Der Augenblick veränderte das Leben von Marc Marino (37) für immer. Der Skilehrer aus Naters VS wurde am Neujahr Opfer eines Knallkörper-Anschlags in einem Partyzelt während der Shownacht in Rosswald bei Brig VS. Marino erlitt schwere Verletzungen am rechten Auge. Der Täter ist noch immer nicht gefasst (BLICK berichtete).
Jetzt redet der gelernte Vorarbeiter im Strassen- und Tiefbau. «Was mich am meisten stört, ist, dass sich der Täter bis heute nicht gestellt hat. Wenn man einen Fehler macht, soll man dazu stehen», sagt Marino im «Walliser Boten» (Artikel nur mit Abo verfügbar). Er appelliert an den Böllerwerfer: «Steh zu deiner Tat!»
Chinaböller explodiert neben Gesicht
Der Knallkörper-Anschlag kam aus dem Nichts. Nach der letzten Pistenkontrolle geben Marino und seine Frau Francesca am 1. Januar 2018 die beiden Söhne (4 und 9) in die Obhut der Grossmutter. Dann trifft sich das Ehepaar mit ein paar Kollegen in dem kleinen Zelt vor dem Hotel Klenenhorn.
Um 20.30 Uhr wollen sich die beiden auf den Heimweg machen. Dann fliegt plötzlich ein Gegenstand, wahrscheinlich ein Chinaböller, durch den offenen Zelteingang. Er explodiert mit einem heftigen Knall neben dem Gesicht von Marino.
«Das Auge ist hinüber», erinnert er sich an seinen ersten Gedanken, bevor er blutüberströmt auf den Boden sinkt.
Niederschmetternde Diagnose
Von der Talstation geht es zuerst in Spital in Visp. Marinos rechtes Auge und das untere Augenlid sind zerfetzt. Dann fliegt ihn die Air Zermatt in die Universitätsklinik nach Lausanne. In einer fünfstündigen Operation nähen die Ärzte den aufgeplatzten Augapfel wieder zusammen und stellen mit einem Silikonöl seine ursprüngliche Grösse wieder her.
Die erste Diagnose: Er werde auf dem rechten Auge inskünftig nur noch verschwommene Konturen sehen. Zwei Wochen später erfolgt der zweite Eingriff. Dieses Mal wird die Netzhaut rekonstruiert.
Opfer glaubt nicht an Absicht
Der Walliser glaubt nicht, dass hinter dem Böllerwurf Absicht steckte. Er vermutet, dass die Person mit dem Wurf Schnee vom Zeltdach runterschiessen wollte und zu tief ansetzte. Jugendlicher Leichtsinn im Alkoholrausch.
Sein Sehvermögen hat sich entgegen den Erwartungen der Spezialisten etwas verbessert. «Ich sehe schwarze und weisse Konturen», sagt Marino. Es stehen ihm noch mindestens zwei Operationen bevor. Erst wenn die künstliche Linse und die Pupille eingesetzt sind, wird feststehen, wie gut er wieder mit seinem rechten Auge sehen kann.
Ganze Familie leidet
Marino hat wegen des Vorfalls ein Trauma erlitten. Sobald es irgendwo laut knallt, zuckt er sofort zusammen. Auch seine Familie kämpft mit dem Vorgefallenen. Sein jüngerer Sohn lasse ihn kaum mehr eine Minute allein und der ältere Sohn sei auffällig ruhig.
In diesem Winter wollte er seinem Jüngsten das Skifahren beibringen. Marino hofft, dass er im nächsten Winter wieder auf die Skipiste kann. Auch wieder als Skilehrer. Ungewiss ist auch, ob er jemals wieder als Vorarbeiter im Strassen- und Tiefbau arbeiten kann.
Opfer will persönliche Entschuldigung
Hass oder Wut gegenüber dem Böllerwerfer spürt Marino nicht. Er wünscht sich aber eine persönliche Entschuldigung. Von Angesicht zu Angesicht.