19 Tiere sterben wegen Güllen-Giftgas im Stall von SVP-Politiker
«Ich hörte meine Stiere schreien»

Schrecklicher Unfall auf dem Hof des SVP-Politikers Stefan Kaufmann (53) in Wetzikon ZH: Giftige Gase aus dem Güllenloch rafften 19 Rinder dahin!
Publiziert: 07.07.2016 um 10:47 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 14:44 Uhr
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Nur fünf Stiere haben überlebt. Bauer Stefan Kaufmann in seinem Stall in Wetzikon.
Foto: Nicolas Zonvi
Romina Lenzlinger

Ein karger Kuhstall am Rande von Wetzikon im Zürcher Oberland. Hier kommt es letzte Woche zum Drama. Weil Bauer Stefan Kaufmann (53) ein neues Zusatzmittel in die Gülle mischte, mussten 19 Rinder sterben. Fünf haben überlebt. Wie durch ein Wunder kamen keine Menschen ums Leben. 

Leib an Leib standen die Stiere im Stall. Sie schnaubten, frassen und klatschten ab und an einen warmen Fladen auf den Boden. Jetzt sind über ein Dutzend tot. Qualvoll erstickt an giftigen Güllengasen.

Die fünf, die das Unglück überlebten, strecken vor zwei Tagen noch leicht benommen ihre Köpfe durch die Metallstangen in die Futtertröge. Immerhin hat  Kaufmann gleich reagiert. Er stellte ihnen ein paar neue Kollegen an die Seite. Als wäre nichts passiert. «Ich konnte die Tiere nicht alleine lassen», sagt er zu BLICK. «Das hätte alles noch schlimmer gemacht.»

Düngerzusatz Schuld an den Gasen?

Fünf Mal im Jahr mischt der Landwirt Gülle. So auch am Montag vergangener Woche. Am frühen Morgen geht der SVP-Gemeinderat hinter den Stall, fügt den Düngeraufwerter «Brinamon» hinzu und rührt in der Güllengrube. Dass dabei ungewohnt giftige Gase austreten, bekommt er nicht mit.

Unterdessen kämpfen im Stall die ersten Rinder mit dem Tod. Sie sind umhüllt von den Gasen, die durch die Fenster und die Stallböden eindringen. Sie ringen um Luft und Wimmern. «Ich habe erst gar nichts bemerkt. Bis ich plötzlich meine Stiere schreien hörte», sagt Kaufmann. Sofort eilt er zur Türe. Das Bild vergisst er nicht mehr so schnell.

«Glück, dass keine Menschen starben»

Sofort stellt er den Ventilator stärker, ruft den Tierarzt und seine Nachbarn zu Hilfe. Ohne lange zu überlegen zieht er die Kühe ins Freie. Doch für einige Stiere ist es bereits zu spät. «Es ist ein Riesenglück, dass keine Menschen ums Leben kamen.» Dass auch Kaufmann einen Schutzengel gehabt hat, realisiert er erst später. «In diesem Moment reagiert ich instinktiv und dachte an die Tiere.»

Wie es zum Unglück kam, weiss Kaufmann heute noch nicht. Nur so viel: «Ich habe ein neues Produkt in die Gülle gemischt. Dadurch entstanden die giftigen Gase.»

Das Veterinäramt Zürich, das den Fall untersucht, kann zurzeit noch nichts sagen. «Entsprechende Abklärungen sind im Gang», sagt Amtsleiterin und Kantonstierärztin Regula Vogel zu BLICK. Das Kantonale Labor prüfe zurzeit, ob der Düngeraufwerter, das der Bauer verwendete, mit dem nötigen Warnhinweis versehen war. Vogel: «Schadstoffe aus Gülle sind für Menschen und Tiere gleichermassen gefährlich. Leider kommt es in der Landwirtschaft immer wieder zu Zwischenfällen.»

Dem Schweizer Bauernpräsident Markus Ritter ist kein ähnlicher Fall bekannt. Auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft, BUL kann keine Angaben machen. «Weil in der Schweiz keine Meldepflicht vorliegt, führen wir keine verlässliche Statistik zu Gasunfällen mit Tieren», sagt Dominique Thiévent Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft.

Schon Fälle in Deutschland

Dem Produktevertreiber Peter Briner AG ist es jedenfalls nicht mehr wohl. Er hat bereits reagiert. «Wir geben das Mittel ab sofort nur ab, wenn die Bauern schriftlich bestätigen, dass sie die Warnhinweise gelesen haben», sagt der stellvertretende Geschäftsführer Sepp Germann.

Bislang sei es in der Schweiz zu keinem anderen Vorfall gekommen. Allerdings sagt er auch: «Wir wissen, dass es in Deutschland bereits Unfälle mit dem selben Produkt gegeben hat.»

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