahnhof. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag belästigt Hasri dort eine 19-jährige Schweizerin, dann prügeln er und sieben Kollegen einen 22-jährigen Schweizer spitalreif. Unter ihnen sind der Iraker Nasser F.* (17), Hasris Bruder Metin M.* (20), der eingebürgerte Sizilianer Andrea R.* (17) – und Florim. Ihn verhaftet die Polizei am Mittwoch.

Sein Vater Ismet S.* bestätigt das: «Ja, mein Sohn wurde verhaftet. Er war am letzten Wochenende in Zürich dabei.»

Seit der Verhaftung der Sex-Horde ist Ruhe eingekehrt in Dietikon, von wo sie alle herkommen. «Der Vorfall am Hauptbahnhof hat auf die Situation in Dietikon aufmerksam gemacht. Aber was dort passiert ist, gehört hier eigentlich zum Alltag», sagt eine Dietikerin. «Die Leute haben Angst vor dieser Bande. Niemand tut etwas gegen sie, wir müssen sie erdulden. Zum Glück sind sie jetzt eingesperrt.»

Unter der Woche treffen sich die Jugendlichen auf dem Bahnhofplatz in Dietikon. «Und am Wochenende fahren sie nach Zürich. Sie trinken, kiffen, koksen. Dann bauen sie Scheisse», sagt eine 20-Jährige, «so wie am letzten Wochenende.»

Immer wieder schlägt die kriminelle Energie durch. Jetzt sitzt die Bande. Bloss: Für wie lange?

* Namen der Redaktion bekannt