Streit um Datenschutz
Heim postet ohne Erlaubnis Fotos von fremdplatzierten Kindern

Im Kanton Uri veröffentlicht ein Heim Fotos eines Jungen auf Instagram. Obwohl sein Vater fordert, die Bilder sofort zu löschen, bleiben sie noch lange online.
Publiziert: 29.04.2025 um 14:35 Uhr
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Aktualisiert: 29.04.2025 um 15:23 Uhr
Kinderfotos im Netz sind ein Risiko. (Symbolbild)
Foto: Shutterstock

Darum gehts

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Chantal Hebeisen
Beobachter

Der vierjährige Mirco Müller lebt in einem Heim im Kanton Uri. Bis vor kurzem hätte das jeder wissen können: Die Kita, die er besucht und die zur gleichen Stiftung wie das Heim gehört, postete regelmässig Fotos auf Instagram – die Kita-Kinder beim Basteln, an der Fasnacht oder am Urnersee. Die Bilder erschienen auch auf der gemeinsamen Website der Kita und des Heims.

Viele Kinder sind nur von hinten oder seitlich zu sehen, andere von vorne, teils mit Emojis über dem Gesicht. Mircos Vater Sven Müller entdeckte seinen Sohn auf mehreren Bildern. «Ich habe nie erlaubt, ihn zu fotografieren, und wurde nicht über die Publikation informiert», sagt der 40-Jährige, der wie sein Sohn eigentlich anders heisst.

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«Mirco hat ein tragisches Schicksal, und es ist höchst verwerflich, dass die Kita Bilder von ihm veröffentlicht.» Sven Müller sagt, sein Junge habe das Recht auf Schutz seiner Privatsphäre, durch die Publikation der Fotos sei seine Würde verletzt worden. 

Datenschutzexpertin Sandra Husi-Stämpfli kritisiert das Vorgehen der Tagesstätte: «Eine Kita, eine Schule oder ein Heim muss vorab beide Eltern fragen, ob sie Fotos der Kinder machen und publizieren darf – am besten schriftlich.» Das gelte auch für fremdplatzierte Kinder. 

Emoji als Anonymisierung reicht nicht aus

Emojis über dem Gesicht reichten nicht zur Anonymisierung: «Die Kinder können durch besondere Merkmale oder Kleidungsstücke identifiziert werden.» Zudem können Emojis mit technischen Hilfsmitteln leicht entfernt werden.

Der Beobachter hat auch bei anderen Kitas Fotos von Kindern mit Emoji-Anonymisierung gefunden. Das erstaunt Sandra Husi-Stämpfli nicht. Häufig fehle das Bewusstsein für die rechtlichen Vorgaben und für die Risiken, die Kinderfotos im Netz darstellten.

Im Februar forderte Sven Müller die Löschung der Fotos. Doch viele Bilder blieben zunächst online. Im April schaltete er den kantonalen Datenschützer ein. Dieser schrieb, eine Verletzung des Datenschutzes könne nicht ausgeschlossen werden, und forderte die Trägerstiftung zu einer Stellungnahme auf.

Heim erteilte dem Beobachter Zugriff – ohne Rückfrage

Die Stiftung antwortete, es existierten nur Beiträge, auf denen Mirco nicht erkennbar oder sein Gesicht verdeckt gewesen sei. Man habe am 6. März sämtliche Beiträge entfernt, auf denen Mirco in irgendeiner Form abgebildet gewesen sei.

Die «Beobachter»-Recherche zeigt jedoch: Fotos von Mirco waren weiterhin online. Nachdem der Zentralschweizer TV-Sender Tele 1 Mitte März darüber berichtet hatte, stellte die Kita ihren Instagram-Kanal auf privat. Anfang April stellte der «Beobachter» verdeckt eine Anfrage und erhielt ohne Rückfrage vollen Zugriff – inklusive der Bilder mit Mirco.

Heimkinder dürfen nicht mehr fotografiert werden

Stiftungsrat Kurt Rohrer erklärt dem «Beobachter», die Kita-Leiterin habe ihm versichert, dass alle Fotos gelöscht worden seien. «Offenbar müssen wir hier stärker kontrollieren.» Bisher sei man zudem davon ausgegangen, dass die Einwilligung eines Elternteils ausreiche, um Fotos posten zu dürfen. Künftig werde man beide Elternteile um Zustimmung bitten.

Zudem habe der Stiftungsrat entschieden, dass Heimkinder künftig nicht mehr fotografiert werden dürften. Die Social-Media-Kanäle seien deaktiviert worden.

Sven Müller hätte sich gewünscht, dass die Kita mit ihm redet. Im April sicherte dies Stiftungsrat Kurt Rohrer dem «Beobachter» noch zu. Heute sagt er: «Herr Müller hatte die Möglichkeit, über Mircos Beiständin jene Fotos zu nennen, die ihn stören. Ich sehe darum aktuell keinen Grund, ihn zu kontaktieren.»

Vater Sven Müller ist enttäuscht. «Sie haben sich nie entschuldigt für den Fehler. Wenn ich meinen Sohn für einen Wochenendbesuch bei mir abhole, tun sie so, als sei nichts geschehen.»

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