Zumikon ist Opfer des eigenen Erfolgs. Wegen der bevorzugten Lage über dem Zürichsee und der tiefen Steuern ist die Gemeinde ein Magnet für Reiche. Und nur wenige Minuten mit dem Auto oder der Bahn vom Zürcher Bellevue entfernt. Ein begehrter Ort an der teuren Goldküste.
Wegen der grossen Nachfrage steigen die Mieten ständig. Eine 4,5-Zimmer-Wohnung kostet mindestens 3000 Franken, Tendenz steigend. Mittelstandsfamilien können da nicht mehr mithalten. Sie ziehen weg, neue kommen nicht nach. Zumikon vergreist.
Zu viele Rentner, zu wenig Kinder
«Wir spüren eine Überalterung. Es gibt immer weniger Kinder. Die Oberstufe mussten wir schon mit der Gemeinde Zollikon zusammenlegen», sagt Gemeindeschreiber Thomas Kauflin.
Das hat Folgen für das gesellschaftliche Leben: «Familien beleben die Gemeinde. Sie engagieren sich viel mehr als alleinstehende Reiche.» Mit Investment-Bankern lässt sich keine Milizfeuerwehr betreiben.
Damit Zumikon nicht zum kinderfreien Reichen-Ghetto wird, gibt die Gemeinde nun Gegensteuer. Der Plan: Familien mit einem Jahreseinkommen bis zu 130000 Franken erhalten Mietzuschüsse von maximal 1000 Franken.
Zumikon führt so de facto Sozialhilfe für den Mittelstand ein.
Die Vorlage muss noch vors Volk
Dafür ist die Gemeinde bereit, tief in die Kasse zu greifen. Pro Jahr werden 200000 Franken budgetiert. Wenn mehr nötig wird, kann ein Kredit von 4,8 Millionen angezapft werden.
Im Herbst kommt die Vorlage vors Volk. Die Gemeinde ist optimistisch. Laut Kauflin ist die Idee in der Schweiz einmalig. Besonders aufmerksam beobachten die Nachbargemeinden an der Goldküste das Pionierprojekt. Auch sie kämpfen mit den gleichen Luxusproblemen.
«In Meilen versuchen wir günstige Wohnungen anzubieten, indem wir Genossenschaften gemeindeeigenes Land im Baurecht günstig zur Verfügung stellen. So kostet eine 4,5-Zimmer-Wohnung rund 2500 Franken», sagt Christoph Hiller, Gemeindepräsident von Meilen. Den Zumiker Weg sieht er skeptisch: «Mietzuschüsse haben Almosencharakter.»
Steckt ein anderes Motiv dahinter?
Skeptisch ist auch Ökonom Reiner Eichenberger, der ebenfalls an der Goldküste wohnt: «Schlussendlich finanzieren so nicht nur Reiche, sondern auch viele Mittelständler einige wenige Mittelständler.»
Er vermutet, dass die Mietzuschüsse einen weiteren, weniger edlen Grund haben: «Für extrem reiche Gemeinden lohnt es sich, Mittelständler zu halten. Denn dadurch müssen sie weniger zum Finanzausgleich beitragen.»
Grundsätzlich gegen Subventionen für den Mittelstand ist der parteilose Bruno Schneller aus der Nachbargemeinde Küsnacht: «Die Politik darf nicht sagen, wie die Durchmischung einer Gemeinde sein soll. Man siedelt in Zürich-Altstetten ja auch keine Reichen an.»
Er glaubt, dass die Ansprüche der Mieter generell zu hoch sind: «Ich würde auch gerne in einer schöneren Wohnung wohnen. Nur weil ich sie mir nicht leisten kann, fordere ich nicht Unterstützung von der Gemeinde an.»