Nach jedem Essen plagten sie heftige Krämpfe in der Brust, sagte eine 87-jährige Schweizerin ihren Ärzten. Innert weniger Monate nahm sie fünfeinhalb Kilogramm ab.
Bei einer Endoskopie stellten die Ärzte fest: Bei jedem Schlucken verdreht sich die Speiseröhre der Frau spiralförmig. Auf den Röntgenbildern sieht das Organ aus wie ein Korkenzieher.
Krämpfe in der Speiseröhre kämen dann und wann vor, «doch ein dermassen starker Druck, wie ihn diese Frau ausbaut, ist relativ selten. In dieser Ausprägung habe ich das noch nie gesehen», sagt Luc Biedermann, Oberarzt am Universitätsspital Zürich.
Anstatt raupenartig von oben nach unten ziehen sich die Muskeln hier alle gleichzeitig zusammen. Die Nahrung gelangt nur mühsam, im schlimmsten Fall gar nicht in den Magen.
Speiseröhre könnte Nüsse knacken
«Dieses Phänomen nennt man auch eine ‹Nussknacker-Speiseröhre›. Für einige Sekunden klemmte sie gar das Magenspiegelungsgerät ein, so dass weder ein Vorschieben noch Zurückziehen des Gerätes möglich war», sagt Biedermann.
Der Arzt publizierte das Extrembeispiel im «New England Journal of Medicine».
«Die genaue Ursache für diese massiven Krämpfe ist bisher nicht geklärt. Sicher besteht ein Ungleichgewicht zwischen den hemmenden und erregenden Nerven, die die Muskeln in der Speiseröhre versorgen – letztere überwiegen», sagt er.
«Man vermutet, dass Magensäure als provozierender Faktor wirken könnte.» Doch der Versuch, diese zu reduzieren, helfe nicht immer – so leider auch bei dieser Patientin nicht.
Angst vor jedem Schlucken
Mittlerweile kann die 87-Jährige ihr Gewicht halten, normal essen ist ihr aber nicht möglich. Biedermann: «Die Schmerzen und die Angst vor jedem Schlucken beeinträchtigen ihren Alltag stark.»
Auf eine Heilung kann die Patientin kaum hoffen. Mit Medikamenten, die die Muskelkrämpfe etwas herabsetzen, habe man der Frau zwar eine Symptomlinderung verschaffen können.
Doch: «Eine effektive Behandlung für alle Patienten gibt es leider nicht», sagt Biedermann. (kko)