Alle wollen die Zürcher 6-Zimmer-Bleibe mieten
500 Interessenten für ein einziges Haus

Ali H.* (30) will mit seiner Frau und den drei Kindern in ein Haus am Rieterpark einziehen. 500 andere Leute wollen das auch und stehen am Montagnachmittag Schlange für die Besichtigung.
Publiziert: 05.03.2018 um 18:35 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:45 Uhr
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500 Personen wollen dasselbe Haus
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Extremer Andrang bei Besichtigung:500 Personen wollen dasselbe Haus
Anastasia Mamonova

BLICK-Leser Ali H.* (30) traut seinen Augen nicht, als er am Montagnachmittag zur Hausbesichtigung im Zürcher Kreis 2 erscheint. «Vor mir standen 300 Leute an! Und das eine halbe Stunde vor dem offiziellen Besichtigungstermin», sagt der Primarlehrer zu BLICK. Eine Stunde später waren noch mal so viele hinter ihm. «Ich habe vermutet, dass es viele Leute sein werden. Aber ich hätte nie gedacht, dass sie schon so früh da sind. Einige standen schon eine Stunde vor dem Termin vor der Tür», sagt H.

Beim Mietobjekt der Begierde handelt es sich um ein Einfamilienhaus mit sechs Zimmern für 2500 Franken im Monat. Die 134 Quadratmeter grosse Liegenschaft an der Gablerstrasse 3 gehört der Stadt Zürich. 

Ali H.* hat drei Kinder – zwei Mädchen (2 und 4) und einen Buben (6 Monate). Dennoch schätzt er seine Erfolgschancen als sehr klein an. «Es gibt Familien hier, die mit mehr als drei Kindern anstehen. Wahrscheinlich wird jemand von ihnen das Haus bekommen.»

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500 Leute wollen sich das Einfamilienhaus für 2500 Franken Monatsmiete ansehen.
Foto: BLICK-Leserreporter

«Solchen Andrang noch nie gesehen»

Er und seine Familie wohnen derzeit in einer Viereinhalb-Zimmer-Wohnung in Buchs ZH und suchen eine grössere Bleibe. «Bei der Besichtigung einer Genossenschaftswohnung in der Stadt Zürich musste ich auch mal mit 250 Leuten anstehen, aber einen solchen Andrang wie hier habe ich noch nie gesehen.»

Die Stimmung sei trotzdem entspannt. Einige Leute kennen sich vom Spielplatz ihrer Kinder. «Man hat fast keine andere Wahl. Es gibt nur dieses eine Zeitfenster, und deswegen kommen die Familien früher her. Ausserdem ist das Haus denkmalgeschützt und wird nicht wie andere in einigen Jahre abgerissen. Darum harren die Leute auch so lange aus», sagt H. Junge Menschen dagegen verlassen die Schlange. «Sie rechnen sich vermutlich gar keine Chancen aus, weil sie möglicherweise WGs gründen wollen und gehen darum gleich.»

In das Haus schafft es Ali H. nicht mehr. «Sie lassen uns nicht mehr rein, und es hat auch keine Anmeldeformulare mehr», sagt er eine halbe Stunde nach offiziellem Besichtigungsschluss. Man könne aber die Adresse hinterlassen und sich das Formular so zukommen lassen. «Ich mache es jetzt einfach mal», sagt er.

Gigantische Schlange von Wohnungssuchenden bei der Besichtigung einer Musterwohnung der Wohnungssiedlung Kronenwiese am 3. Juni 2016.
Foto: WALTER BIERI

Es ist nicht das erste Mal, dass sich in Zürich lange Schlangen bilden, wenn es um günstige Wohnungen geht. 2016 wollten rund 6000 Bewerber 89 Wohnungen in der Siedlung Kronenwiese ansehen.

*Name der Redaktion bekannt

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