Hans Wicki äussert sich nach dem Seilbahnunglück
2:17
Präsident der Titlis-Bahnen:Hans Wicki äussert sich nach dem Seilbahnunglück

Tragödie am Titlis – Drahtseil tötet Arbeiter Albert N. (†58)
«Am Sonntag war er noch am Heuen»

Bei Revisionsarbeiten an der Titlisbahn kam es am Mittwochmorgen zu einem schweren Unfall. Arbeiter Albert N. (†58) verliert dabei sein Leben, sechs weitere Kollegen werden verletzt. Sie sind mittlerweile alle ausser Lebensgefahr.
Publiziert: 05.06.2019 um 23:51 Uhr
|
Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:04 Uhr
1/5
Abgesperrt: Die Polizei hat die Unfallstelle zwischen Engelberg und Stand gesichert.
Foto: Keystone
Daniel Riedel, Anian Heierli und Michael Sahli

Der 19 Mann starke Bautrupp ist bei der Gondelbahn Engelberg-Trübsee gerade damit beschäftigt, das Förderseil zu richten. Die Arbeiter kennen ihren Job und die Gefahren - sie sind nicht das erste Mal für die Titlisbahnen im Einsatz.

Plötzlich ein Knall. Mit unglaublicher Kraft peitschen das Förder- und das Entlastungsseil durch die Luft. Und zertrümmern alles, was ihnen im Weg ist. Sieben Arbeiter werden getroffen - am schwersten trifft es Albert N.* (†58), der Landwirt aus Dallenwil NW erliegt noch vor Ort seinen schweren Verletzungen. Der Nidwaldner half gerne und oft bei den Titlisbahnen - gestern bezahlte er seinen Einsatz mit dem Leben.

Von den sechs weiteren Personen, werden drei erheblich und mittelschwer verletzt. Mittlerweile befinden sie sich nicht mehr in Lebensgefahr, sagt Norbert Patt, Geschäftsführer der Titlis Bahnen, am Donnertag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Ein geschätzter Kollege

Für Hans Wicki, Verwaltungsratspräsident der Titlis Bergbahnen, ist der Todesfall ein schwerer Schock. Gemeinsam mit Norbert Patt muss er der betroffenen Familie die Todesnachricht überbringen. «Die Angehörigen sagten uns, ihr Vater habe die Arbeit geliebt. Aber er wusste immer, dass seine Arbeit ein Risiko ist.» Seit 32 Jahren war Albert N. ein Teil des Teams. Wicki weiss: «Er packte immer an, wenn es etwas zu tun gab.»

Trauer auch bei Nachbarn in Nidwalden

Auch in Dallenwil ist die Trauer gross. Ein Nachbar bricht in Tränen aus, als er auf die schreckliche Nachricht angesprochen wird: «Er war ein Chrampfer, wenn es sein musste, 15 Stunden am Tag.» Vor einem Jahr habe Albert N. den Hof an den Sohn übergeben - und sich umso mehr den Bahnen gewidmet. Im Winter habe er oft am Lift gestanden, im Sommer dann bei technischen Aufgaben mitgeholfen. Wie gestern. Albert N. und seine Familie seien mit Seilbahnen aufgewachsen - vom Garten ist die Wirzwelibahn gut zu sehen.

Auf dem Hof hat sich die Familie versammelt, man stützt und tröstet sich gegenseitig. Eine Angehörige zu BLICK: «Wir haben im Moment noch keine Worte für das, was passiert ist.» Auch dem Nachbar stockt die Stimme: «Ich habe doch Sonntag noch mit ihm gesprochen, er war am Heuen.»

Ist das Seil gerissen - oder war es menschliches Versagen?

Warum es zum verhängnisvollen Unglück kam, ist noch unklar. Vor Ort hiess es gestern erst, das Seil sei «gerissen». Ein Arbeiter dazu: «Es entlud sich eine enorme Energie, die man sich wie eine Explosion vorstellen muss. Unglaubliche Kräfte!»

Staatsanwalt Bernhard Schöni konkretisiert an einer Medienkonferenz den Unfallhergang: «Das Seil hat sich im Bereich vom Seilspleiss gelöst, eventuell ist es auch gerissen. In der Folge schnellte das Förderseil hoch und das Entlastungsseil fiel runter. Man muss es sich wie bei einer Schere vorstellen.» Tragisch: Die Arbeiter standen genau dazwischen.

Unklar ist auch, ob schlichtweg das Material versagte - oder ein menschlicher Fehler passierte. Verwaltungsratspräsident Wicki dazu: «Es waren alles erfahrene Mitarbeiter, die gewohnt waren, Revisionsarbeiten zu leisten.» Aber: «Es war jetzt auch einer dabei, der noch nicht so viele Revisionen mitgemacht hatte.» Unter den Verletzten ist auch ein Lehrling.

Am Ende war es wohl Schicksal, das zum schwärzesten Tag in der Geschichte der Titlisbahnen führte. Die Bilanz des traurigen Mittwochs: ein Toter, sechs Verletzte - und ganz viel Leid.

Die Revisionsarbeiten wurden am Donnerstag wieder aufgenommen. Mit anderen Teams, wie Patt sage. Einige wenige Arbeiter, die beim Unfall gestern dabei waren, wünschten es explizit, bereits wieder anpacken zu können. Läuft alles nach Plan, so soll die vom Unfall betroffene Achter-Gondelbahn Engelberg-Trübsee am Samstag wieder regulär laufen. Am Freitag stehe noch die Prüfung des Seils an, sagte Patt.

* Name geändert

So kams zur Katastrophe

Zum tödlichen Unfall kam es während der Revision des Förderseils. Die Bahn ist seit 2015 im Einsatz. In der Zeit hat sich das Seil verlängert. Stahl dehnt sich minimal - und die Fasern richten sich neu aus. Im Fall der Unfallbahn verlängerte sich das Seil so sogar um 2,8 Meter. Um das Kabel zu kürzen, wenden die Spezialisten das Verfahren des Spleissens an. Das fünf Zentimeter dicke und wiederum aus sechs Stahlseilen bestehende Kabel wird über 60 Meter neu geflochten. Der Unfall gestern passierte kurz vor den Spleissarbeiten, als die Arbeiter den Arbeitsbereich mit einem Hilfsseil entspannt hatten. Dazu hatten sie mit Klemmplatten an beiden Enden des Arbeitsbereichs einen Flaschenzug montiert. Mit einer Zugkraft von bis zu drei Tonnen übernahm er anstelle des Förderseils die Spannung - bis er die Last nicht mehr hielt.

Zum tödlichen Unfall kam es während der Revision des Förderseils. Die Bahn ist seit 2015 im Einsatz. In der Zeit hat sich das Seil verlängert. Stahl dehnt sich minimal - und die Fasern richten sich neu aus. Im Fall der Unfallbahn verlängerte sich das Seil so sogar um 2,8 Meter. Um das Kabel zu kürzen, wenden die Spezialisten das Verfahren des Spleissens an. Das fünf Zentimeter dicke und wiederum aus sechs Stahlseilen bestehende Kabel wird über 60 Meter neu geflochten. Der Unfall gestern passierte kurz vor den Spleissarbeiten, als die Arbeiter den Arbeitsbereich mit einem Hilfsseil entspannt hatten. Dazu hatten sie mit Klemmplatten an beiden Enden des Arbeitsbereichs einen Flaschenzug montiert. Mit einer Zugkraft von bis zu drei Tonnen übernahm er anstelle des Förderseils die Spannung - bis er die Last nicht mehr hielt.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?