Einige Passanten lachen, die meisten schauen einfach nur ungläubig zu, als Manfred Richter mit seinem Taxi auf den Platz vor der Schiffsstation in Zug einbiegt. Erlaubt sind dort eigentlich nur Fussgänger, doch der 77-jährige Deutsche fährt unbeirrt weiter.
Dann knarrt und kracht es, Reifen quietschen. Richter lässt sich auch von einer Treppe nicht aufhalten, fährt mit seinem Mercedes-Kombi behutsam die sechs Stufen runter zum Kiosk am Seeufer.
Täxeler sah keinen anderen Weg
Unten angekommen öffnet der Taxifahrer zuerst den Kofferraum und klappt einen Rollstuhl auseinander. Dann hilft er auf der Beifahrerseite einer Frau aus dem Wagen – immer noch genauestens beobachtet von den Menschen rundherum. Es dauert nicht lange und auch die Zuger Polizei steht auf dem Platz (BLICK berichtete).
Das war am Sonntag. Auch am Tag danach kann Manfred Richter nicht verstehen, wie seine Taxifahrt für so viel Aufsehen sorgen konnte. «Was hätte ich denn machen sollen?», fragt sich der Täxeler.
Gegenüber BLICK erklärt Richter, er habe eine querschnittgelähmte Kundin in seinem Taxi mitgenommen. «Es war doch eine Notsituation. Die Frau wäre sonst nicht runter zum Seeufer gekommen.»
Seit über 10 Jahren arbeitet Richter schon in der Taxi-Branche in der Region. So eine Fahrt abseits der Strasse habe er aber bisher noch nie hingelegt.
«Ausser ein paar Kratzern hats dem Wagen nichts gemacht»
Der Mercedes-Kombi offenbarte bei der Aktion übrigens grosse Offroad-Qualitäten: «Der Wagen hat genug Bodenfreiheit und gute Bremsen», sagt Richter. «Ausser ein paar Kratzern hats ihm nichts gemacht.»
Ob auch der 77-Jährige mit der Aktion so glimpflich davon kommt, wird sich noch zeigen. Frank Kleiner von der Zuger Polizei sagt: «Dass der Taxifahrer der Frau helfen wollte, ist zwar löblich. Aber mit so einer Fahrt gefährdet man nicht nur sich, sondern auch die Menschen in der Nähe.»
Gegen Manfred Richter wird nun wegen diverser Verstösse ermittelt. Zur Diskussion steht auch, dass der Taxi-Fahrer sein Billett abgeben muss. (cat)